Pensionseinbußen: Sozialausschuß ebnet Weg für Ausgleichszahlungen
BezieherInnen von Pensionen bis 730 € erhalten Einmalzahlung
Wien (pk) - Bezieherinnen und Bezieher von Pensionen bis zu 780 € werden eine einmalige außerordentliche
Zuwendung in der Höhe von 0,6 % ihrer Jahrespension erhalten. Der Sozialausschuss des Nationalrats billigte
am Freitag (13. 02.) einen entsprechenden Gesetzesantrag von ÖVP und FPÖ.
Laut Antrag werden rund 530.000 Personen von der Einmalzahlung profitieren, die Mittel dafür sollen aus den
bei den Sozialversicherungsträgern eingerichteten Unterstützungsfonds kommen. Der Beschluss fiel mit
den Stimmen von ÖVP und FPÖ, die Opposition forderte mehr Geld für die PensionistInnen.
Anlass für die außertourliche Einmalzahlung ist die Tatsache, dass zahlreiche Pensionistinnen und Pensionisten
durch die Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrages um 0,5 Prozent und die Einführung eines Freizeitunfallversicherungsbeitrages
von 0,1 Prozent auf der einen Seite und durch den Wegfall des 2003 gezahlten Wertausgleichs auf der anderen Seite
heuer netto weniger Pension bekommen als noch vor einem Jahr. Diese Einbußen sollen nunmehr ausgeglichen
werden, wobei von den Ausgleichszahlungen nicht nur Alterspensionen, sondern auch Waisenpensionen umfasst sind.
Das Geld soll, wie es im VP-FP-Antrag heißt, möglichst rasch, spätestens jedoch bis zum 1. Juni
2004 an die Betroffenen ausgezahlt werden. Die Mehrkosten für das Budget werden sich auf rund 20 Mill. € belaufen.
Den Bundesländern Kärnten und Salzburg, die bereits Vorleistungen im Sinne des Gesetzesantrages erbracht
haben, werden die Aufwendungen abgegolten. Ausgeschlossen ist, dass die betroffenen PensionistInnen doppelte Leistungen
erhalten.
Kritik kam von der Opposition, die die Ausgleichszahlungen als zu niedrig ablehnte. Ein Antrag der SPÖ, eine
generelle Pensionsanpassung im Ausmaß von 0,8 % vorzusehen, fand im Sozialausschuss bei namentlicher Abstimmung
jedoch keine Mehrheit. Laut SPÖ sollte damit nicht nur ein Ausgleich für die höheren Sozialversicherungsbeiträge
vorgenommen, sondern auch berücksichtigt werden, dass das Wirtschaftsforschungsinstitut die Inflationsrate
für 2004 mit 1,2 % prognostiziert, die Pensionserhöhung für dieses Jahr jedoch nur durchschnittlich
1 % betragen habe.
ÖVP-Sozialsprecher Walter Tancsits begründete die Ablehnung der SPÖ-Forderungen damit, dass bereits
im Herbst 2003 in Abstimmung mit dem Pensionsbeirat und den Seniorenvertretern eine Pensionserhöhung für
2004 um 1,5 % beschlossen worden sei. Es wäre seiner Meinung nach nicht vertretbar, würde man dazu nunmehr
noch einmal 0,8 % aufschlagen, weil damit die Pensionserhöhung über so manchem Kollektivvertragsabschluss
liegen würde. Es sei Konsens, dass Pensionisten am Wohlstandsgewinn der Gesellschaft teilhaben, unterstrich
Tancsits, dieser Grundsatz müsse aber auch umgekehrt für wirtschaftlich schwierige Jahre geltend.
Diese Argumentation ließ Abgeordneter Karl Öllinger seitens der Grünen allerdings nicht gelten.
Er hinterfragte generell das System der Pensionsanpassung und gab zu bedenken, dass dieses in den letzten Jahren
zu einem realen Einkommensverlust für Pensionistinnen und Pensionisten von durchschnittlich 5 % geführt
habe. Überdies kritisierte er, dass BezieherInnen von Ausgleichszulagen keine Einmalzahlung erhalten werden.
Im Ausschuss umstritten war auch ein Abänderungsantrag, den Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (F) namens der
Koalitionsparteien zum VP-FP-Antrag eingebracht hatte und der bei der Abstimmung mitberücksichtigt wurde.
