Politische und finanzielle Prioritäten für das Jahr 2005
Brüssel (eu-int) - Mit der am Mittwoch (25. 02.) verabschiedeten
Jährliche Strategieplanung ("Annual Policy Strategy", kurz APS) gibt die Kommission die politischen
Prioritäten für 2005 vor. Die APS dient als Leitlinie für die Festlegung des Legislativprogramms
der Kommission sowie die Zuweisung der entsprechenden Ressourcen. Absolute Vorrangstellung nimmt die Integration
der neuen Mitgliedstaaten ein. Auf politischer Ebene will die Kommission dafür sorgen, dass in einer EU mit
25 Mitgliedern und 450 Millionen Bürgern Wettbewerbsfähigkeit und Kohäsion gefördert und Sicherheit
und europäische Bürgerschaft für eine immer größere Zahl zunehmend mobiler Bürger
gewährleistet werden können, und dass die Union außerdem in die Lage versetzt wird, im Außenbereich
mehr und mehr Verantwortung zu übernehmen.
Präsident Prodi stellte die politischen Aspekte vor: "Unsere politischen Prioritäten für 2005
stellen eine kohärente Fortschreibung der Aktivitäten der EU in den vergangenen Jahren dar und stehen
voll in Einklang mit der Planung, die von der Kommission im Zuge der nächsten Finanziellen Vorausschau vorgelegt
und von den Mitgliedstaaten befürwortet wurde."
Haushaltskommissarin Michaele Schreyer fügte hinzu: "2005 ist das zweite Haushaltsjahr für die EU
mit 25 Mitgliedstaaten. Den Bezugsrahmen gibt die Finanzielle Vorausschau vor, die durch einvernehmlichen Beschluss
des Rates, des Parlaments und der Kommission angepasst wurde, um den Auswirkungen der Erweiterung Rechnung zu tragen.
Die Ausgabenobergrenze für 2005 wird darin auf 119,4 Mrd. € an Verpflichtungsermächtigungen(1) und 114
Mrd. € an Zahlungsermächtigungen(2) festgelegt und lässt damit nur wenig Handlungsspielraum. Die Mittelansätze
des Haushaltsplans 2005 werden diese Obergrenze fast völlig ausschöpfen, damit die Union allen insbesondere
den ihr aus den Beitrittsverträgen erwachsenden - finanziellen Verpflichtungen nachkommen kann.
Der Strategiebeschluss für das Jahr 2005 stellt insofern einen Sonderfall dar, als damit von der derzeit amtierenden
Kommission die für die nächstfolgende Kommission bindenden Rahmenbedingungen festgelegt werden. Dieser
Beschluss soll die erforderliche Kohärenz bei der Prioritätensetzung auch im Geltungszeitraum der neuen
Finanziellen Vorausschau, also in den Jahren nach 2006, gewährleisten.
Absolutes Schwerpunktziel für 2005 ist es, die Erweiterung erfolgreich zu vollziehen und die Zukunft Europas
vorzuzeichnen. 2005 wird ein Schlüsseljahr für Verhandlungen jeder Art sein: über die nächste
Finanzielle Vorausschau, über neue Programme, wie beispielsweise auf dem Gebiet der Strukturpolitik, der allgemeinen
und beruflichen Bildung usw. und nicht zuletzt über die Ratifizierung des neuen Vertrags.
Die Arbeiten der Kommission im Jahr 2005 orientieren sich maßgeblich an folgenden drei Prioritäten:
Wettbewerbsfähigkeit und Kohäsion
Zur Förderung des Wachstums wird die Kommission besonderes Gewicht auf die Maßnahmen im Industrie- und
Forschungssektor, die verstärkte Nutzung des Binnenmarktpotentials und die Unterstützung der benachteiligten
Regionen bei der Aufholung ihrer Entwicklungsrückstände legen. Ebenfalls von grundlegender Bedeutung
sind Initiativen zur Gewährleistung einer Wirtschaftspolitischen Governance , fortgeschrittene Projekte für
transeuropäische Netze im Rahmen der Wachstumsinitiative, eine neue sozialpolitische Agenda für die Zeit
nach 2006 sowie staatliche Beihilfen. Auf legislativer Ebene wird gezielt auf den Erlass der Richtlinie für
den Dienstleistungsbereich hingewirkt werden; des weiteren sind Vorschläge für Rechtsakte zu folgenden
Themen geplant: Finanzdienste, Unternehmensbesteuerung, öffentliche Auftragsvergabe im Verteidigungssektor,
Flugverkehrsmanagement sowie Weiterentwicklung des europäischen Forschungsraums.
