Weltweite Verluste an biologischer Vielfalt  

erstellt am
10. 02. 04

EU-Kommission läutet die Alarmglocke
Brüssel (eu-int) - Konkrete Maßnahmen zur Erhaltung der weltweiten biologischen Vielfalt: Dies ist die Vorgabe der Europäischen Kommission für eine internationale Konferenz, die vom 9.-20. Februar in Kuala Lumpur, Malaysia, stattfinden wird. Auf der 7. Konferenz der Vertragsparteien (COP7) des Übereinkommens über die biologische Vielfalt werden die 188 Vertragsparteien, zu denen auch die Europäische Kommission gehört, über Maßnahmen zur Verringerung der Verluste an biologischer Vielfalt sprechen. Die Kommission hofft auf eine Einigung über verschiedene Punkte: Schaffung eines weltweiten Netzes von Schutzgebieten, Festlegung von Indikatoren für die biologische Vielfalt, Verbesserung des Zugangs zu genetischen Ressourcen und Gewährleistung eines ausgewogenen Vorteilsausgleichs. Der Erfolg der Konferenz wird davon abhängen, ob die Vertragsparteien bereit sind, den Zusammenhängen zwischen dem Schutz der biologischen Vielfalt und der Bekämpfung der Armut mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

„Kuala Lumpur muss der Ausgangspunkt für konkrete Maßnahmen sein", so Umweltkommissarin Margot Wallström, die an den Ministertreffen der Konferenz am 18. und 19. Februar teilnehmen wird. „Wir haben bis 2010 nur noch sechs Jahre Zeit. Wenn die eingegangenen Verpflichtungen erfüllt werden sollen, müssen bis dahin die Verluste an biologischer Vielfalt deutlich verringert werden. Beim jetzigen Stand der Dinge nimmt die weltweite biologische Vielfalt weiterhin ungehindert ab. Wir können uns ein Scheitern einfach nicht leisten. Die Ersten, die unter dem Verschwinden der Ökosysteme leiden, sind die Armen, deren Lebensunterhalt häufig direkt von biologischer Vielfalt abhängt."

Die Tagesordnung von Kuala Lumpur

Schutzgebiete als Sicherheitsnetze

Die Experten sind sich darüber einig, dass die weltweiten Verluste an biologischer Vielfalt nur dann aufgehalten werden können, wenn ein Netz eingerichtet wird, das Schutzgebiete auf allen Kontinenten umfasst und bedrohten Arten und Ökosystemen eine Überlebenschance bietet. Die Kommission wird darauf drängen, dass in Kuala Lumpur eine Entscheidung über solche Schutzgebiete getroffen wird und eindeutige Leitlinien für deren Bewirtschaftung festgelegt werden. Ziel der COP7 sollte die Schaffung eines weltweiten Netzes gut bewirtschafteter regionaler und nationaler Schutzgebiete sein, das bis 2010 Standorte zu Land und bis 2012 auch Standorte zu See einschließen sollte.

Entwicklungspolitik für die biologische Vielfalt
Die Kommission wird darauf drängen, dass der im Jahr 2002 angenommene Strategieplan des Übereinkommens ungesetzt wird, in dem die Ziele des Übereinkommens sowie die vorrangigen Ziele für die kommenden Jahren beschrieben werden. Dadurch würden die internationalen, nationalen und regionalen Bemühungen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt gestärkt, die Kapazitäten der Länder verbessert und das gesellschaftliche Bewusstsein für die Erhaltung der biologischen Vielfalt geschärft.

Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass auch die Entwicklungsländer sich engagieren, denn sie beherbergen den größten Teil der biologischen Vielfalt. Deshalb müssen die Zusammenhänge zwischen der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt und der Bekämpfung der Armut besser verstanden werden. Die EU setzt sich dafür ein, Artenschutzziele in Entwicklungsstrategien und Projekte von Empfängerländern einzubeziehen. Biologische Vielfalt und wirtschaftlicher Wohlstand gehen Hand in Hand.

