Österreichs Wald: ökologisch hervorragend, wirtschaftlich schwierig  

erstellt am
28. 01. 04

BM Pröll präsentiert Ergebnisse der Waldinventur 1999-2002
Wien (bmlfuw) - Die Waldsubstanz ist gesichert, die naturnahe Waldwirtschaft ist deutlich im Vormarsch, die Intensität der Holznutzung könnte gesteigert werden. Sorgenkind Nr.1 ist nach wie vor der Schutzwald. Insgesamt zeigen die Daten der Österreichischen Waldinventur, dass der heimische Wald und seine Bewirtschaftung weltweit ihresgleichen suchen, erklärte Landwirtschaftsminister Josef Pröll anlässlich der Präsentation der Ergebnisse der Österreichischen Waldinventur 1999 – 2002 im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Forstsektionschef DI Gerhard Mannsberger und Dr. Harald Mauser, dem Leiter des Bundesamtes und Forschungszentrums für Wald, das die Daten erhoben hat.

Die Eckdaten des österreichischen Waldes zeigen eine jährliche Zunahme der Waldfläche um 5.100 Hektar. Der Wald bedeckt nunmehr 47,2% (bisher 46,8%) des Staatsgebietes. Die Zunahme erfolgt nahezu ausschließlich im Kleinwald (vor allem auf landwirtschaftlichen Grenzertragsböden). Besonders erfreulich ist die überproportionale Zunahme im unterbewaldeten Flachland (unter 500m Seehöhe) und Gebirge (über 1500m Seehöhe), wo wir den schützenden Wald vor Naturgefahren dringend brauchen, führte Pröll weiter aus.

Höchst erfreulich sind die ökologischen Parameter: Der Trend zur Biodiversität hält ungebremst an: Nadelholz hat 2002 einen Anteil von 62% (1980 70%) und nimmt damit weiterhin zugunsten von Laub- und Laubmischwäldern ab, die heute bereits 38% Anteil haben (1980 30%). Besonders deutlich haben die Fichtenreinbestände abgenommen. Bemerkenswert ist, dass diese Entwicklung in den intensiv bewirtschafteten Großbetrieben diesmal besonders stark ausgeprägt ist. Ebenso ist der für viele Tier- und Pflanzenarten wichtige Totholzanteil gestiegen. Naturverjüngung gibt es mittlerweile auf 70% der zu verjüngenden Fläche (gegenüber bisher 50%), nur mehr 30% werden künstlich verjüngt.

Die forstlichen Nutzungen finden zum größten Teil (71%) nur mehr kleinstflächig (< 500m²) statt. 29% der Nutzungsmengen werden auf Schlaggrößen über 500m² durchgeführt, genehmigungs-pflichtige Kahlschläge mit einer Fläche über 5000m² sind kaum mehr vorzufinden. Damit zählt Österreich zu den Ländern mit der kleinstflächigen und damit schonendsten Nutzung auf der Welt!

Erstmals wurde die Grenze von einer Milliarde Festmeter an Holzvorrat überschritten. Dies ist durch eine deutliche Zunahme des Zuwachses bei gleichzeitig leicht abnehmender Nutzung erklärbar. Um sich ein Bild zu machen: Pro Sekunde wächst der Holzvorrat in Österreich um knapp 1 m³. Die Vorratszunahmen sind im Kleinwald um ein Vielfaches höher als im Großwald und sind ein Beleg für die Extensivierung, aber gleichzeitig auch für die abnehmende Durchforstungsintensität. Nur 60% des Zuwachses (gegenüber früher rund 70%) werden genutzt. Positiv daran ist, dass Holzressourcen für die Papier- und Plattenindustrie sowie für die energetische Nutzung im Überfluss vorhanden sind. Allerdings stellt die Mobilisierung dieser Ressourcen trotz geringer wirtschaftlicher Attraktivität eine der großen Herausforderungen der Forst- und Umweltpolitik für die Zukunft dar, sagte Pröll.

