Bildungspolitk  

erstellt am
01. 03. 04

 Gusenbauer fordert: Integration statt Selektion in der Schulpolitik
Vorschuljahr soll sicherstellen, dass alle Schulanfänger Deutsch sprechen können =
Wien (sk) - "Wir können uns keine Selektionsmechanismen in unserem Bildungssystem leisten", betonte SPÖ-Bundesparteivorsitzender Alfred Gusenbauer am Samstag (28. 02.) im Rahmen einer vom Renner Institut veranstalteten Bildungsenquete. "Abgesehen von allen politischen emanzipatorischen Zielsetzungen ist es eine ökonomische Notwendigkeit, dass wir niemanden rechts oder links liegen lassen", zeigte sich Gusenbauer überzeugt. Die Grundvoraussetzung dafür, diesen "Integrationsansatz" durchsetzen und der Verwirklichung der Chancengleichheit einen Schritt näher zu kommen sei, dass alle Kinder Deutsch sprechen können, wenn sie in die Schule kommen. Gusenbauer forderte in diesem Zusammenhang die Umgestaltung des letzten Kindergartenjahres in ein Vorschuljahr. Von der ÖVP erwartete sich Gusenbauer indes keine fortschrittlichen Bildungsreformen, da sich diese "aus den ideologischen Verkrustungen der Diskussionen aus den 60er und 70er Jahren nie befreit hat".

"Nur wenn die Schule und Bildung eine öffentliche Angelegenheit bleibt, können wir unsere Ziele der Chancengleichheit verwirklichen", brach Gusenbauer eine Lanze für die Ganztagsschule und gegen das Halbtagsschulwesen, das in Wirklichkeit teilprivatisiert sei. Die Halbtagsschule sei ein "Einfallstor für die Reproduktion sozialer Unterschiede", da die Beschäftigungsmöglichkeit der Schüler am Nachmittag in hohem Ausmaß vom sozialen Hintergrund der Familie abhängig sei. Bestätigt sah sich Gusenbauer in dieser Einschätzung nicht zuletzt durch die Pisa-Studie, welche festgestellt habe, dass in keinem anderen Schulsystem die Herkunfts- und sozialen Unterschiede der Schüler so stark erhalten und perpetuiert werden wie in Österreich. "Nur in einer Ganztagsschule kann individuelle Begabtenförderung stattfinden", machte Gusenbauer auch auf den pädagogischen Wert des Ganztagsschulkonzepts aufmerksam. Die Umsetzung des breitflächigen Angebots von Ganztagsschulen liegt für Gusenbauer klar in der Verpflichtung der öffentlichen Hand.

In der Volksschule noch mit Noten zu arbeiten, bezeichnete Gusenbauer als "vollkommen antiquiert". In Gusenbauers Konzept der "stressfreien Schule" erfolgt die Beurteilung der Schüler in der Volksschule auf verbale Art und Weise. "Selbst in hochzentralisierten und leistungsorientierten Schulsystemen wie in Frankreich gibt es keine Benotung", wies Gusenbauer hin.

Mit Vehemenz sprach sich Gusenbauer auch gegen die Selektionsmechanismen im österreichischen Schulsystem aus. Es sei "absurd" nicht nach dem Maß der Fähigkeiten sondern nach dem Maß der Unfähigkeit zu selektieren, so Gusenbauer. Zudem sei eine Selektion im Alter von neun bis zehn Jahren grunsätzlich abzulehnen, mit anderen Worten, eine gemeinsame Schule für die 6 bis 14-Jährigen müsse her.

Die Ausbildung für die pädagogischen Berufe, "die schwierigsten, die man nur haben kann", müsse nach den Konzepten Gusenbauers erstens einheitlich und zweitens universitär erfolgen. Das sei die Grundvoraussetzung für die Umsetzung der gemeinsamen Schule für die 9 bis 14-Jährigen.