Vorteilsausgleich
Auf der COP7 wird auch über eine internationale Regelung für den Zugang zu genetischen Ressourcen und einen gerechten und ausgewogenen Vorteilsausgleich gesprochen. Das bedeutet, dass Unternehmen und Forschungsinstitute, die in Ländern mit großer biologischer Vielfalt Zugang zum genetischen Reichtum der Pflanzen- und Tierwelt erhalten, die finanziellen und wissenschaftlichen Vorteile, die sich aus der Verwendung genetischen Materials ergeben, mit den Eigentümern bzw. Anbietern dieses Materials teilen müssen.

Im Jahr 2002 verabschiedeten die Vertragsparteien des Übereinkommens die diesbezüglich bahnbrechenden Bonner Leitlinien über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die gerechte und ausgewogene Beteiligung an den Vorteilen aus ihrer Nutzung. Die Kommission setzt sich für die Umsetzung dieser Leitlinien ein und veröffentlichte am 23. Dezember 2003 eine Mitteilung über deren Durchführung in der EU (siehe IP/04/21). Einige Vertragsparteien, darunter insbesondere eine Gruppe von Entwicklungsländern mit besonders reicher biologischer Vielfalt, wollen noch weiter gehen und im Rahmen der COP7 Verhandlungen über ein neues Instrument über den Zugang und den Vorteilsausgleich aufnehmen.

Die Kommission wäre bereit, auf der Grundlage einer Analyse der in anderen internationalen Foren festgestellten Lücken in den derzeitigen Vereinbarungen und unter Berücksichtigung der Erfahrungen mit der Anwendung der Leitlinien zu prüfen, ob weitere Maßnahmen ergriffen werden sollten, die über die freiwilligen Leitlinien hinaus gehen.

Kapazitätenaufbau
Der Kapazitätenaufbau ist eine Schlüsselfrage für Entwicklungsländer, die in der Regel über eine reiche biologische Vielfalt verfügen, aber nur unzulängliche Kapazität haben, um diese nachhaltig zu pflegen und zu nutzen. Entwicklungsländer fordern deshalb Unterstützung bei der wissenschaftlichen Bewertung ihrer biologischen Vielfalt, der Ermöglichung wohlinformierter Entscheidungen im Bereich der Biotechnologie und der Verabschiedung und Durchsetzung von Rechtsvorschriften über den Zugang zu genetischen Ressourcen und den Vorteilsausgleich.

Derzeit fließen rund 3 % der Entwicklungshilfe der Kommission d.h. über 190 Mio. € pro Jahr - in die Erhaltung der biologischen Vielfalt, die nachhaltige Nutzung und den Vorteilsausgleich. Allerdings muss dem Zusammenhang zwischen der Erhaltung der biologischen Vielfalt und der Bekämpfung der Armut noch mehr Gewicht verliehen werden. Die Kommission ist auf Ersuchen von Entwicklungsländern gerne bereit, weitere Hilfe im Rahmen der nationalen/regionalen Zusammenarbeit zu leisten.

Technologietransfer
Im Zusammenhang mit der Erhaltung der biologischen Vielfalt ist der Technologietransfer keine reine Frage einer Weitergabe moderner Technologie von Nord nach Süd. Alle Länder können von traditionellen Kenntnissen lernen, über die eingeborene und ortsansässige Gemeinschaften verfügen. In Kuala Lumpur wird sowohl über den Transfer moderner Technologie als auch über die Rolle traditioneller Kenntnisse gesprochen.

Überwachung
Die biologische Vielfalt ist nicht leicht messbar. Weltweit wurden bisher ungefähr 1,75 Millionen Arten beschrieben, aber die tatsächliche Anzahl könnte durchaus bis zu 14 Millionen betragen. Daher ist es schwierig, über die biologische Vielfalt ständig auf dem Laufenden zu bleiben. Und darum benötigen wir ein Überwachungssystem. Nur dann können wir feststellen, ob unsere Maßnahmen und Programme erfolgreich sind. Die Kommission wird auf eine Einigung über Indikatoren drängen, die es ermöglichen, globale Tendenzen der biologischen Vielfalt zu verfolgen und die Wirksamkeit politischer Maßnahmen zu überprüfen. Ferner wird sie sich dafür einsetzen, dass alle Länder und Regionen in regelmäßigen Abständen auf freiwilliger Basis eine Bewertung der erzielten Fortschritte vornehmen.
     
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