Pensionsreparatur im Nationalrat   

erstellt am
26. 02. 04

Einmalzahlungen als Ausgleich bei niedrigen Pensionen
Wien (pk) - Die Pensionen und ihre Sicherung standen am Mittwoch (25. 02.) im Mittelpunkt einer ausführlichen Debatte des Nationalrats. Die Tatsache, dass infolge der gleichzeitigen Erhöhung des Beitrags zur Krankenversicherung für viele PensionsbezieherInnen 2004 eine niedrigere Nettopension als im Jahr 2003 anfiel, hatte eine "Reparaturmaßnahme" zur Folge. Zur Debatte standen ein Antrag der Koalitionsfraktionen und ein Antrag der Sozialdemokraten. Der Antrag der Koalitionsparteien wurde - in namentlicher Abstimmung - angenommen.

Als berechtigt bezeichnete Abgeordneter Dr. GUSENBAUER (S) die Empörung unter den PensionistInnen über die Vorgangsweise der Bundesregierung. Diese agiere abgehoben von den wahren Lebensverhältnissen der älteren Menschen, sagte Gusenbauer, und das sei skandalös. Die Teilreparatur der Pensionskürzungen erfolge nach dem gleichen Schema wie bei der Unfallrentenbesteuerung und den Ambulanzgebühren. Zunächst sei geleugnet worden; der Bundeskanzler habe nämlich vor wenigen Wochen zur Kritik gemeint, diese entspreche nicht den Tatsachen, sondern bringe eine falsche Optik. Wenig später habe er behauptet, die Pensionskürzungen seien bewusst geplant gewesen und schließlich mache man einen Rückzieher, indem man Härten abfedern wolle. Aber auch nach dem heutigen Beschluss würden 100.000 Pensionistinnen und Pensionisten einen realen Einkommensverlust hinnehmen müssen und das sei kein ehrlicher Umgang mit dieser Bevölkerungsgruppe.

Laut Gusenbauer betreibt die Bundesregierung eine "konsequente Pensionskürzungspolitik", denn seit ihrem Amtsantritt seien die Pensionen zwar durchschnittlich um 0,8 % angehoben worden, durch den fehlenden Teuerungsausgleich habe es jedoch eine Nettokürzung gegeben. Das Argument, man müsse das Pensionssystem auch in Zukunft finanzieren können, wollte Gusenbauer nicht gelten lassen, da die Bundesregierung hinsichtlich der Ausgaben für Werbung und externe ExpertInnen sehr großzügig sei, während sie sich bei den PensionistInnen "knausrig" zeige. Das halte er für die falsche Prioritätensetzung und zeuge von einer unsozialen Gesinnung. Scharf kritisierte Gusenbauer die Aktion des Kärntner Landeshauptmannes mit den Worten: "Diese Art von Bittstellergesellschaft lehnen wir ab". Insgesamt bewertete der SPÖ-Chef den Umgang der Bundesregierung mit der älteren Generation als "verantwortungslos, herzlos und gefühlskalt" und forderte, "diese Art der Verhöhnung der älteren Generation" zu beenden.


Gusenbauer wies auch auf das Pensionsreformkonzept der SPÖ hin, das seit einem Jahr auf dem Tisch liege und mahnte von der Regierung den Vorschlag zur Harmonisierung der Pensionssysteme ein. Die Regierung scheue aber Pensionsgerechtigkeit "wie der Teufel das Weihwasser", so das Resümee Gusenbauers.

Abgeordnete TURKOVIC-WENDL (V) unterstrich, dass sie als Seniorin am Rednerpult stehe und sie sich seit nun elf Jahren mit dem Thema des Älterwerdens befasst habe. In dieser Zeitspanne ortet sie einen Bewusstseinswandel, da es heute um das Verständnis für ältere Menschen und ihre Bedürfnisse weit besser gestellt sei. Die Tatsache, dass es immer mehr ältere Menschen gebe, bewertete Turkovic-Wendl als eine Herausforderung und auch als eine Genugtuung.

