erstellt am
16. 02. 04

Pensionseinbußen: Sozialausschuß ebnet Weg für Ausgleichszahlungen
BezieherInnen von Pensionen bis 730 € erhalten Einmalzahlung
Wien (pk) - Bezieherinnen und Bezieher von Pensionen bis zu 780 € werden eine einmalige außerordentliche Zuwendung in der Höhe von 0,6 % ihrer Jahrespension erhalten. Der Sozialausschuss des Nationalrats billigte am Freitag (13. 02.) einen entsprechenden Gesetzesantrag von ÖVP und FPÖ. Laut Antrag werden rund 530.000 Personen von der Einmalzahlung profitieren, die Mittel dafür sollen aus den bei den Sozialversicherungsträgern eingerichteten Unterstützungsfonds kommen. Der Beschluss fiel mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ, die Opposition forderte mehr Geld für die PensionistInnen.

Anlass für die außertourliche Einmalzahlung ist die Tatsache, dass zahlreiche Pensionistinnen und Pensionisten durch die Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrages um 0,5 Prozent und die Einführung eines Freizeitunfallversicherungsbeitrages von 0,1 Prozent auf der einen Seite und durch den Wegfall des 2003 gezahlten Wertausgleichs auf der anderen Seite heuer netto weniger Pension bekommen als noch vor einem Jahr. Diese Einbußen sollen nunmehr ausgeglichen werden, wobei von den Ausgleichszahlungen nicht nur Alterspensionen, sondern auch Waisenpensionen umfasst sind. Das Geld soll, wie es im VP-FP-Antrag heißt, möglichst rasch, spätestens jedoch bis zum 1. Juni 2004 an die Betroffenen ausgezahlt werden. Die Mehrkosten für das Budget werden sich auf rund 20 Mill. € belaufen.

Den Bundesländern Kärnten und Salzburg, die bereits Vorleistungen im Sinne des Gesetzesantrages erbracht haben, werden die Aufwendungen abgegolten. Ausgeschlossen ist, dass die betroffenen PensionistInnen doppelte Leistungen erhalten.

Kritik kam von der Opposition, die die Ausgleichszahlungen als zu niedrig ablehnte. Ein Antrag der SPÖ, eine generelle Pensionsanpassung im Ausmaß von 0,8 % vorzusehen, fand im Sozialausschuss bei namentlicher Abstimmung jedoch keine Mehrheit. Laut SPÖ sollte damit nicht nur ein Ausgleich für die höheren Sozialversicherungsbeiträge vorgenommen, sondern auch berücksichtigt werden, dass das Wirtschaftsforschungsinstitut die Inflationsrate für 2004 mit 1,2 % prognostiziert, die Pensionserhöhung für dieses Jahr jedoch nur durchschnittlich 1 % betragen habe.

ÖVP-Sozialsprecher Walter Tancsits begründete die Ablehnung der SPÖ-Forderungen damit, dass bereits im Herbst 2003 in Abstimmung mit dem Pensionsbeirat und den Seniorenvertretern eine Pensionserhöhung für 2004 um 1,5 % beschlossen worden sei. Es wäre seiner Meinung nach nicht vertretbar, würde man dazu nunmehr noch einmal 0,8 % aufschlagen, weil damit die Pensionserhöhung über so manchem Kollektivvertragsabschluss liegen würde. Es sei Konsens, dass Pensionisten am Wohlstandsgewinn der Gesellschaft teilhaben, unterstrich Tancsits, dieser Grundsatz müsse aber auch umgekehrt für wirtschaftlich schwierige Jahre geltend.

Diese Argumentation ließ Abgeordneter Karl Öllinger seitens der Grünen allerdings nicht gelten. Er hinterfragte generell das System der Pensionsanpassung und gab zu bedenken, dass dieses in den letzten Jahren zu einem realen Einkommensverlust für Pensionistinnen und Pensionisten von durchschnittlich 5 % geführt habe. Überdies kritisierte er, dass BezieherInnen von Ausgleichszulagen keine Einmalzahlung erhalten werden.

