Luxemburger Agrarreform für EU-Beitrittsländer etwas enttäuschend  

erstellt am
04. 02. 04

Streit um nicht gleich in voller Höhe ausbezahlte Direktzahlungen
Brüssel (aiz.info) - Für die EU-Beitrittsländer ist die Luxemburger Agrarreform mit einer gewissen Enttäuschung verbunden. Sie hatten sich erhofft, die zusätzlichen Direktzahlungen für Milch und die Energieprämie nicht stufenweise, sondern gleich in voller Höhe zu erhalten. Daraus wird jedoch nichts.

Polen: Bestimmte abgesenkte Interventionspreise hingegen gleich in voller Höhe
Besonders Polen sieht darin eine große Ungerechtigkeit, wenn die zusätzlichen Direktzahlungen aus der jüngsten Reform so wie alle bisherigen Prämien behandelt werden, das heißt, zunächst nur in Höhe von 25% an die osteuropäischen Landwirte gezahlt werden mit einer jährlichen Steigerungsrate von 5%. "Die stärker abgesenkten Interventionspreise für Butter und Magermilchpulver treffen uns sofort in voller Höhe", beklagte sich ein Vertreter Polens in Brüssel. Der Ausgleich dafür soll aber ihrer Ansicht nach ungerechterweise erst später in voller Höhe gewährt werden.

Ost-Länder: Stufenweise Einführung nicht für nach 2002 beschlossene Prämien
Außerdem argumentieren die osteuropäischen Länder mit dem Beitrittsvertrag, der 2002 auf dem EU-Gipfel in Kopenhagen ausgehandelt worden war. Im Beitrittsvertrag bezieht sich die stufenweise Einführung der Direktzahlungen nach ihrer Auffassung nur auf die schon im Jahr 2002 existierenden Prämien und nicht auf Prämien, die erst zu einem späteren Zeitpunkt beschlossen wurden und werden.

EU-15: Alle Direktzahlungen erst allmählich erhöhen
Die EU-15 ist gegenteiliger Ansicht, wobei sich diesmal die Kommission, die nationalen Regierungen der Mitgliedsstaaten und das Europäische Parlament (EP) der Union einig sind. Im Beitrittsvertrag werde es als Prinzip festgelegt, dass alle Direktzahlungen nur stufenweise im Osten eingeführt werden. Das Prinzip beziehe sich auf damals bestehende und auf später dazukommende Direktzahlungen, erklärt man in der alten EU. Die Möglichkeit späterer Reformen der GAP sei im Beitrittsvertrag sogar ausdrücklich erwähnt. Man habe dies gemacht, um bei den neuen Mitgliedsstaaten nicht falsche Hoffnungen für später beschlossene Direktzahlungen zu wecken, stellte Lutz Göpel klar, der Berichterstatter im EP zu diesem Thema. Da die Abgeordneten aller Voraussicht nach keine Einwände gegen den Vorschlag der EU-Kommission zur Einarbeitung der Agrarreform in die Beitrittsakte haben werden, geht man davon aus, dass der EU-Ministerrat vor dem 01.05. sein einstimmiges Votum abgeben wird.

Polen erwägt Klage vor dem Europäischen Gerichtshof
Polen erwägt inzwischen eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof, wenn es ab Mai Mitglied der EU sein wird. Vor dem Gerichtshof solle zumindest klargestellt werden, dass in zukünftigen Reformen beschlossene Direktzahlungen in gleicher Weise in allen Mitgliedsstaaten zur Anwendung kommen.

Kommission: Übergangsphase bringt auch Vorteile mit sich
Um Versöhnung bemüht sich die EU-Kommission. Die osteuropäischen Landwirte hätten auch Vorteile durch die stufenweise Einführung, versuchte der Sprecher von Agrarkommissar Franz Fischler zu beschwichtigen. So seien die Betriebe während der Übergangsphase von der Modulation ausgenommen. Zudem würden die Prämien auch bei Nichteinhaltung oder mangelnder Überwachung von bestimmten Umweltgesetzen im Rahmen der so genannten "Cross-Compliance" nicht gekürzt wie in der alten EU-15. Und auch wenn bei einer der kommenden Reformen - zum Beispiel für Zucker - die bisherigen Direktzahlungen aus Gründen der Haushaltsdisziplin gekürzt werden müssten, seien die osteuropäischen Landwirte davon ausgenommen, betonte Fischlers Sprecher.
     
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