Immer mehr würden das Älterwerden gut erleben können und das sei dem medizinischen Fortschritt zu verdanken, sagte sie. Eine derartige Sicherheit, hochwertige medizinische Leistungen im Bedarfsfall zu erhalten, sei auch eine finanzielle Frage. Sie habe mit vielen gesprochen und wisse daher, dass die älteren Menschen die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge verstanden hätten. Diese Generation hätte es auch gelernt, mit weniger auszukommen. Die Leute seien der Regierung dankbar für die Überlegungen und Maßnahmen zur Absicherung dieses sozialen Systems und wüssten, dass derartig mutige Schritte nicht so leicht seien. Im Gegensatz dazu veranstalte die Opposition "Kriegsgeheul".

Turkovic-Wendl zeichnete dann aus ihrer Sicht das Bild der älteren Generation von heute und strich deren Leistungen in der Familie hervor. Die älteren Menschen packten mit an und sehen diese Leistungen auch als eine Selbstverständlichkeit an. Daher sollte man ihnen auch mehr zutrauen, nämlich auch die Unterscheidungskraft zwischen Vorspiegelung und Realität.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) qualifizierte die Rede von Abgeordneter Turkovic-Wendl als "Grenze dessen, was für viele noch erträglich" sei. Denn die AusgleichszulagenrentnerInnen zum Beispiel würden sich nicht so wohl fühlen wie seine Vorrednerin dies ausgedrückt habe. Bei einer Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrages um 0,5 % und bei einer zusätzlichen Streichung von Medikamenten, die man auf Rezept bekommt, könne man sich ausrechnen, was übrig bleibt, sagte Öllinger. Auch er unterzog die Aktion des Kärntner Landeshauptmannes einer scharfen Kritik und wies diese als "Almosenpolitik" zurück. Dazu komme, dass Landeshauptmann Haider für seine Inserate noch mehr Geld ausgebe als die Aktion gekostet habe.

Öllinger zeigte auch kein Verständnis dafür, dass die nunmehrige Korrektur nicht aus dem allgemeinen Budget, sondern aus den Rücklagen der Sozialversicherung beglichen werde. Damit zahlten sich die Versicherten die Erhöhung selbst. Die Politik der Bundesregierung bezeichnete er als eine "billige Abkassiererei", der keinerlei Leistungen gegenüber stünden.

Abgeordneter DOLINSCHEK (F) verteidigte demgegenüber die Vorgangsweise des Kärntner Landeshauptmannes mit den Worten: "Wer schnell hilft, hilft doppelt". Er unterstrich auch, dass in der Zweiten Republik ein Fehler kaum so schnell korrigiert worden sei und er es als keine Schande ansehe, Fehler zuzugeben.

Dolinschek setzte sich dann mit dem Antrag der SPÖ auseinander, der eine allgemeine Pensionsanpassung um 0,8 % vorsieht, was für ihn bedeute, die SPÖ setze sich für jene mit höheren Pensionen ein. Das verstehe er, Dolinschek, nicht unter Solidarität. Der freiheitliche Sozialsprecher erinnerte auch an die Pensionskürzungen der SPÖ-dominierten Regierungen und unterzog den Pensionistenbrief von Landeshauptmannstellvertreter Ambrozy einer scharfen Kritik. Ebenso fragte er, warum man beispielsweise in Wien nicht schon längst die Systeme harmonisiert habe. Auch in Kärnten hätte die SPÖ entsprechende Initiativen der FPÖ immer wieder abgelehnt.

Abschließend skizzierte Dolinschek die Pläne der Bundesregierung hinsichtlich der Valorisierung des Pflegegeldes und der Verbilligung von Medikamenten sowie der Abschläge bei Rezeptgebühren für Generika. In Kärnten werde darüber hinaus auch der Pflegescheck propagiert, berichtete Dolinschek und betonte, dass es der Regierung um gerechte Lösungen gehe. Ihr seien alle Generationen gleich wichtig, sagte er und zeigte sich überzeugt davon, dass die Harmonisierung der Pensionssysteme noch in diesem Jahr beschlossen werde.

