EU-Kommission läutet die Alarmglocke
Brüssel (eu-int) - Konkrete Maßnahmen zur Erhaltung der weltweiten biologischen Vielfalt:
Dies ist die Vorgabe der Europäischen Kommission für eine internationale Konferenz, die vom 9.-20. Februar
in Kuala Lumpur, Malaysia, stattfinden wird. Auf der 7. Konferenz der Vertragsparteien (COP7) des Übereinkommens
über die biologische Vielfalt werden die 188 Vertragsparteien, zu denen auch die Europäische Kommission
gehört, über Maßnahmen zur Verringerung der Verluste an biologischer Vielfalt sprechen. Die Kommission
hofft auf eine Einigung über verschiedene Punkte: Schaffung eines weltweiten Netzes von Schutzgebieten, Festlegung
von Indikatoren für die biologische Vielfalt, Verbesserung des Zugangs zu genetischen Ressourcen und Gewährleistung
eines ausgewogenen Vorteilsausgleichs. Der Erfolg der Konferenz wird davon abhängen, ob die Vertragsparteien
bereit sind, den Zusammenhängen zwischen dem Schutz der biologischen Vielfalt und der Bekämpfung der
Armut mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
„Kuala Lumpur muss der Ausgangspunkt für konkrete Maßnahmen sein", so Umweltkommissarin Margot
Wallström, die an den Ministertreffen der Konferenz am 18. und 19. Februar teilnehmen wird. „Wir haben bis
2010 nur noch sechs Jahre Zeit. Wenn die eingegangenen Verpflichtungen erfüllt werden sollen, müssen
bis dahin die Verluste an biologischer Vielfalt deutlich verringert werden. Beim jetzigen Stand der Dinge nimmt
die weltweite biologische Vielfalt weiterhin ungehindert ab. Wir können uns ein Scheitern einfach nicht leisten.
Die Ersten, die unter dem Verschwinden der Ökosysteme leiden, sind die Armen, deren Lebensunterhalt häufig
direkt von biologischer Vielfalt abhängt."
Die Tagesordnung von Kuala Lumpur
Schutzgebiete als Sicherheitsnetze
Die Experten sind sich darüber einig, dass die weltweiten Verluste an biologischer Vielfalt nur dann aufgehalten
werden können, wenn ein Netz eingerichtet wird, das Schutzgebiete auf allen Kontinenten umfasst und bedrohten
Arten und Ökosystemen eine Überlebenschance bietet. Die Kommission wird darauf drängen, dass in
Kuala Lumpur eine Entscheidung über solche Schutzgebiete getroffen wird und eindeutige Leitlinien für
deren Bewirtschaftung festgelegt werden. Ziel der COP7 sollte die Schaffung eines weltweiten Netzes gut bewirtschafteter
regionaler und nationaler Schutzgebiete sein, das bis 2010 Standorte zu Land und bis 2012 auch Standorte zu See
einschließen sollte.
Entwicklungspolitik für die biologische Vielfalt
Die Kommission wird darauf drängen, dass der im Jahr 2002 angenommene Strategieplan des Übereinkommens
ungesetzt wird, in dem die Ziele des Übereinkommens sowie die vorrangigen Ziele für die kommenden Jahren
beschrieben werden. Dadurch würden die internationalen, nationalen und regionalen Bemühungen zur Erhaltung
der biologischen Vielfalt gestärkt, die Kapazitäten der Länder verbessert und das gesellschaftliche
Bewusstsein für die Erhaltung der biologischen Vielfalt geschärft.
Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass auch die Entwicklungsländer sich engagieren, denn sie beherbergen
den größten Teil der biologischen Vielfalt. Deshalb müssen die Zusammenhänge zwischen der
Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt und der Bekämpfung der Armut besser verstanden
werden. Die EU setzt sich dafür ein, Artenschutzziele in Entwicklungsstrategien und Projekte von Empfängerländern
einzubeziehen. Biologische Vielfalt und wirtschaftlicher Wohlstand gehen Hand in Hand.