Abschließend sprach sich Gusenbauer für die Abschaffung der Zweidrittelmehrheit für schulpolitische Fragen aus. Die politische Praxis der letzten Jahre habe gezeigt, dass diese mehr ein Verhinderungs- als ein Schutzmechanismus sei.

 

 Amon: Gusenbauer sollte sich besser informieren
In Finnland vier Mal höhere Jugendarbeitslosigkeit als in Österreich
Wien (övp-pk) - "Wenn sich SPÖ-Chef Gusenbauer schon zu bildungspolitischen Fragen meldet, empfehle ich ihm, sich im vorhinein besser über das Österreichische Bildungssystem zu informieren, anstatt dieses ständig krank zu reden", sagte ÖAAB-Generalsekretär und ÖVP-Bildungssprecher Abg.z.NR Werner Amon am Samstag (28. 02.).

"Wie erfolgreich die Sozialdemokratie Schulpolitik betreibt, wird am Beispiel Wiens deutlich sichtbar", so Amon weiter. In der Bundeshauptstadt, die unter der Führung der SPÖ-Stadtschulrätin Brandsteidl steht, lässt man die Hauptschulen nahezu verkommen, während die AHS-Unterstufen aus allen Nähten platzen. "Hier stellt die SPÖ Parteiinteressen anscheinend in den Vordergrund und will ihr ideologisches Modell einer Gesamtschule Schritt für Schritt umsetzen", stellt Amon klar.

An den Aussagen von Gusenbauer ist weiter zu erkennen, dass er die PISA-Studie scheinbar nicht einmal gelesen hat. "Man kann nicht einfach hergehen und das in Jahrzehnten in sich gewachsene finnische Bildungssystem in Teilen auf das österreichische Bildungssystem umlegen", so der ÖVP-Bildungssprecher. Dass auch das finnische Modell, in dem es zum Beispiel eine Gesamtschule gibt, nicht das optimale ist, zeigt sich daran, das Finnland eine vier mal so hohe Jugendarbeitslosigkeit hat wie Österreich. "Ich frage mich, ob Herr Gusenbauer auch das übernehmen will", so Amon.

Dass das österreichische Bildungssystem weltweit zu den besten gehört, ist unbestritten. "Ich weise hier nur auf den letzten Global Competitiveness Report des Weltwirtschaftsforums hin, in dem 4.800 Manager das Österreichische ex aequo mit dem finnischen Bildungssystem auf den ersten Platz wählten. Wir lassen uns diese Leistung nicht immer kaputt reden", so Amon.

Einmal mehr zeige sich, dass sich die SPÖ im Bereich der Bildung wohl eher um die Umsetzung ihrer Ideologie kümmert, als um wirkungsvolle Maßnahmen für alle. Dies wird unter anderem an der immer wiederkehrenden Forderung nach einer flächendeckenden Ganztagsschule deutlich. "Niemand bestreitet, dass hinter einer Ganztagsschule ein pädagogisches Konzept steht. Allerdings gibt es keine Studie aus der hervorgeht, dass ein solches besser wäre, als das derzeitige Österreichische System", stellt Amon fest. Sowohl das Meinungsforschungsinstitut 'Market' als auch die Arbeiterkammer stellen in Studien fest, dass "die Eltern eine freie Wahlmöglichkeit und Entscheidungsfreiheit für erheblich besser befinden, als eine verpflichtende Ganztagsschule für alle. Ich empfehle Herrn Gusenbauer, sich einmal mit Eltern zu unterhalten. Dann wird er merken, dass es sich bei der Forderung nach einer Ganztagsschule wohl eher um einen ideologischen Wunsch, als eine von Eltern und Schülern bevorzugte Schulform handelt", so der ÖVP-Bildungssprecher abschließend.

 

 Bleckmann: Guten Morgen, SPÖ
Wien (fpd) - "Ich gratuliere dem SPÖ-Vorsitzenden Gusenbauer dass er sich in schulpolitischer Hinsicht, mit einigen abweichlerischen Ausnahmen, voll und ganz der Linie der FPÖ angeschlossen hat", kommentierte FPÖ Generalsekretärin Magda Bleckmann die Aussagen Alfred Gusenbauers vom Samstag (28. 02.) zur Bildungspolitik. Die SPÖ habe ja beinahe ein Konzept präsentiert, was ja im Vergleich zur Oppositionspolitik der letzten Jahre einen massiven Fortschritt darstelle.