Bundesminister Mag. HAUPT wollte es nicht als einen Erfolg, sondern als eine Selbstverständlichkeit sehen, einen Fehler zu korrigieren. Der höhere Krankenversicherungsbeitrag für kleinere PensionistInnen sei eine unverantwortbare Belastung gewesen, so Haupt. Gleichzeitig rechtfertigte er die Maßnahmen der Regierung zur Finanzierbarkeit der medizinischen Versorgung und zitierte ein Schreiben der Wiener Gebietskrankenkassa, worin diese anhand konkreter Zahlen die missliche Situation der Krankenversicherung darlegt.

Auch er kritisierte den Pensionistenbrief von LH-Stellvertreter Ambrozy, in dem dieser Wahlversprechungen abgebe, die falsch seien und damit Verunsicherung betreibe. Dieser Brief erinnere an den Brief des ehemaligen Bundeskanzlers Vranitzky, dem dann eine Pensionskürzung und die höchste Belastung der PensionistInnen gefolgt seien. Haupt machte auch deutlich, dass es bereits seit der Mitte der fünfziger Jahre Selbstbehalte gebe und die Regierung Vranitzky zahlreiche Selbstbehalte neu eingeführt habe. Der Sozialminister wandte sich auch gegen den von SPÖ und Grünen verlangten Solidaritätsbeitrag für PensionistInnen mit höheren Einkommen. Dagegen trete er, Haupt, grundsätzlich gegen das Ausspielen der Generationen und gegen Verunsicherung auf. Haupt widersprach auch Abgeordnetem Öllinger und stellte fest, dass die Zahlungen an die PensionistInnen aus dem Bundesbudget erfolgten. Er verteidigte ebenfalls die Vorgangsweise des Kärntner Landeshauptmannes und sprach sich für die Beibehaltung der Härtefonds aus, da man dadurch rasch und unbürokratisch Hilfe leisten könne.
     
Abgeordnete Mag. TRUNK (S) meinte, auch nach dieser "oberflächlichen Reparatur" würden die Pensionistinnen und Pensionisten weiterhin auf einen echten Ausgleich warten müssen, das Konzept der Regierung sei nichts anderes als ein Almosen. Die Sozialdemokraten hingegen stünden für ein gerechtes Modell und würden dieses auch durch ein eigenes Volksbegehren entsprechend propagieren. Die Rednerin zeichnete ein düsteres Bild der sozialen Realität in Österreich und forderte die Regierungsparteien auf, endlich eine Sozialpolitik im Dienste der Menschen zu machen.

Abgeordneter Mag. TANCSITS (V) sagte, wenn den Sozialdemokraten die Pensionserhöhung so wichtig sei wie sie behaupteten, dann bräuchten sie dafür kein Volksbegehren, es würde genügen, den Vorschlägen der Regierung zuzustimmen, welche die richtige Antwort auf die Frage nach einem gerechten sozialen Ausgleich seien. Die Zahl der Ausgleichszulagenbezieher sei geringer geworden, obwohl die Gesamtzahl der Pensionisten zugenommen habe. Das sei soziale Pensionspolitik, so Tancsits, der ankündigte, die Regierung werde diesen richtigen Kurs weiter fortsetzen.

Abgeordnete SBURNY (G) beklagte hingegen, dass eine "Einmalzahlung" strukturell nichts verändere. Die niedrigen Pensionen würden weiter benachteiligt und die Lücke zwischen Niedrigst- und Höchstpensionen weiter auseinanderklaffen. Mit dieser "Einmalzahlung" werde die soziale Ungerechtigkeit bei den Pensionen lediglich kaschiert. Vor allem sozial benachteiligte Gruppen wären die Leidtragenden dieser Entwicklung, betonte die Rednerin, und die Gesetze dieser Regierung erzeugten vor diesem Hintergrund nachhaltige Unsicherheit in den betroffenen Bevölkerungsschichten, zumal diese durch die Pensionsreform massive Einkommensverluste werden hinnehmen müssen. Die Vorgangsweise der Regierung sei "politisch letztklassig".