Es geht dabei um die Kompatibilität zwischen der als Krankenscheinersatz geplanten Chipkarte und der Bürgerkarte
sowie um die Sicherung von Daten auf der Chipkarte, etwa durch PIN-Code oder biometrische Merkmale. Während
Sozialminister Herbert Haupt den Aspekt der Benutzerfreundlichkeit in den Vordergrund stellte und darauf verwies,
dass Missbrauchssicherheit auch im Interesse der Beitragszahler liege, brachten SPÖ und Grüne massive
datenschutzrechtliche Bedenken vor und verwiesen auf mögliche hohe Kosten.
Eingeleitet wurde die Diskussion im Ausschuss durch Abgeordneten Dietmar Keck (S), der von einem "Raubzug"
gegenüber PensionistInnen sprach und darauf hinwies, dass "zwei, drei, vier oder fünf Euro"
für viele sehr viel Geld seien. Er erachtet eine Pensionserhöhung um mindestens 0,8 % für gerechtfertigt.
Sein Fraktionskollege Karl Dobnigg erinnerte daran, dass er bereits im Dezember des Vorjahres die nunmehr eingetretenen
Pensionseinbußen prophezeit habe, damals aber verhöhnt worden sei. Jetzt zu behaupten, es würde
schnell gehandelt, hält er für unangebracht.
Abgeordneter Karl Öllinger (G) kritisierte, dass AusgleichszulagenbezieherInnen von der Einmalzahlung ausgenommen
seien, obwohl auch sie von der Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge betroffen sind. Zwar würden
sie heuer durch die Erhöhung der Ausgleichszulage "fünf Euro und ein paar Cent" mehr erhalten,
damit würde aber nicht einmal die Inflation abgegolten, rechnete Öllinger vor und forderte, wenigstens
dort, wo man sich im Bereich der Armutsgrenze bewege, eine Inflationsabgeltung sicherzustellen.
Öllinger hinterfragte darüber hinaus generell das System der Pensionsanpassung. Das gemischte System
von Valorisierung und Wertausgleich hat ihm zufolge auch bei relativ niedrigen Pensionen im ASVG-Bereich zuletzt
zu realen Einkommensverlusten geführt. Durchschnittlich haben Pensionistinnen und Pensionisten laut Öllinger
in den letzten Jahren, bezieht man die Inflationsrate mit ein, Einkommensverluste von fünf Prozent erlitten.
Als "Absurdität" wertete er es, dass BezieherInnen von Pensionen von rund 1000 € von der Steuerreform
profitierten, Bezieher sehr niedriger Pensionen aber nicht.
Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (F) wies dem gegenüber darauf hin, dass durch den vorliegenden VP-FP-Antrag
die Verluste von BezieherInnen einer Pension bis 780 € ausgeglichen würden. Das Problem beim SPÖ-Antrag
sieht er, wie er sagte, darin, dass alle Pensionen um 0,8 % erhöht werden sollen, auch hohe.
Abgeordneter Walter Tancsits (V) machte darauf aufmerksam, dass es aufgrund der Pensionssicherungsreform 2003 in
Zukunft einen transparenteren und klareren Mechanismus für die Pensionsanpassung geben werde. Die nunmehrigen
Nettoverluste für viele PensionistInnen führte er auf die Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge
zurück, machte aber gleichzeitig geltend, dass diese Nettoverluste nun für alle BezieherInnen von Pensionen
bis 780 € ausgeglichen würden und diese daher "keinen Cent Verlust haben". Tancsits sprach von einer
"vernünftigen und zielführenden Maßnahme" und erklärte, dass jeder betroffene Pensionist
das Geld bis zum 1. Juni 2004 auf seinem Konto haben werde.
Ablehnend äußerte sich Tancsits zum Antrag der SPÖ. Er erinnerte an die im Herbst beschlossene
Pensionserhöhung um 1,5 % und machte geltend, dass eine zusätzliche Erhöhung um 0,8 % unvertretbar
wäre, da die Gesamterhöhung dann über so manchem Kollektivvertragsabschluss liegen würde. Überzeugt
zeigte er sich davon, dass sowohl die Vorabauszahlungen in zwei Bundesländern als auch der nunmehr vorgesehene
Rückzahlungsmodus gesetzeskonform sind.
Ausschussvorsitzende Heidrun Silhavy (S) verwies darauf, dass sich der Antrag der SPÖ von jenem der Koalition
nicht zuletzt dadurch unterscheide, dass er eine dauerhafte Pensionserhöhung um 0,8 % vorsehe, während
es sich beim VP-FP-Vorschlag nur um eine Einmalzahlung handle und die Pensionen im kommenden Jahr wieder auf das
Niveau von Anfang 2004 zurückfallen werden. Kritisch äußerte sie sich zur "Sonderaktion"
der Landeshauptleute in Salzburg und Kärnten, diese hätte nicht nur einen relativ hohen Verwaltungsaufwand
zur Folge, sondern sei auch rechtlich problematisch.