Im Ausschuss umstritten war auch ein Abänderungsantrag, den Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (F) namens der Koalitionsparteien zum VP-FP-Antrag eingebracht hatte und der bei der Abstimmung mitberücksichtigt wurde. Es geht dabei um die Kompatibilität zwischen der als Krankenscheinersatz geplanten Chipkarte und der Bürgerkarte sowie um die Sicherung von Daten auf der Chipkarte, etwa durch PIN-Code oder biometrische Merkmale. Während Sozialminister Herbert Haupt den Aspekt der Benutzerfreundlichkeit in den Vordergrund stellte und darauf verwies, dass Missbrauchssicherheit auch im Interesse der Beitragszahler liege, brachten SPÖ und Grüne massive datenschutzrechtliche Bedenken vor und verwiesen auf mögliche hohe Kosten.

Eingeleitet wurde die Diskussion im Ausschuss durch Abgeordneten Dietmar Keck (S), der von einem "Raubzug" gegenüber PensionistInnen sprach und darauf hinwies, dass "zwei, drei, vier oder fünf Euro" für viele sehr viel Geld seien. Er erachtet eine Pensionserhöhung um mindestens 0,8 % für gerechtfertigt. Sein Fraktionskollege Karl Dobnigg erinnerte daran, dass er bereits im Dezember des Vorjahres die nunmehr eingetretenen Pensionseinbußen prophezeit habe, damals aber verhöhnt worden sei. Jetzt zu behaupten, es würde schnell gehandelt, hält er für unangebracht.

Abgeordneter Karl Öllinger (G) kritisierte, dass AusgleichszulagenbezieherInnen von der Einmalzahlung ausgenommen seien, obwohl auch sie von der Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge betroffen sind. Zwar würden sie heuer durch die Erhöhung der Ausgleichszulage "fünf Euro und ein paar Cent" mehr erhalten, damit würde aber nicht einmal die Inflation abgegolten, rechnete Öllinger vor und forderte, wenigstens dort, wo man sich im Bereich der Armutsgrenze bewege, eine Inflationsabgeltung sicherzustellen.

Öllinger hinterfragte darüber hinaus generell das System der Pensionsanpassung. Das gemischte System von Valorisierung und Wertausgleich hat ihm zufolge auch bei relativ niedrigen Pensionen im ASVG-Bereich zuletzt zu realen Einkommensverlusten geführt. Durchschnittlich haben Pensionistinnen und Pensionisten laut Öllinger in den letzten Jahren, bezieht man die Inflationsrate mit ein, Einkommensverluste von fünf Prozent erlitten. Als "Absurdität" wertete er es, dass BezieherInnen von Pensionen von rund 1000 € von der Steuerreform profitierten, Bezieher sehr niedriger Pensionen aber nicht.

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (F) wies dem gegenüber darauf hin, dass durch den vorliegenden VP-FP-Antrag die Verluste von BezieherInnen einer Pension bis 780 € ausgeglichen würden. Das Problem beim SPÖ-Antrag sieht er, wie er sagte, darin, dass alle Pensionen um 0,8 % erhöht werden sollen, auch hohe.

Abgeordneter Walter Tancsits (V) machte darauf aufmerksam, dass es aufgrund der Pensionssicherungsreform 2003 in Zukunft einen transparenteren und klareren Mechanismus für die Pensionsanpassung geben werde. Die nunmehrigen Nettoverluste für viele PensionistInnen führte er auf die Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge zurück, machte aber gleichzeitig geltend, dass diese Nettoverluste nun für alle BezieherInnen von Pensionen bis 780 € ausgeglichen würden und diese daher "keinen Cent Verlust haben". Tancsits sprach von einer "vernünftigen und zielführenden Maßnahme" und erklärte, dass jeder betroffene Pensionist das Geld bis zum 1. Juni 2004 auf seinem Konto haben werde.

Ablehnend äußerte sich Tancsits zum Antrag der SPÖ. Er erinnerte an die im Herbst beschlossene Pensionserhöhung um 1,5 % und machte geltend, dass eine zusätzliche Erhöhung um 0,8 % unvertretbar wäre, da die Gesamterhöhung dann über so manchem Kollektivvertragsabschluss liegen würde. Überzeugt zeigte er sich davon, dass sowohl die Vorabauszahlungen in zwei Bundesländern als auch der nunmehr vorgesehene Rückzahlungsmodus gesetzeskonform sind.

Ausschussvorsitzende Heidrun Silhavy (S) verwies darauf, dass sich der Antrag der SPÖ von jenem der Koalition nicht zuletzt dadurch unterscheide, dass er eine dauerhafte Pensionserhöhung um 0,8 % vorsehe, während es sich beim VP-FP-Vorschlag nur um eine Einmalzahlung handle und die Pensionen im kommenden Jahr wieder auf das Niveau von Anfang 2004 zurückfallen werden. Kritisch äußerte sie sich zur "Sonderaktion" der Landeshauptleute in Salzburg und Kärnten, diese hätte nicht nur einen relativ hohen Verwaltungsaufwand zur Folge, sondern sei auch rechtlich problematisch.

