Wirtschaftskammerpräsident: »Was bisher (nicht) geschah, ist
unverständlich« – Verkehrskongress im Haus der Industrie
Wien (pwk) - Heftige Kritik an der bisherigen Verkehrspolitik in Österreich übte der Präsident
der Wirtschaftskammer Österreich, Christoph Leitl am Donnerstag (15. 01.) Vormittag
in seinem Statement vor dem Verkehrskongress im Haus der Industrie. Bei der prominent besetzten ganztägigen
Veranstaltung diskutieren Politiker und Fachleute unter dem Motto "Die aktuellen Verkehrsreformen - Notwendigkeit
und Perspektiven" die Grundsätze und Ziele der heimischen Verkehrspolitik.
"Seit 15 Jahren gibt es keinen Eisernen Vorhang mehr. Was haben wir in dieser Zeit alles (nicht) getan? Was
hindert uns daran, mit dem Brennerbasistunnel zu beginnen? Wie ist es möglich, dass wir von Wien noch immer
keine vernünftige Verbindung nach Pressburg haben?", fragte der Präsident. Österreich stehe
am Rande eines Schildbürgerstreiches. "Wir sind Schilda. Das ist unverständlich!"
Dringend erforderlich sei jetzt eine rasche Umsetzung des Generalverkehrsplans und der im Rahmen der transeuropäischen
Netze genannten Projekte, unter gleichzeitiger Ausschöpfung der EU-Fördermittel sowie die Heranziehung
privaten Kapitals zur Finanzierung der Infrastruktur ("PPP-Modelle"), nannte Leitl einige Beispiele für
aus Sicht der Wirtschaft dringend erforderliche Maßnahmen. "Wenn wir alle an einem Strang ziehen, wird
es uns gelingen, aus der - nach der EU-Erweiterung - neuen geopolitischen Lage unseres Landes das Bestmögliche
herauszuholen", zeigt sich der Wirtschaftskammerpräsident letztlich jedoch überzeugt.
Österreich hat, so betonte Leitl, die höchste Belastung an Verkehrsabgaben innerhalb der EU zu tragen.
Bei dem in Österreich europaweit teuersten Road Pricing bespielsweise sei "ein ordentlicher Fettrand
drinnen, den wir entsprechend nützen müssen". Die Verkehrsfreiheit sei zwar eine der europäischen
Grundfreiheiten, doch müssten auch die Rahmenbedingen stimmen: "Wir brauchen gleiche Spielregeln im europäischen
Wirtschaftsraum."
In seinem Referat "Vorstellungen der Wirtschaft bezüglich der Verkehrspolitik" mahnte Leitl dringend
erforderliche Maßnahmen zur Entlastung der Wirtschaft ein. Dazu gehörten vor allem die Absenkung der
Kfz-Steuer, die Einführung eines Öko-Bonus beim Road Pricing, die Abschaffung der Sondermauten sowie
die raschest mögliche Verabschiedung der Wegekosten-Richtlinie. Als weitere wichtige Punkte nannte Leitl die
Liberalisierung der Schienenverkehre, die Vollendung der ÖBB-Reform und eine rasche Einigung über ein
neues Dienstrecht. "Was wir dringend brauchen, ist nicht eine Verlagerung, sondern eine intelligente Vernetzung
der Schiene mit allen anderen Verkehrsanbietern. Hier muß ein integriertes Gesamtkonzept her. Auch dürfen
wir nicht vergessen, dass wir eine wichtige Wasserstraße im Land haben, deren Potenzial noch lange nicht
ausgeschöpft ist", schloss der Präsident.
Der zum zweiten Mal in großem Rahmen abgehaltene Verkehrskongress wird gemeinsam von der Gesellschaft für
Verkehrspolitik, der Österreichischen Forschungsgemeinschaft für Straße und Verkehr (FSV), der
Österreichischen Gesellschaft für Straße und Verkehrswesen (GSV) sowie der Österreichischen
Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft (ÖVG) veranstaltet. Referenten des heutigen Vormittags sind neben
Präsident Leitl u.a. Vizekanzler und Verkehrsminister Hubert Gorbach, der Präsident der internationalen
Transportarbeitergewerkschaft, Wilhelm Haberzettl, ASFINAG-Generaldirektor Walter Hecke und ÖBB-Generaldirektor
Rüdiger vorm Walde sowie Ralf Schulze von der EU-Kommission, Generaldirektion Energie und Verkehr, der über
den Stand der EU-Wegekostenrichtlinie berichtet. |