Vom Verein zur Förderung der New Economy bis zu Privatisierungen
Wien (pk) - In der heutigen Fragestunde hatte Finanzminister Karl-Heinz Grasser an ihn gerichtete
Fragen zu beantworten.
Abgeordneter Mag. MOSER (S): Wann wurde Ihnen als Minister bekannt, dass engste persönliche
Mitarbeiter von Ihnen einen Verein gegründet haben, der mit umfangreichen Spendemitteln der Industriellenvereinigung
eine Homepage mit Ihrem Namen betreibt?
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Finanzminister Mag. GRASSER bemerkte, er habe bereits in vielen Dringlichen Anfragen und Debatten
im Hohen Haus sowie in den Sitzungen des Rechnungshof-Unterausschusses zu dieser Frage ausführlich Stellung
genommen und verweise daher auf die diesbezüglichen Aussagen. Es gebe zudem mehrere Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft,
die unabhängigen Behörden sollten nun die Materie prüfen.
Auf eine pointierte Frage des Abgeordneten Dr. Pilz, wie denn die Organisation heiße, die das Gesetz des
Schweigens praktiziere, replizierte Grasser Lenin zitierend, wenn man jemandem mit politischen Argumenten nicht
beikommen könne, dann müsse man ihn offenbar kriminalisieren. Die Opposition werde jedoch mit dieser
Strategie keinen Erfolg haben, betonte er mit Nachdruck.
In Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung protestierten die Abgeordneten Dr. VAN DER BELLEN (G) und Dr.
KRÄUTER (S) gegen die Vorgangsweise Grassers und stellten fest, dies sei ein Bruch der Geschäftsordnung.
Die Abgeordneten Mag. MOLTERER (V) und SCHEIBNER (F) wiesen diesen Vorwurf hingegen scharf zurück,
wobei Molterer meinte, die Antwort hänge immer von der Qualität der Frage ab.
Präsident Dr. KHOL vertrat die Ansicht, das Parlament habe sich mit der Beantwortung zufrieden
zu geben, zumal die Geschäftsordnung keinerlei Aussagen über den möglichen Inhalt einer Beantwortung
treffe.
Abgeordneter DI AUER (V): Welche Schwerpunkte enthalten die Konjunktur- bzw. Wachstumspakete der
Bundesregierung für den Arbeits- und Wirtschaftsstandort Kärnten?
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Grasser erinnerte an die beiden Konjunkturbelebungspakete, deren Wachstumseffekt für das abgelaufene Jahr
er mit 0,5 bis 0,75 % des BIP bezifferte. Gerade Maßnahmen wie die vorzeitige Abschreibung von Betriebsgebäuden
oder die steuerliche Begünstigung nicht entnommener Gewinne würden sich für das Tourismusland Kärnten
positiv auswirken. Dazu komme noch die zweite Etappe der Steuerreform mit der Senkung der Körperschaftssteuer,
die nach Einschätzung Grassers sämtlichen Betrieben und damit auch den Beschäftigten zugute komme.
Abgeordneter Mag. KOGLER (G): Wie genau ist der Wirkungszusammenhang zwischen dem Eintreffen der
Spende der Industriellenvereinigung in der Höhe von 283.000 an den Verein zur Förderung der New Economy
mit dem Förderungszweck Karl-Heinz Grasser und dem Regierungsvorschlag zur Senkung der Körperschaftssteuer
im Ausmaß von rund 1 Mrd. ?
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Grasser betonte, es gebe nicht den geringsten Wirkungszusammenhang, und bemerkte zudem, eigentlich sollte diese
Frage unter der Würde des Abgeordneten Kogler sein. Er, Grasser, lasse sich jedenfalls keine strafrechtlichen
Unterstellungen gefallen und weise diese auf das Schärfste zurück. Im Übrigen erinnerte der Finanzminister
wie schon bei der ersten Frage an seine zahlreichen Stellungnahmen zu dieser Materie vor dem Hohen Haus.