Abgeordneter WALCH (F) kritisierte vermeintliche Privilegien von "Pensionskaisern", vor deren Hintergrund das Agieren der SPÖ unglaubwürdig sei, hätte diese es doch durch 30 Jahre hindurch verabsäumt, etwas für die Bezieher kleiner Pensionen zu tun. Die Regierungsparteien hingegen setzten die richtigen Schritte im Interesse der Bevölkerung. Die Sozialdemokraten sollten sich diesen Schritten anschließen und eine Abkehr von ihren Fehlern der Vergangenheit vollziehen, so Walch.

Bundeskanzler Dr. SCHÜSSEL erklärte eingangs, die Durchschnittslöhne seien seit 1999 um 9 Prozent gestiegen, die Pensionen im selben Zeitraum um 8 Prozent, und dies sei eine sehr vernünftige Relation. Die Fakten zeigten mithin ein positives Bild, von "Pensionsraub" könne keine Rede sein. In der Zeit seiner Regierungsverantwortung habe es deutlich höhere Steigerungen bei den Pensionen gegeben als in der Zeit der sozialdemokratischen Regierungschefs, diese Zahlen sprächen also für sich. Seine Regierung sorge dafür, dass in diesem Land niemand alleingelassen werde, sagte der Kanzler, der in diesem Zusammenhang auch auf den beachtlichen medizinischen Fortschritt verwies, von dem die Bevölkerung in besonderem Ausmaß profitiere. Dafür könne ein kleiner Beitrag als adäquat angesehen werden, als Solidarbeitrag für eine umfassende Gesundheitsversorgung. Seine Regierung könne daher mit einer positiven Leistungsbilanz vor die österreichische Bevölkerung treten, zeigte sich Schüssel überzeugt.

Abgeordnete SCHARER (S) verwies in Bezug auf die Ausführungen des Abgeordneten Walch auf führende Regierungspolitiker, die weit höhere Pensionen beziehen werden als jene, die zuvor genannt worden seien. Die Politik der Regierung in Bezug auf die Pensionen sei "demütigend" und daher abzulehnen. Ein Minus von 10 Euro sei für viele eine Frage von existentieller Bedeutung, was nicht auf die leichte Schulter genommen werden dürfe. Hier werde eine unsolidarische Politik betrieben, die Menschen zu "Bittstellern und Almosenempfängern" mache. So würden die Pensionisten nur "gepflanzt".

Abgeordneter Mag. MOLTERER (V) bezeichnete es als der Sache nicht dienlich, in dieser Frage mit reiner Polemik zu agieren. Auch tauge dieses Thema nicht zum Führen von Landtagswahlkämpfen. Vielmehr müsse man sich sachlich mit diesem Themenkomplex auseinandersetzen. Es gelte, die Zukunft des Pensionssystem auch für die jüngeren Menschen dauerhaft zu sichern, weshalb eine Pensionssicherungsreform und eine nachhaltige Harmonisierung des Systems unausweichlich seien. Nur so könne die erste Säule des Pensionssystems stark erhalten werden. Die Regierung habe hier wichtige sozialpolitische Erfolge erzielt und werde auch weiterhin richtungweisend agieren. Und dazu gehöre eben auch ein verstärktes Augenmerk auf die Eigenvorsorge, alles andere wäre nicht verantwortungsvoll. Die Opposition solle dies anerkennen.

Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) meinte, es sei wesentlich, sich auch das Pensionsvolumen an sich anzusehen. So bezögen die obersten zwei Prozent der Pensionsbezieher rund 10 Prozent, die untersten 30 Prozent hingegen lediglich 7 Prozent des Pensionsvolumens. Dieser Umstand sei bis dato immer noch nicht thematisiert worden. Die Regierung habe hier keine Erfolge vorzuweisen und viele notwendige Maßnahmen verabsäumt. Die Benotung der Sozialpolitik der Regierung könne kaum positiv ausfallen. Auch die so genannte Pensionssicherungsreform werden die behaupteten Effekte nicht erzielen, prophezeite die Rednerin. Die Regierung verteile von unten nach oben um, und dies sei entschieden der falsche Weg.