Vorteilsausgleich
Auf der COP7 wird auch über eine internationale Regelung für den Zugang zu genetischen Ressourcen
und einen gerechten und ausgewogenen Vorteilsausgleich gesprochen. Das bedeutet, dass Unternehmen und Forschungsinstitute,
die in Ländern mit großer biologischer Vielfalt Zugang zum genetischen Reichtum der Pflanzen- und Tierwelt
erhalten, die finanziellen und wissenschaftlichen Vorteile, die sich aus der Verwendung genetischen Materials ergeben,
mit den Eigentümern bzw. Anbietern dieses Materials teilen müssen.
Im Jahr 2002 verabschiedeten die Vertragsparteien des Übereinkommens die diesbezüglich bahnbrechenden
Bonner Leitlinien über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die gerechte und ausgewogene Beteiligung an
den Vorteilen aus ihrer Nutzung. Die Kommission setzt sich für die Umsetzung dieser Leitlinien ein und veröffentlichte
am 23. Dezember 2003 eine Mitteilung über deren Durchführung in der EU (siehe IP/04/21). Einige Vertragsparteien,
darunter insbesondere eine Gruppe von Entwicklungsländern mit besonders reicher biologischer Vielfalt, wollen
noch weiter gehen und im Rahmen der COP7 Verhandlungen über ein neues Instrument über den Zugang und
den Vorteilsausgleich aufnehmen.
Die Kommission wäre bereit, auf der Grundlage einer Analyse der in anderen internationalen Foren festgestellten
Lücken in den derzeitigen Vereinbarungen und unter Berücksichtigung der Erfahrungen mit der Anwendung
der Leitlinien zu prüfen, ob weitere Maßnahmen ergriffen werden sollten, die über die freiwilligen
Leitlinien hinaus gehen.
Kapazitätenaufbau
Der Kapazitätenaufbau ist eine Schlüsselfrage für Entwicklungsländer, die in der Regel
über eine reiche biologische Vielfalt verfügen, aber nur unzulängliche Kapazität haben, um
diese nachhaltig zu pflegen und zu nutzen. Entwicklungsländer fordern deshalb Unterstützung bei der wissenschaftlichen
Bewertung ihrer biologischen Vielfalt, der Ermöglichung wohlinformierter Entscheidungen im Bereich der Biotechnologie
und der Verabschiedung und Durchsetzung von Rechtsvorschriften über den Zugang zu genetischen Ressourcen und
den Vorteilsausgleich.
Derzeit fließen rund 3 % der Entwicklungshilfe der Kommission d.h. über 190 Mio. € pro Jahr - in die
Erhaltung der biologischen Vielfalt, die nachhaltige Nutzung und den Vorteilsausgleich. Allerdings muss dem Zusammenhang
zwischen der Erhaltung der biologischen Vielfalt und der Bekämpfung der Armut noch mehr Gewicht verliehen
werden. Die Kommission ist auf Ersuchen von Entwicklungsländern gerne bereit, weitere Hilfe im Rahmen der
nationalen/regionalen Zusammenarbeit zu leisten.
Technologietransfer
Im Zusammenhang mit der Erhaltung der biologischen Vielfalt ist der Technologietransfer keine reine Frage
einer Weitergabe moderner Technologie von Nord nach Süd. Alle Länder können von traditionellen Kenntnissen
lernen, über die eingeborene und ortsansässige Gemeinschaften verfügen. In Kuala Lumpur wird sowohl
über den Transfer moderner Technologie als auch über die Rolle traditioneller Kenntnisse gesprochen.
Überwachung
Die biologische Vielfalt ist nicht leicht messbar. Weltweit wurden bisher ungefähr 1,75 Millionen
Arten beschrieben, aber die tatsächliche Anzahl könnte durchaus bis zu 14 Millionen betragen. Daher ist
es schwierig, über die biologische Vielfalt ständig auf dem Laufenden zu bleiben. Und darum benötigen
wir ein Überwachungssystem. Nur dann können wir feststellen, ob unsere Maßnahmen und Programme
erfolgreich sind. Die Kommission wird auf eine Einigung über Indikatoren drängen, die es ermöglichen,
globale Tendenzen der biologischen Vielfalt zu verfolgen und die Wirksamkeit politischer Maßnahmen zu überprüfen.
Ferner wird sie sich dafür einsetzen, dass alle Länder und Regionen in regelmäßigen Abständen
auf freiwilliger Basis eine Bewertung der erzielten Fortschritte vornehmen. |