Urlaub am Land erfreut sich in Europa großer Beliebtheit  

erstellt am
20. 01. 04

Landtourismus schafft jährliche Einnahmen von EUR 26 Mrd.
Berlin (aiz.info) - Urlaub am Land beziehungsweise Bauernhof erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Vor allem in süd- und osteuropäischen Ländern, wo Landtourismus in der Vergangenheit noch einen geringen Stellenwert hatte, gab es zuletzt jährliche Wachstumsraten von rund 25%, berichtete der Präsident des Europäischen Verbandes für Bauernhof- und Landtourismus, EuroGites, Klaus Ehrlich, vor Journalisten auf der Grünen Woche in Berlin. Ziel des 1990 gegründeten Verbandes sei es, durch die Schaffung europaweit vergleichbarer Qualitätserfordernisse sowie die Verbesserung der Buchbarkeit den "noch etwas verschlafenen Riesen Landtourismus" so richtig zum Erwachen zu bringen, so Ehrlich.
Landtourismus sichert europaweit rund 500.000 Arbeitsplätze

Nach Schätzungen von EuroGites gibt es in Europa derzeit etwa 200.000 registrierte Anbieter von Beherbergung auf Bauernhöfen in Privatzimmern auf dem Land beziehungsweise Ferienhäusern oder kleinen familiären Pensionen und Hotels mit rund 2 Mio. Betten. Die Einnahmen rein aus der Beherbergung werden auf EUR 12 Mrd. geschätzt. Rechnet man die örtliche Wertschöpfung durch Versorgung mit Essen, aber auch den Kauf von Souvenirs oder lokalen Produkten dazu, schafft der Landtourismus Einnahmen von rund EUR 26 Mrd. und sichert etwa 500.000 Arbeitsplätze. Inklusive Tagesbesucher und deren Ausgaben ergebe sich sogar ein gesamtwirtschaftlicher Effekt von bis zu EUR 65 Mrd., schätzt der EuroGites-Präsident. Großes Potenzial sieht er noch im Anbieten von lokalen Produkten.

Österreich: EUR 700 bis 900 Mio. Umsatz für ländlichen Raum
In Österreich umfasst das "Urlaub am Bauernhof"-Angebot derzeit rund 15.500 Betriebe (jeder fünfte Tourismusbetrieb) mit nahezu 170.000 Gästebetten (jedes siebente Gästebett). Die Anzahl der Betten sei zwar derzeit rückläufig, gleichzeitig steige aber die Auslastung und die Qualität des Angebots, so Hans Embacher, Geschäftsführer des Bundesverbandes "Urlaub am Bauernhof in Österreich". Die Einnahmen der Bauernhöfe schätzt Embacher auf EUR 350 bis 450 Mio., den Gesamtumsatz für den ländlichen Raum auf dieser zunehmend beliebteren Urlaubsform auf etwa das Doppelte.

Hoher Anteil ausländischer Gäste besucht Österreichs Bauernhöfe
Österreich hat im Gegensatz zu anderen Ländern einen enorm hohen Anteil an ausländischen Gästen auf den Bauernhöfen, konkret rund 70%. In Ländern wie Frankreich mit einer langen Tradition im Landurlaub und rund 50.000 Betrieben mit 400.000 Betten liegt der Anteil der ausländischen Gäste nur bei 15 bis 20%, sagte der Präsident des Verbandes, Gites de France, Pascal Boulet-Gercourt.

Vergleichsweise hohe Preise in Spanien
In Spanien, wo Ehrlich gleichzeitig Chef des andalusischen Verbandes RAAR ist, begann der Urlaub abseits der Städte erst in den vergangenen zehn bis 15 Jahren zu boomen. Allein in Andalusien sei das Angebot an Ferienwohnungen und Zimmern am Land in 15 Jahren von 20 auf 2.000 gestiegen. Dennoch habe das Land noch einen enormen Nachholbedarf, was die Betten- und Gästezahlen betrifft. "Es ist sicherlich der falsche Weg, diesen vergleichsweise wenigen Gästen im Gegenzug mehr Geld abzuknöpfen", erklärte Ehrlich und wies darauf hin, dass man dort für ein Zimmer mit Frühstück rund EUR 60,- und somit das Dreifache des europaweiten Durchschnitts zahlen müsste. So rechnet Ehrlich laut eigenen Aussagen in naher Zukunft mit einem "Platzen der Blase".

Österreich kostenmäßig noch unter europäischem Durchschnitt
Österreich selbst liegt mit seinem Kostenniveau noch unter dem europäischen Durchschnitt. "Sehr billig ist Urlaub am Bauernhof in Bayern. Wir bemühen uns redlich, die dortigen Anbieter davon zu überzeugen, dass ihre Leistungen etwas wert sind", sagte Ehrlich und zeigte sich davon überzeugt, dass in Frankreich, Deutschland und Österreich noch Raum für Preissteigerungen vorhanden sei. Hinsichtlich der Betten- und Gästezahlen würden diese Länder jedoch eine Stabilisierung erfahren. Mit überragenden Zuwächsen könne hier kaum mehr gerechnet werden.

Gemeinsame Organisation bringt Reihe von Vorteilen
In den Reformländern hat laut Ehrlich vor allem Polen Tradition im Urlaub am Land und verfügt mittlerweile über 10.000 bis 12.000 Quartiere. In Rumänien sei das Angebot in den vergangenen Jahren mit Hilfe von Gites de France aufgebaut worden. In der Slowakei und Tschechien wachse das Angebot langsamer. "Die baltischen Staaten haben sich mittlerweile schon gut organisiert, und auch in der Ukraine beginnt sich etwas zu bewegen. Dies sollte überall der Fall sein", so Ehrlich. Eine gemeinsame Organisation beziehungsweise Interessenvertretung könne nicht nur wirtschaftliche Vorteile bringen, auch politisch erreiche man mehr, wenn man eine große Anzahl von Betrieben vertrete und für diese spreche. "Auch die Konsumenten wollen sich darauf verlassen können, ein gewisses Qualitätsmaß vorzufinden, und dass ihre Buchungen gesichert sind, Ansprüche, für die wir garantieren", so der EuroGites-Präsident.
 
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