Abgeordneter DI SCHEUCH (F) sagte, es sei gerade seine Partei gewesen, die dafür eingetreten sei, mit den Pensionsprivilegien Schluss zu machen und hier für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Der Redner würdigte die Bemühungen der Mütter und Väter in Österreich und meinte, man sollte gemeinsam dafür sorgen, dass die ältere Generation ein entsprechendes Auskommen finden könne. Die Regierungsparteien setzten die richtigen Schritte, in Kärnten habe der Landeshauptmann schnell reagiert, und man werde auch weiterhin dafür sorgen, dass die Pensionen gesichert sind.

Abgeordnete SILHAVY (S) warf der Regierung vor, mit ihrer "Almosenpolitik" die Menschenwürde zu verletzen. Die SPÖ weise eine solche Politik aufs Schärfste zurück, bekräftigte sie. Der vorliegende Antrag der Koalitionsparteien zielt ihr zufolge außerdem nicht auf eine Pensionserhöhung ab, vielmehr würden die Menschen mit einer Einmalzahlung "abgespeist". "Das ist keine gerechte und faire Politik." Für Silhavy ist es darüber hinaus ein Faktum, dass sich Pensionistinnen und Pensionisten seit dem Jahr 2000 immer weniger leisten können.

In einer tatsächlichen Berichtigung wies SPÖ-Chef Dr. GUSENBAUER die Darstellung von Abgeordnetem Walch zurück, wonach die FPÖ 1997 einen Antrag auf Abschaffung der Politikerpensionen gestellt habe und erinnerte an die Ablehnung des letztlich beschlossenen Gesetzes durch die FPÖ.

Abgeordneter DONABAUER (V) räumte ein, dass laut Sozialbericht neben Familien mit mehreren Kindern, allein erziehenden Frauen, Langzeitarbeitslosen und Zuwanderern auch eine kleine Gruppe von Pensionsbeziehern von Armut bedroht sei, machte aber geltend, dass gerade in den letzten Jahren die Ausgleichszulage für Bezieher von Kleinstpensionen um 21 % angehoben wurde. Er verteidigte außerdem die Anhebung der Krankenversicherungsbeiträge für Pensionisten und betonte, damit würde das Krankenversicherungssystem für alle Österreicherinnen und Österreicher gesichert. Donabauer gab zu bedenken, dass der Deckungsgrad bei den Krankenversicherungs-Beiträgen der Pensionisten unter 40 % liege.

Der vorsitzführende Zweite Nationalratspräsident Dr. FISCHER erteilte Abgeordneter Trunk (S) für den Ausdruck "unverschämter Pokerspieler" in Richtung Bundeskanzler Schüssel nachträglich einen Ordnungsruf.

Abgeordnete Dr. LICHTENBERGER (G) hielt fest, die Pensionistinnen und Pensionisten "seien wirklich aufgebracht". Noch nie hätten sie so viele PensionistInnen angesprochen wie in den letzten Monaten und dabei ihre Wut und ihren Zorn gegenüber der Regierungspolitik artikuliert, skizzierte sie.

Heftige Kritik übte Lichtenberger auch an jenen Bestimmungen des VP-FP-Antrages, die eine Datenvernetzung zwischen der als Krankenscheinersatz vorgesehenen E-Card und der Bürgerkarte erlauben. "Das ist der Weg zum totalen Überwachungsstaat", prophezeite sie, überdies sieht sie den Datenschutzrat in dieser Frage völlig ausgeschaltet.

Abgeordnete ROSSMANN (F) erklärte in Richtung SPÖ-Chef Gusenbauer, eine Beschränkung der Politikerbezüge sei 1997 nur deswegen beschlossen worden, weil der Druck der Freiheitlichen so stark geworden war. Die FPÖ habe der Regelung damals nur deswegen nicht zugestimmt, weil ihr die Maßnahmen zu wenig weit gegangen seien. Zur Kritik von Abgeordneter Silhavy an der Vertagung eines SPÖ-Antrags zur Einführung eines bundeseinheitlichen Heizkostenzuschusses merkte Rossmann an, in Kärnten sei der Heizkostenzuschuss für das heurige Jahr in der Höhe von 72 € bereits ausbezahlt worden.

