Bonn (alphagalileo) - Die Magnetresonanz-Tomographie (MRT) ist – fachkundig durchgeführt und interpretiert
– bei der Diagnose von Brustkrebs allen anderen Untersuchungsverfahren weit überlegen. Das zeigt erneut eine
Studie der Universität Bonn, die nun im Fachblatt Radiology erschienen ist (Band 229 Seite 893-901): Bei sieben
von 72 Patientinnen, die brusterhaltend operiert worden waren und die danach als tumorfrei galten, entdeckten die
Bonner Radiologen mittels MRT weitere Tumorherde. Weder in der Mammographie noch im Ultraschallbild waren sie zu
sehen gewesen. Dennoch zahlen die Krankenkassen die Brust-MRT nur in Ausnahmefällen. Die Privatdozentin Dr.
Christiane Kuhl findet das „problematisch“. Sie fordert, die Methode zumindest bei einem sicheren Krebsbefund routinemäßig
einzusetzen, um wirklich sämtliche Tumorherde in beiden Brüsten sicher aufzuspüren und danach operativ
entfernen zu können.
Einige Patientinnen der Bonner Uniklinik verdanken es amerikanischen Forschungsgeldern, dass bei ihnen ein Brusttumor
frühzeitig entdeckt wurde: Das nationale Krebsforschungsinstitut (NCI) der USA finanziert momentan auf dem
Venusberg eine Studie, in der sich Frauen mit Brustkrebs kostenlos einer MRT-Untersuchung unterziehen können.
„Wir haben bislang 41 Frauen untersucht, die gerade wegen eines Karzinoms in einer ihrer Brüste behandelt
worden waren“, erklärt die Radiologin Dr. Kuhl. „Vier von ihnen hatten auch in der anderen Brust einen Tumor,
der weder in der Mammographie noch im Ultraschallbild aufgefallen war.“ Leider wird die Methode in dieser Situation
weder von den gesetzlichen Kassen finanziert noch in den EU-weiten Behandlungsrichtlinien zum Brustkrebs überhaupt
erwähnt. Dr. Kuhl: „Wir vernachlässigen die derzeit beste Diagnose-Methode; sie wird immer noch viel
zu wenig eingesetzt.“ Das Amerikanische Krebsforschungsinstitut NCI greift dagegen gerne auf die Bonner Expertise
zurück – dies ist bereits die dritte Studie zur Brust-MRT, die an der Radiologischen Klinik der Universität
Bonn mit Unterstützung des NCI vorgenommen wird. Globalisierung paradox: Amerikanische Steuerzahler finanzieren
die Untersuchung deutscher Patienten an einem deutschen Krankenhaus.
Unhaltbare Argumente gegen MRT
Die soeben veröffentlichte Studie bringt eines der Argumente gegen die MRT ins Wanken. Bislang hielt
man nämlich die Methode zur Nachsorge während oder in den Monaten nach einer Strahlentherapie für
untauglich: Die Bestrahlung führt zu einer Entzündungsreaktion, einer Art Sonnenbrand, wodurch sich die
Durchblutung der Brust ändert. Damit könne aber auch vermehrt Kontrastmittel in das bestrahlte Gewebe
gelangen und dort einen Tumor vortäuschen – „eine völlig haltlose Annahme, zumal die Kontrastmittelverteilung
nur ein Merkmal unter vielen ist, die wir bei der Diagnose berücksichtigen“, erklärt Dr. Kuhl. Die Studie
belegt eindrucksvoll, dass die Strahlentherapie die Sicherheit der MRT-Befunde entgegen der gängigen Lehrmeinung
nicht beeinträchtigt.: 72 Patientinnen stellten sich nach der eigentlichen Brustkrebs-Operation zur Strahlentherapie
in der Radiologischen Klinik vor. Wie es die aktuellen Richtlinien vorsehen, hatte man diese Frauen vor der brusterhaltenden
Operation „nur“ mammographisch und per Ultraschall untersucht. Die Bonner Radiologen führten dann während
der sich anschließenden Strahlenbehandlung eine MRT durch, um zu prüfen, ob nicht noch weitere Krebsherde
in der erkrankten oder der gesunden Brust vorhanden waren. Und sie wurden tatsächlich fündig: Bei 7 der
insgesamt 72 Patientinnen, die nach Mammographie und Ultraschall als tumorfrei galten, fanden die Mediziner weitere
zusätzliche Brustkrebsherde. Für die betroffenen Frauen eine belastende Situation, da sie sich erneut
einer Operation unterziehen mussten. „Das ist natürlich auch eigentlich nicht der Sinn der Sache“, kritisiert
die Radiologin. „Viel vernünftiger wäre es, den Frauen schon vor der Operation eine MRT anzubieten, damit
alle vorhandenen Tumore erkannt und in einem einzigen Eingriff entfernt werden können. Bei den Patientinnen,
die in der Universität Bonn operiert werden, verfahren wir auch immer so – die 72 Frauen, von denen hier die
Rede ist, waren allerdings in anderen Einrichtungen operiert worden und hatten vor der Operation eben keine MRT
erhalten.“
Frühe Diagnose ist das Einzige, was hilft
„Grundsätzlich ist die Magnetresonanz-Tomographie allen anderen Methoden zur Diagnose von Brustkarzinomen
überlegen“, sagt die Privatdozentin. Weil die gesetzlichen Kassen die Untersuchung so selten tragen, kann
sie aber außerhalb universitärer Zentren nur selten durchgeführt werden. Daher mangelt es an erfahrenen
Ärzten, die die Aufnahmen beurteilen können. Zwar sei die Untersuchung mit über 600 Euro vergleichsweise
teuer. Dieses Kostenargument relativiert Kuhl jedoch: „In Deutschland werden jährlich Tausende von MRT-Untersuchungen
durchgeführt – oft bei Erkrankungen, bei denen das Ergebnis der MRT für die Behandlungsstrategie überhaupt
keine oder kaum eine Bedeutung hat. Bei Brustkrebs ist dagegen bekannt, dass die MRT vor einer geplanten Operation
sehr wichtige Befunde für die Therapie liefert – schließlich kann ein übersehener Tumorherd im
schlimmsten Fall zum Tode führen.“
In Deutschland erkranken zwölf Prozent aller Frauen im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs, jeder dritte bösartige
Tumor stammt aus einer weiblichen Brust. 19.000 Deutsche sterben pro Jahr an der Erkrankung. Je früher ein
Karzinom entdeckt wird, desto besser die Heilungschancen. „Wir können nicht verhindern, dass Brustkrebs entsteht“,
betont Dr. Kuhl. „Eine frühe Diagnose ist das Einzige, was hilft.“
Frauen mit gerade diagnostiziertem Brustkrebs können in der Bonner Radiologischen Klinik an einer wissenschaftlichen
Studie teilnehmen, in deren Rahmen auch eine MRT-Untersuchung angeboten wird. Anmeldung telefonisch unter ++49
/ (0)228/287-9875 oder –4494 oder vorzugsweise per Fax mit Rückruf-Telefonnummer unter ++49 / (0)228/287-9877. |