Abgeordneter Dr. CAP (S) qualifizierte die an den Abgeordneten Kogler gerichteten Formulierungen
Grassers als "Skandal".
Präsident Dr. KHOL sah in der Wortwahl des Ministers hingegen ein politisches Werturteil und
meinte, die Formulierung sei in Worte gefasst, die mit der Würde des Hauses vereinbar seien.
Die Abgeordneten Dr. VAN DER BELLEN (G) und Dr. CAP (S) warfen daraufhin dem Finanzminister Antwortverweigerung
vor und beantragten eine Sitzungsunterbrechung und die Einberufung einer Präsidialkonferenz.
Abgeordneter Mag. MOLTERER (V) hielt ebenso wie Abgeordneter SCHEIBNER (F) die sofortige
Abhaltung einer Präsidialen für nicht notwendig. Beide sprachen sich aber dafür aus, die Gestaltung
der Fragestunden grundsätzlich einmal in einer Präsidiale zu behandeln.
Präsident Dr. KHOL unterbrach daraufhin die Sitzung und berief eine Präsidialkonferenz
ein. Nach der Wiederaufnahme der Beratungen appellierte Präsident Khol an alle Abgeordneten, sich im Sinn
einer Gesamtverantwortung aller Abgeordneten für die Würde des Hauses zu verhalten.
Abgeordneter BUCHER (F): Welches Volumen wurde/wird im Rahmen der beiden Etappen der Steuerreform
sowie der drei Konjunkturbelebungs- bzw. Wachstumspakete insgesamt bewegt?
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In der ersten Etappe der Steuerreform betrage die Nettoentlastung 500 Mill. , mit den Konjunkturpaketen etwas
mehr als 1 Mrd. , mit der 2. Etappe der Steuerreform 2,5 Mrd. , in Summe ergebe das Entlastungen von als 4 Mrd.
. Dies entspreche einem Volumen der Steuerreformen seit dem Jahr 1989, sagte Grasser. Mehr denn je würde
auch für die Forschung getan: bis 2006 1,2 Mrd. für die Forschungsstiftung, dazu die Einführung
eines Freibetrags von 25 % und einer Prämie von 8 %. Österreich liege damit im Schnitt des europäischen
Niveaus, das Ziel sei, bis 2006 auf 2,5 % zu kommen. Als unrichtig wies der Finanzminister die Ansicht zurück,
dass die großen Unternehmungen gegenüber den ArbeitnehmerInnen bevorzugt würden: Die Entlastung
durch die KöSt betrage 975 Mill. , die Tarifreform hingegen 1,380 Mrd. .
Abgeordnete BURES (S): Entsteht eine Steuerpflicht, wenn sich ein Errichter eines Fonds gemäß
Bundesstiftungs- und Fondsgesetz Teile des erforderlichen Gründungskapitals anstelle der Aufbringung aus seinem
Privatvermögen durch Dritte zuwenden lässt?
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Der Errichter eines Fonds ziehe keinerlei Vorteile aus dem Fonds, weshalb der Errichter keiner Einkommensteuerpflicht
unterliegen könne. Eine Schenkungssteuer falle dann nicht an, wenn der Fonds gemeinnützigen oder mildtätigen
Zwecken diene, erklärte Grasser. Wenn für einen Vortrag kein Honorar verlangt werde, seien Spenden aus
Anlass dieses Vortrags an gemeinnützige Institutionen beim Vortragenden nicht steuerpflichtig. Ein ausdrücklich
verlangtes Honorar hingegen sei auch dann steuerpflichtig, wenn es in gleicher Weise zugewendet würde.
Abgeordneter HAUBNER (V): Welche familienpolitischen Effekte erwarten Sie sich durch das Familienpaket
der Bundesregierung im Rahmen der Steuerreform?
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230 Mill. würden für eine Erhöhung des Kinderabsetzbetrages im Bereich der Alleinverdiener bzw.