Abgeordneter NÜRNBERGER (S) zeigte sich davon überzeugt, dass ÖVP und FPÖ bei den kommenden Landtagswahlen am 7. März die Rechnung für ihre Politik präsentiert bekommen. Die Koalitionsparteien werden seiner Meinung nach überdies überrascht sein, wie viele Menschen das Pensionsvolksbegehren unterschreiben werden. In Richtung Abgeordnetem Scheuch sagte Nürnberger, Mütter hätten es sich, wenn sie alt werden, nicht verdient, als Bittsteller zum Landeshauptmann pilgern zu müssen, um ein paar Euro Almosen zu bekommen.

Abgeordneter Dr. TRINKL (V) verwahrte sich gegen den von der Opposition gebrauchten Ausdruck "Pensionsraub" und machte geltend, dass sowohl die Pensionserhöhung 2003 als auch die Pensionserhöhung 2004 über der Inflationsrate gelegen seien. Durch die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge sei es 2004 bei kleinen Pensionen allerdings zu Differenzen gekommen, skizzierte er, die jetzt aber, weil die Regierung die Frage der sozialen Sicherheit ernst nehme, ausgeglichen würden. "Kein Pensionist wird einen Nachteil haben", versicherte Trinkl, auch nicht die Mutter von SPÖ-Chef Gusenbauer. Zum Pensionsvolksbegehren sagte er, das, was die SPÖ mache, sei "Pensionisten-Pflanzerei".

Abgeordneter KECK (S) stellte fest, die Koalition habe in Bezug auf die Pensionseinbußen erst in Folge des Drucks der Opposition und der Öffentlichkeit "zurückgerudert". Seiner Meinung nach haben ÖVP und FPÖ aber nach wie vor nichts für PensionistInnen über. Einen Beleg dafür sieht er in den jüngsten Aussagen von ÖVP-Abgeordneter Fuhrmann, die Keck als "abgehoben und weltfremd" qualifizierte. Er präsentierte in diesem Zusammenhang vom Rednerpult aus eine dick mit Wurst gefüllte "Luxus-Wurstsemmel" um 3,33 € und eine mit wenig Wurst gefüllte Wurstsemmel, die sich, so Keck, PensionistInnen leisten könnten - "und das auch nicht jeden Tag".

FPÖ-Klubobmann SCHEIBNER zitierte aus einem Brief der Wiener Gebietskrankenkassa vom Oktober 2001, wonach in Zukunft hinsichtlich der von Pensionisten in Anspruch genommenen Leistungen aus der Krankenversicherung und der eingezahlten Beiträge ein Deckungsgrad von wenigstens 50 % anzustreben sei. Derzeit liege dieser Deckungsgrad bei 38 %, konstatierte er.

Zur tatsächlichen Berichtigung von SPÖ-Chef Gusenbauer erklärte Scheibner, den Freiheitlichen vorzuwerfen, sie hätten gegen die Abschaffung der Politikerpensionen gestimmt, sei unverschämt. Er verwies auf mindestens vier Anträge der FPÖ aus den Jahren 1996 und 1997, die auf eine gänzliche Abschaffung aller Pensionsprivilegien für Politiker abgezielt hätten.
     
Abgeordnete CSÖRGITS (S) wies Vorwürfe zurück, wonach die SPÖ mit ihrer Politik Angst in der Bevölkerung verbreite. Sie sieht es als legitimes Recht, Menschen auf bestehende Sachverhalte aufmerksam zu machen. Für Csörgits ist es überdies Tatsache, dass PensionistInnen vor den Wahlen im Mittelpunkt gestanden seien, und nunmehr vielfach den Eindruck hätten, an sie würde überhaupt nicht mehr gedacht.