Zwiespältig muss die Situation hinsichtlich der Naturverjüngung im heimischen Wald beurteilt werden: Trotz der erfreulichen Zunahme des Anteils der Naturverjüngung hat die Fläche, auf der alle wichtigen Baumarten der natürlichen Waldgesellschaft ausreichend vorhanden sind, jedoch abgenommen. Das Problem des Wildverbisses durch Schalenwild ist nach wie vor nicht gelöst. Der Anteil der Schälschäden hat wieder zugenommen, jeder 12. Stamm in Österreichs Wäldern ist geschält. Dem intensiven Dialog mit der Jägerschaft und den für die Jagd zuständigen Ländern kommt daher eine besondere Bedeutung zu.

Der Zustand des Schutzwaldes ist gegenüber der letzten Erhebungsperiode etwa gleich geblieben, allerdings auf einem unbefriedigenden Niveau. Hauptproblem sind Schadeinflüsse wie Luftverunreinigungen, Windwürfe, Borkenkäfer, Überalterung durch geringe Nutzung und meist fehlende Verjüngung. Auf 70% der verjüngungsnotwendigen Flächen im Schutzwald fehlt die Naturverjüngung. Hauptproblem sind dabei der Wildverbiss und die Waldweide. Ein wichtiger Ansatz für die notwendigen Verbesserungsmaßnahmen sind die bereits angelaufenen Aktivitäten der in den Ländern eingerichteten Landesschutzwaldplattformen.

Wir müssen die bisher gesetzten Maßnahmen und die vorhanden Instrumente (Aus- und Weiterbildung, Beratung, Forschung, Förderung, etc.) aus forst-, umwelt- und gesellschaftspolitischer Sicht weiter forcieren. Besonders wichtig ist dabei der Österreichische Walddialog, ein Diskussionsprozess, dessen Ziel die Erarbeitung eines umfassenden Waldprogramms ist. Gerade bei schwierigen Themen wie der Schutzwaldpolitik oder dem Gleichgewicht zwischen Wald und Wild kommt diesem Gremium zur Erarbeitung sinnvoller Lösungen besondere Bedeutung zu, betonte Pröll.

Waldinventur auch Grundlage für internationales Agieren
Die Daten und Informationen der Österreichischen Waldinventur sind nicht nur für nationale forstpolitische Weichenstellungen entscheidend, sondern stellen auch die Basis für das Agieren in internationalen walrelevanten Prozessen dar, so Gerhard Mannsberger, Leiter der Forstsektion im Lebensministerium. Zum Einen machen sie die Waldsituation in den verschiedenen Ländern vergleichbar, zum Anderen liefern sie die Daten für die Monitoring- und Berichtspflicht in den unterschiedlichen internationalen Prozessen und Programmen. Dies beginnt auf UN-Ebene beim Waldforum (UNFF), geht über die Länderberichte für die Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder Europas bis auf die EU-Ebene (z. B. das Waldzustandmonitoring-System „Forest Focus“).

Waldinventur ist die größte bundesweite Naturraumerhebung
Bisher ist es weltweit noch keiner nationalen Forstinventur gelungen, bereits ein Jahr nach Abschluss der Erhebungen im Wald die Hauptergebnisse vorzustellen, erläuterte Harald Mauser, Leiter des Bundesamtes und Forschungszentrums für Wald. Inventur und Monitoring sind Aufgaben von besonderem Stellenwert für eine staatliche Waldforschungs-einrichtung, weil sie die notwendigen wissenschaftlichen Grundlagen für die Gestaltung der Fachpolitik liefern müssen. Die Waldinventur ist das größte Einzelvorhaben des Bundesamtes und Forschungszentrums für Wald und dokumentiert seit 1961 den Zustand des heimischen Waldes und seine Veränderung. In diesem Zeitraum hat sich die Waldinventur von einer reinen Forstinventur hin zu einem komplexen Monitoring vieler Aspekte in österreichischen Waldökosystemen weiterentwickelt.

Die Detailergebnisse der Österreichischen Waldinventur finden Sie im Internet: http://www.lebensministerium.at/forst.
 
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