Sicherheit und europäische Staatsbürgerschaft
Die erweiterte Union macht neue Anstrengungen zur Gewährleistung einer freien und sicheren Mobilität
ihrer Bürger erforderlich: sie muss für die Sicherung von 6.000 km Landgrenzen und 85.000 km Seegrenzen
nach außen sorgen. Die Bürger erwarten aber auch Schutz vor Naturkatastrophen und Epidemien. Die geplanten
Maßnahmen umfassen die Schaffung eines gemeinsamen Asylsystems und einer einheitlichen Visapolitik, die Einrichtung
einer europäischen Polizeiakademie, Aktionen zum Umweltschutz auf See, Rückbau von Kernanlagen, Sicherheitsforschung
sowie Förderung der Presse- und Informationspolitik.
Verantwortlichkeit im Außenbereich sowie Nachbarschaftsdimension
Die EU beteiligt sich mit einem Finanzbeitrag in Höhe von rund 200 Mio. € an den Wiederaufbauarbeiten im Irak.
Die Kommission wird vorschlagen, einen Teil davon Inanspruchnahme des sog. "Flexibilitätsinstruments"
aufzubringen, das eine Überschreitung der Obergrenzen der Finanziellen Vorausschau im Falle gravierender unvorhergesehener
Ereignisse ermöglicht. Außerdem sollen derzeit laufende Verhandlungen über neue oder die Verlängerung
bestehender internationaler Fischereiabkommen zum Abschluss gebracht werden.
Finanzierungsmittel
2005 steht im Zeichen schwieriger Haushaltszwänge, da die bei den verschiedenen Rubriken der Finanziellen
Vorausschau veranschlagten Mittel im Zuge der jährlichen Anpassung an die Preisentwicklung deutlich beschnitten
wurden, was zur Folge hat, dass für 2005 ein echter Sparhaushalt aufgestellt werden muss. Die jeweiligen Gesamtobergrenzen
für die Verpflichtungs- und Zahlungsermächtigungen des Haushaltsplans 2005 wurden auf 119,4 Mrd. € bzw.
114 Mrd. € festgesetzt.
Diese Werte darf der Haushaltsvorentwurf, den die Kommission am 28. April vorzulegen beabsichtigt, keinesfalls
überschreiten.
Humanressourcen
Die Kommission hat in den vergangenen Jahren bereits erweiterungsbedingten Personalbedarf angemeldet: für
ihre Tätigkeiten im Rahmen einer Union mit 25 Mitgliedstaaten bis 2008 benötigt sie mindestens 3.900
zusätzliche Beamte und Bedienstete. Im Anschluss an eine erste, für 2004 bewilligte Tranche ist 2005
eine neuerliche Aufstockung erforderlich. Angesichts der vorstehend erwähnten Haushaltszwänge werden
die Personalanforderungen allerdings zunächst auf 700 Planstellen, vorwiegend für Staatsangehörige
der Beitrittsländer, beschränkt. Davon entfällt annähernd die Hälfte auf den Sprachendienst.
Daneben wird die Kommission mit ihren internen Personalumsetzungen fortfahren, um den politischen Prioritäten
besser gerecht werden zu können. Insgesamt sollen rund 1270 Planstellen für den Einsatz in Prioritätsbereichen
zur Verfügung gestellt werden, darunter die 700 neuangeforderten Stellen für erweiterungsbedingte Aufgaben.
Hintergrund
Der strategische Planungsprozess existiert seit nunmehr vier Jahren. Er ist Teil eines groß angelegten Konzepts
zur Festsetzung politischer Prioritäten, zur Identifizierung der zu ihrer Umsetzung erforderlichen Maßnahmen
und Initiativen und zur Vorgabe von Finanzierungsleitlinien. Es handelt sich dabei um ein wichtiges Management-
und Programmplanungsinstrument, das im Zuge der Kommissionsreform geschaffen wurde, um ein ausgewogeneres Verhältnis
von Prioritäten und Ressourcen herbeizuführen.
In Anbetracht der besonderen Umstände wurde für das Haushaltsjahr 2004 bereits im Vorfeld des eigentlichen
Planungszyklus sowie des Legislativ- und Arbeitsprogramms ein Dialog zwischen EP und Rat über die Bewältigung
der prioritären Aufgabenstellungen anberaumt. Der gesamte Prozess endet mit der Vorlage der jährlichen
Tätigkeitsberichte der GDs.
Die Kommission hat als erste der drei großen Gemeinschaftsinstitutionen ihre Prioritäten dargelegt.
Auf der Tagung "Wirtschaft und Finanzen" am 9. März wird dann der Rat entsprechende Leitlinien präsentieren,
und das Parlament beabsichtigt in seiner Plenarsitzung Ende März über seine spezifische Prioritätensetzung
abstimmen. |