Sozialminister Herbert Haupt erinnerte an überdurchschnittliche Erhöhungen der Ausgleichszulage zwischen 2001 und 2004 sowohl für Alleinstehende als auch für Ehepaare. Ihm zufolge wurde die Ausgleichszulage in diesem Zeitraum weit über der Inflationsrate erhöht. Überdies seien, so der Minister, niedrige Pensionen in den vergangenen Jahren überproportional valorisiert worden.

Haupt gab auch zu bedenken, dass die erste Etappe der Steuerreform für BezieherInnen von Pensionen zwischen 793 € und 1220 € trotz der Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge ein Pensionsplus im Jahr 2004 gebracht habe. Zudem gelte die Pensionsanpassung 2004 erstmals gleichermaßen für Beamte und ASVG-Pensionisten.

Umfassend diskutiert wurde im Ausschuss auch ein von den Koalitionsparteien eingebrachter Abänderungsantrag zum VP-FP-Antrag, bei dem es um die Kompatibilität der Chipkarte mit der Bürgerkarte und um die Sicherung der Daten auf der Chipkarte geht. Abgeordneter Erwin Spindelberger (S) wies auf die "klare Auflage" hin, wonach auf der Chipkarte nur der Name und die Versicherungsnummer gespeichert werden dürften, und äußerte rechtliche Bedenken gegen eine etwaige Zusammenführung von Bürgerkarte und Chipkarte. Für ihn sind insbesondere viele datenschutzrechtliche Fragen offen.

Auch Abgeordneter Karl Öllinger (G) brachte datenschutzrechtliche Bedenken vor und stellte überdies eine etwaige Sicherung der Chipkarten-Daten durch biometrische Merkmale in Frage. Eine solche Sicherung würde das System enorm verteuern, befürchtet er. Öllinger forderte einen detaillierten Entwicklungsplan für die Chipkarte ein, aus dem auch hervorgehen sollte, was wie viel koste und wer von dem Projekt profitiere. Ebenfalls Zweifel an der Erfassung biometrischer Merkmale äußerte Abgeordneter Dietmar Keck (S).

Seitens der Koalition hielten die Abgeordneten Walter Tancsits (V) und Sigisbert Dolinschek (F) der Opposition entgegen, dass man neue technische Entwicklungen berücksichtigen und eine getrennte Entwicklung von Bürgerkarte und Chipkarte im Sinne der Benutzerfreundlichkeit verhindern müsse. Durch eine Kompatibilität der Karten allein sieht Tancsits den Datenschutz nicht verletzt.

Sozialminister Herbert Haupt wies darauf hin, dass die Lebensdauer der ersten Chipkarte, die ab 2005 im Umlauf sein soll, spätestens bis zum Jahr 2010 "erschöpft" sein werde und man für Nachfolgemodelle rechtzeitig neue technische Entwicklungen in Betracht ziehen müsse, um einem drohenden Missbrauch der Chipkarte vorzubauen. Haupt zufolge gibt es in den Ländern, in denen bereits eine Chipkarte im Einsatz ist, eine missbräuchliche Verwendung im Ausmaß von 8 % bis 25 %. Es sei schließlich auch im Interesse der Beitragszahler, wenn das System missbrauchssicher sei, meinte er. Haupt erwartet sich von der Chipkarte auch eine effizientere Bekämpfung der Schwarzarbeit.

Ausschussvorsitzende Heidrun Silhavy (S) wandte ein, dass der Sozialminister einen etwaigen Datentransfer zwischen Bürgerkarte und Chipkarte nicht ausschließen habe können. Sie machte überdies geltend, dass die Beratungen des Datenschutzrates zu dieser Frage noch nicht bekannt seien.

Der VP-FP-Antrag zur Reparatur der Pensionseinbußen wurde unter Berücksichtigung des Abänderungsantrags, der neben den Bestimmungen über die Chipkarte lediglich die Korrektur von Redaktionsversehen beinhaltet, mit den Stimmen der Koalitionsparteien beschlossen. Der SPÖ-Antrag erhielt lediglich die Zustimmung der Opposition und blieb damit in der Minderheit.
     
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