Hervorzuheben sei die Forderung Gusenbauers nach einer Abschaffung der Pragmatisierung für Lehrer, womit die SPÖ eine langjährige Forderung der FPÖ aufgreife und nach jahrzehntelangem Abwehrkampf endlich unterstütze. Die Evaluisierung von Lehrern und eine verpflichtende Weiterbildung seien ebenfalls urfreiheitliche Kernforderungen, bekräftigte Bleckmann.

Es sei zu begrüßen, dass die SPÖ nach jahrzehntelanger Verweigerungshaltung sich endlich dazu durchgerungen habe, die Notwendigkei einer gezielten Begabtenförderung anzuerkennen, betonte Bleckmann. Es stelle sich hier nur erneut die Frage ob Gusenbauer nicht wieder einmal ein einsamer Prediger in der roten Wüste sei, oder ob ihm diesmal auch seine eigene Partei folgen könne. "Die FPÖ bietet Gusenbauer gerne Argumentationshilfen an um seine Genossinnen und Genossen von der Begabtenförderung zu überzeugen, denn die Freiheitlichen fordern dies seit Jahrzehnten", betonte Bleckmann.

Ebenso habe Gusenbauer endlich registriert, dass mit der Umwandlung der Pädagogischen Akademien in Hochschulen, es zu einer verbesserten Ausbildung Österreichs Lehrer kommen werde. Gusenbauer habe hier sehr vernünftige Forderungen aufgestellt, nämlich die Positionen der FPÖ übernommen, erwähnte Bleckmann. "Ich bin mir sicher dass Gusenbauer, wenn er sich nur ausführlicher mit der Politik dieser Bundesregierung beschäftigen würde, auch in vielen anderen Punkten vernünftige Positionen einnehmen würde - nämlich jene der FPÖ," bekräftigte Bleckmann abschließend.

 

 Gusenbauers schulpolitische Reformvorschläge grundsätzlich positiv
Brosz: Ganztagsschule ist kein Allheilmittel
Wien (grüne) - Die Vorstellungen von SPÖ-Vorsitzenden Gusenbauer zur Reform der Schule gehen für den Bildungssprecher der Grünen, Dieter Brosz, in die richtige Richtung. "Die individuelle Förderung insbesondere von lernschwächeren SchülerInnen ist der wichtigste Schlüssel für eine zukunftsorientierte und sozial gerechte Schule. Die Unsinnigkeit, eine Vielzahl von SchülerInnen durchfallen zu lassen, zeigt sich schon daran, dass dieses System nur mehr in Österreich und Deutschland praktiziert wird", so Brosz.

"Wer sich allerdings die SPÖ-Bildungspolitik in Zeiten ihrer Regierungsbeteiligung anschaut, stellt sich die Frage, weshalb kaum etwas von Gusenbauers Vorstellungen damals umgesetzt wurde. Individuelle Förderprogramme hat es in Österreich nie gegeben. Es ist einfach zu wenig, die freiwillige Ganztagsschule immer als Allheilmittel darzustellen. Sie wird von Kindern aus sozial schwächeren Schichten in geringerem Ausmaß besucht werden," so Brosz weiter.

"Klar ist, dass schulpolitische Reformen zu einem Ende des Sparkurses im Bildungssystem führen müssen. Während die Grünen bei ihrem Steuerreformkonzept weniger Steuersenkungen zugunsten notwendiger Zukunftsinvestitionen vor allem im Bildungssystem vorgeschlagen haben wollte die SPÖ größere Steuersenkungen als die Regierung. Gusenbauer ist auch angehalten, seine Finanzierungsvorstellungen offen zu legen," so Brosz.
     
zurück