Älteste Grazerin lässt viele Jüngere alt aussehen  

erstellt am
26. 02. 04

106-Jährige ließ bei Gratulationen der Stadt ihren Humor richtig sprühen
Graz (stadt) - Als der Erste Weltkrieg ausbrach, war sie bereits 16 Jahre alt. Das Ende des Zweiten Weltkrieges, an den sie sich ebenfalls noch mit Schrecken erinnert, erlebte sie als 47-Jährige mit. Und als alle Welt den Übergang in ein neues Jahrtausend feierte, hatte sie selbst schon mehr als ein Jahrhundert hinter sich und fasste den Entschluss, ihre eigene Wohnung aufzugeben: In erstaunlicher körperlicher und geistiger Frische feierte die älteste lebende Grazerin, Hermina Dunz, im Seniorenzentrum der Stadt Graz in der Theodor-Körner-Straße 67 ihren 106. Geburtstag. Den höchsten Vertretern der Stadt Graz, die sich am Mittwoch (25. 02.), einen Tag nach ihrem Wiegenfest, als Gratulanten einstellten, lieferte die jung gebliebene Frau mehr als nur eine Kostprobe ihres sprühenden Humors.

Geheimnis
"Ich lade jeden Einzelnen von euch Herren ein, mit mir zu leben, dann werden Sie ja sehen, wie man 106 Jahre alt wird", gab Hermina Dunz heute schlagfertig zur Antwort, als sie von Bürgermeister Mag. Siegfried Nagl, der heute in Begleitung seines Stellvertreters Walter Ferk die Glückwünsche der Stadt Graz überbrachte, nach dem Geheimnis für ihr hohes Alter befragt wurde. Aber einige Details verriet sie dann doch: "Anständig leben, nicht über die Stränge schlagen - und weniger dem anderen Geschlecht nachschauen", gab die 106-Jährige den Stadtobersten als Rat mit auf den Weg. Ein Rollwagerl, das ihr vom Personal des Seniorenzentrums hin und wieder zur leichteren Fortbewegung angeboten wird, lehnte sie für heute wieder ab - und ihren Stock schwang sie in der Luft, "falls ihr nicht pariert", wie sie Nagl und Ferk lachend androhte.

Nein zu Medikamenten
Vom Bürgermeister zu ihrer Einstellung nach Medikamenten befragt, ließ die am 24. Februar 1898 in der nunmehrigen kroatischen Hauptstadt Zagreb Geborene ein deutliches "Gehen S', hören S' auf!" vernehmen: "Das ist ja alles Gift", das von den Ärzten nur deshalb in kleinen Dosen verabreicht würde, "weil man ja einen Menschen nicht auf einmal umbringen darf!" Obwohl sie auch den Grundsatz verlautbarte, dass man "einem Politiker nichts glauben darf", nahm sie Nagls ehrliches Kompliment, sie sei erstaunlich fit und wirke um viele Jahre jünger, gerne an: "Ich fühle mich sehr geschmeichelt!" Der Bürgermeister und sein Stellvertreter waren übrigens mit Blumen, die sie sehr liebt, und einer Goldmünze als Geschenk angetreten. Nagl versprach Hermina Dunz, im nächsten Jahr wieder zu kommen, was sie mit einem weiteren launigen Kommentar versah: "Was heißt das - ein ganzes Jahr lang soll ich jetzt warten?" Kein Wunder, dass sich der Bürgermeister zum Abschluss des Besuches bei der ältesten lebenden Grazerin vor allem eines wünschte: "Wenn ich einmal 106 Jahre alt werde, dann will ich auch geistig so gut beisammen sein wie Sie!"

"Kleiner Bruder" mit 94
Hermina Dunz war das älteste von sechs Geschwistern. Außer ihr lebt nur noch der Jüngste von allen, ihr mittlerweile 94 Jahre alter Bruder Wilfried, "ein echter Spitzbub", wie ihn die "große Schwester" heute liebevoll beschrieb. Er komme sie noch sehr oft aus dem Pensionistenheim Rosenhain, wo er lebt, besuchen, freute sich die einstige Kindergärtnerin, die viele Jahre als Kinderbetreuerin in Ungarn, Italien und der damaligen Tschechoslowakei unterwegs gewesen war. Bei seinem Gratulationsbesuch entging der 94-Jährige aber nur knapp dem Rauswurf: "Er hat mir Geld schenken wollen - da hab' ich gesagt, er soll gleich wieder gehen!" Erst als Wilfried den schnöden Mammon wieder einpackte, durfte er bleiben. Als Geburtstagsessen wünschte sich die Frau übrigens "eine echte Rindsuppe", danach ein Kalbsschnitzerl mit Gemüse und als Nachspeise "etwas Saftiges" - es wurde ein Obststrudel.

Schön herausgeputzt
Das schwarze Kleid, mit dem sich Hermina Dunz heute für den hohen Besuch des Bürgermeisters und dessen Stellvertreters schön machte, hatte sie selbst angefertigt. Auch den Friseur hatte sie kommen lassen. Rotwein zählt übrigens nicht zu den Vorlieben der ältesten Grazerin: "Ich trinke lieber ein Bier oder ab und zu einen kleinen Schluck reschen Weißwein!" Seit dem Tod ihres Mannes, der 1965 nach 22 Jahren glücklicher Ehe gestorben war, hatte sie sich nie mehr gebunden: "Ich hab' keinen Mann mehr gebraucht!" Detail am Rande: Den Entschluss, ihre Wohnung in der Bergmanngasse zu verlassen und ins Seniorenzentrum zu übersiedeln, fasste Hermina Dunz im "zarten Alter" von 101 Jahren. Bis dahin hatte sie noch den gesamten Haushalt in Eigenregie im Griff gehabt. Die Augen spielen in jüngster Zeit nicht mehr ganz mit, und Kniebeugen kennt sie mittlerweile von jener Seite, "dass sich meine Knie schon von selbst beugen", wie sie mit ihrem unerschütterlichen Humor erzählte. Aber geistig stellt sie viel Jüngere in den Schatten. Und das wohl noch für einige Zeit, denn, wie sie selbst sagt: "Unkraut verdirbt nicht!"
     
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