Alleinerzieher eingesetzt, und es gebe eine Kinderstaffel von 130, 175 und 220 für das 1., 2. und 3. Kind.
Die Maßnahme sei auf diese Gruppe hin orientiert, weil Haushalte, in denen beide Elternteile verdienen, zweimal
von der Tarifentlastung profitierten, sagte Grasser und illustrierte dies an einem Beispiel. Frauen profitierten
- weil sie tendenziell niedrigere Einkommen haben als Männer - von der Tarifentlastung stärker. Auch
die Anhebung der Freigrenzen wirke sich positiv für die Frauen aus. Auf die Vorhaltung, mit der Steuerreform
würden genau jene Familien benachteiligt, in denen sich beide Eltern Kinderbetreuung und Erwerbsarbeit aufteilten,
antwortete Grasser, dies stimme mit den Fakten nicht überein: Beidverdienerhaushalte mit kleinem Einkommen
würden entlastet, sagte Grasser, und nannte Zahlen: 1,07 Mrd. für die allgemeine Tarifentlastung würden
Steuerzahler in diesem Bereich entlasten, und zwar zusammen mit der 1. Etappe der Reform im Ausmaß von 500
netto pro Jahr, und anderseits seien 230 Mill. für die Entlastung der Alleinverdiener vorgesehen.
Abgeordneter Dr. PILZ (G): Gegen wie viele und welche MitarbeiterInnen Ihres Kabinetts laufen derzeit
gerichtliche Strafverfahren?
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Die Antwort des Bundesministers lautete wörtlich: "Gegen keinen einzigen". In seiner Antwort auf
eine Zusatzfrage wies der Minister Aussagen über eine Intervention bei der Generalprokuratur zurück und
stellte klar, dass sein Sozialfonds armen und kranken Kindern und somit sozialem Engagement diene. Abgeordneter
Dr. Kräuter (S) erfuhr vom Ressortleiter, dass die von ihm genannte Homepage die Homepage des privaten Vereins
zur Förderung der New Economy sei.
Abgeordneter Mag. MAINONI (F): Worin liegen die wesentlichen Unterschiede in der Privatisierungspolitik
der SPÖ-geführten Regierungen bis Ende 1999 und der zwischen ÖVP- und FPÖ-gebildeten Regierungen
ab 2000?
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Finanzminister Grasser informierte darüber, dass frühere Bundesregierungen 4,3 Mrd. an Steuergeldern
in verstaatlichte Unternehmen haben fließen lassen, dort dennoch 30.000 bis 40.000 Arbeitsplätze verloren
gingen und letztlich ein Schuldenstand von 6,3 Mrd. hinterlassen worden sei. Heute sind die ÖIAG-Betriebe
wirtschaftlich saniert - das ist für Grasser eine gute Entwicklung für die Unternehmen und für die
Steuerzahler. In den Jahren 1996 bis 1999 wurden Privatisierungserlöse in der Höhe von 1,2 Mrd. erzielt,
im Zeitraum 2000 bis 2003 aber 3,9 Mrd. . Die Dividendenerlöse stiegen im selben Zeitvergleich von 301,7
Mill. auf 921,7 Mill. , erfuhren die Abgeordneten.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Mag. KOGLER (G), die sich pointiert auf Absichten des Finanzministers
bezog, das Finanzministerium zu privatisieren und in den Verein New Economy überzuführen, wies der Finanzminister
zurück.
Gegenüber Abgeordnetem Dr. BAUER (S), der sich gegen den Ausverkauf öffentlichen Eigentums
wandte, machte der Finanzminister geltend, dass die Privatisierungserlöse seit 2000 verdreifacht werden konnten.
Mit Abgeordnetem LEDOLTER (V) stimmte Finanzminister Grasser in der Auffassung überein, dass
Privat besser sei als Staat und belegte dies mit dem Hinweis auf den Verlust von mehr als 50.000 Arbeitsplätzen
in den ÖIAG-Betrieben seit 1986. |