Abgeordneter WÖGINGER (V) erläuterte, der Eindruck, es gebe Pensionskürzungen, sei dadurch entstanden, dass der im Jahr 2003 gezahlte Wertausgleich in mehreren Monatsraten überwiesen wurde. Vergleiche man die Pensionszahlungen vom Dezember 2003 mit Jänner 2004, gebe es für Pensionen bis 780 € ein Plus und kein Minus, umriss er. Die nunmehr vorgesehene Einmalzahlung wertete Wöginger als Akt der Fairness und Solidarität unter den Generationen. Seiner Auffassung nach hat die SPÖ die Debatte bewusst geschürt, um "Angst und Schrecken" in der älteren Generation zu verbreiten.

Abgeordneter SPINDELBERGER (S) befasste sich mit jenen Bestimmungen des VP-FP-Antrages, die eine Übertragung der Daten von der E-Card auf die Bürgerkarte und umgekehrt zulassen. Er qualifizierte es als "verspäteten Faschingsscherz" Änderungen mit einem so brisanten Inhalt nicht einmal einer Begutachtung zu unterziehen und überdies den Versuch zu unternehmen, den Datenschutzrat auszuschalten.

Abgeordnete GRANDER (V) wies darauf hin, dass es beim vorliegenden Thema nicht zuletzt um die Sicherung eines qualitativ hochwertigen Gesundheitssystems für alle gehe. Es sei für die ältere Generation von großer Bedeutung, dass sie auch in Zukunft die Wahlfreiheit habe, wichtige Operationen durchführen zu lassen oder nicht, betonte sie. Alte Menschen dürften nicht zu Bittstellern werden.

Abgeordneter RIEPL (S) meinte, es sei kein Zufall, sondern volle Absicht der Regierung, dass Kranke Ambulanzgebühren zahlen sollten, Unfallrenten gekürzt würden, künftige Pensionen beschnitten werden und nunmehr auch in bestehende Pensionen eingegriffen worden sei. Daran ändert seiner Ansicht nach auch die Einmalzahlung für Bezieher kleiner Pensionen nichts. Massive Kritik übte Riepl überdies an der Verzögerung der Pensionsharmonisierung und verwies auf von der SPÖ und von der Gewerkschaft ausgearbeitete Modelle.

Abgeordnete RIENER (V) ging auf die mögliche Kombination der E-Card der Sozialversicherungsträger mit der Bürgerkarte ein und unterstrich, die harmonisierte Lösung habe mehrere Vorteile. Unter anderem verwies sie auf die Abschaffung der Krankenscheine. Zu etwaigen Sicherheitsbedenken merkte Riener an, jene, die beispielsweise die Möglichkeit von Telebanking nutzten, würden auch auf die bestehenden Sicherheitsstandards vertrauen. Ein von ihr eingebrachter Abänderungsantrag der Koalitionsparteien zum VP-FP-Antrag soll die weitere Einbindung des Datenschutzrates sicherstellen.

Auch wenn nun der Datenschutzrat in Zukunft ein Anhörungsrecht bekommen soll, so sei es doch unbestritten, dass dieses Gremium parteipolitisch "zurechtgerichtet" wurde, bemängelte Abgeordneter ÖLLINGER (G). Faktum sei zudem, dass nun die Sozialversicherten mit ihren Beiträgen die Bürgerkarte bezahlen müssen. Außerdem seien viele datenrechtliche Probleme völlig ungeklärt. Was seine Wortmeldung bei der Pensionsdebatte angeht, so wollte er mit dem Beispiel seiner Mutter nur zum Ausdruck bringen, was es heiße, wenn man sich genau überlegen muss, ob man sich die notwendigen Medikamente außerhalb des Kassenkatalogs noch leisten kann.

Abgeordneter RÄDLER (V) warf den Sozialdemokraten Reformunwilligkeit vor. Die Bundesregierung habe ihre Verantwortung für das Land jedoch ernst genommen und wichtige Maßnahmen, wie z.B. die Abfertigung Neu, das Kinderbetreuungsgeld, die Gleichstellung von Arbeiter und Angestellten, gesetzt.

Bei der namentlichen Abstimmung wurde das Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2004 in der Fassung eines V-F-Abänderungsantrages mit 95 Ja-Stimmen zu 82-Nein-Stimmen (abgegebene Stimmen 177) angenommen.
     
zurück