Sozialminister Herbert Haupt erinnerte an überdurchschnittliche Erhöhungen der Ausgleichszulage zwischen
2001 und 2004 sowohl für Alleinstehende als auch für Ehepaare. Ihm zufolge wurde die Ausgleichszulage
in diesem Zeitraum weit über der Inflationsrate erhöht. Überdies seien, so der Minister, niedrige
Pensionen in den vergangenen Jahren überproportional valorisiert worden.
Haupt gab auch zu bedenken, dass die erste Etappe der Steuerreform für BezieherInnen von Pensionen zwischen
793 € und 1220 € trotz der Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge ein Pensionsplus im Jahr 2004 gebracht
habe. Zudem gelte die Pensionsanpassung 2004 erstmals gleichermaßen für Beamte und ASVG-Pensionisten.
Umfassend diskutiert wurde im Ausschuss auch ein von den Koalitionsparteien eingebrachter Abänderungsantrag
zum VP-FP-Antrag, bei dem es um die Kompatibilität der Chipkarte mit der Bürgerkarte und um die Sicherung
der Daten auf der Chipkarte geht. Abgeordneter Erwin Spindelberger (S) wies auf die "klare Auflage" hin,
wonach auf der Chipkarte nur der Name und die Versicherungsnummer gespeichert werden dürften, und äußerte
rechtliche Bedenken gegen eine etwaige Zusammenführung von Bürgerkarte und Chipkarte. Für ihn sind
insbesondere viele datenschutzrechtliche Fragen offen.
Auch Abgeordneter Karl Öllinger (G) brachte datenschutzrechtliche Bedenken vor und stellte überdies eine
etwaige Sicherung der Chipkarten-Daten durch biometrische Merkmale in Frage. Eine solche Sicherung würde das
System enorm verteuern, befürchtet er. Öllinger forderte einen detaillierten Entwicklungsplan für
die Chipkarte ein, aus dem auch hervorgehen sollte, was wie viel koste und wer von dem Projekt profitiere. Ebenfalls
Zweifel an der Erfassung biometrischer Merkmale äußerte Abgeordneter Dietmar Keck (S).
Seitens der Koalition hielten die Abgeordneten Walter Tancsits (V) und Sigisbert Dolinschek (F) der Opposition
entgegen, dass man neue technische Entwicklungen berücksichtigen und eine getrennte Entwicklung von Bürgerkarte
und Chipkarte im Sinne der Benutzerfreundlichkeit verhindern müsse. Durch eine Kompatibilität der Karten
allein sieht Tancsits den Datenschutz nicht verletzt.
Sozialminister Herbert Haupt wies darauf hin, dass die Lebensdauer der ersten Chipkarte, die ab 2005 im Umlauf
sein soll, spätestens bis zum Jahr 2010 "erschöpft" sein werde und man für Nachfolgemodelle
rechtzeitig neue technische Entwicklungen in Betracht ziehen müsse, um einem drohenden Missbrauch der Chipkarte
vorzubauen. Haupt zufolge gibt es in den Ländern, in denen bereits eine Chipkarte im Einsatz ist, eine missbräuchliche
Verwendung im Ausmaß von 8 % bis 25 %. Es sei schließlich auch im Interesse der Beitragszahler, wenn
das System missbrauchssicher sei, meinte er. Haupt erwartet sich von der Chipkarte auch eine effizientere Bekämpfung
der Schwarzarbeit.
Ausschussvorsitzende Heidrun Silhavy (S) wandte ein, dass der Sozialminister einen etwaigen Datentransfer zwischen
Bürgerkarte und Chipkarte nicht ausschließen habe können. Sie machte überdies geltend, dass
die Beratungen des Datenschutzrates zu dieser Frage noch nicht bekannt seien.
Der VP-FP-Antrag zur Reparatur der Pensionseinbußen wurde unter Berücksichtigung des Abänderungsantrags,
der neben den Bestimmungen über die Chipkarte lediglich die Korrektur von Redaktionsversehen beinhaltet, mit
den Stimmen der Koalitionsparteien beschlossen. Der SPÖ-Antrag erhielt lediglich die Zustimmung der Opposition
und blieb damit in der Minderheit. |