infineon zeigt als erstes Unternehmen Carbon-Nanotubes-Transistoren für Leistungsanwendungen
Villach (infineon) - Ein Forschungsteam der Infineon Technologies AG konnte jetzt erstmals beweisen,
dass winzigste Kohlenstoffröhrchen (Carbon Nanotubes) nicht nur eine interessante Alternative für die
Silizium-Integration oder die Chip-Metallisierung sind, sondern auch die Basis für Leistungsbauelemente sein
können. Die jetzt erzielten Arbeiten wurden an einem Testchip durchgeführt, bei dem die Nanotubes mit
dem gängigen Verfahren der chemischen Abscheidung aus der Dampfphase (CVD) hergestellt wurden. Der Leistungstransistor-Prototyp
kann kleine Motoren und auch LEDs steuern. Sämtliche Prozessparameter wie Temperatur und verwendete Materialien
sind mit herkömmlichen Prozessen in der Halbleiterherstellung vereinbar. Der Vorgang des Aufwachsens der Carbon-Nanotubes
dauert dabei nur wenige Minuten. Bereits Mitte 2002 hatten Forscher von Infineon auf sich aufmerksam gemacht, als
sie erstmals Carbon-Nanotubes gezielt an vordefinierten Stellen auf Silizium-Wafern aufwachsen ließen.
Leistungs-Halbleiter wie Power-MOSFETs treiben elektronische Lasten in zahlreichen Anwendungen wie Motoren oder
Steuerungen. Entscheidendes Kriterium ist dabei, dass die Leistungsschalter selbst möglichst wenig Verlustleistung
aufweisen, obwohl sie hohe Spannungen bzw. Ströme schalten. Die wichtigsten Kennwerte für Leistungstransistoren
sind daher der Schaltwiderstand und die Stromdichte. Moderne MOSFETs wie die CoolMOS-Produkte von Infineon erreichen
Schaltwiderstände von 20m? /mm2 und Stromdichten von 2000 A/cm2. Die hohe Leit- und Stromtragfähigkeit
von Carbon-Nanotubes können diese Werte erheblich steigern. Die Infineon-Forscher konnten zeigen, dass mit
Carbon-Nanotubes aufgebaute Leistungstransistoren einen 20mal geringeren Schaltwiderstand und damit eine entsprechend
geringere Verlustleistung erreichen. Darüber hinaus widerstehen die Kohlenstoff-basierten Transistoren etwa
200mal höheren Stromdichten als ihre Silizium Pendants.
„Ein wichtiges Merkmal der Nanotubes ist, dass sie nicht nur metallisch, sondern auch halbleitend sein können“,
sagte Dr. Franz Kreupl, Projektleiter im Forschungsgebiet Carbon Nanotubes von Infineon. „Damit lassen sich auch
aktive Schaltelemente wie Feldeffekttransistoren zum Schalten von elektronischen Lasten aufbauen, wie wir jetzt
als weltweit erste erfolgreich demonstrieren konnten.“
Da ein einzelnes Kohlenstoff-Röhrchen von 1 nm Durchmesser nur etwa 24 Mikroampere liefern kann, besteht die
Herausforderung darin, Hunderte oder Tausende der winzigen Röhrchen für die gewünschte Stromtragfähigkeit
parallel anzuordnen. Der erste von Infineon entwickelte Prototyp besteht aus etwa 300 parallelen Röhrchen
und liefert 2 mA bei 2,5 V. Wie Infineon erfolgreich demonstriert hat, können damit bereits LEDs oder kleine
Motoren angetrieben werden, was einen Meilenstein in der molekularen Elektronik darstellt. Der Prototyp kann darüber
hinaus in einfacher Weise für höhere Leistungen skaliert werden.
Bei der Fertigung des Nanotube-Leistungstransistors wurden einige, erst vor kurzem erzielte Fortschritte der Nanotube-Technologie
integriert. Den Infineon-Forschern gelang es dabei unter anderem die einwandigen (Single Walled) Carbon-Nanotubes
schon bei 600 °C in hoher Qualität aufwachsen zu lassen - bisher waren dazu Temperaturen von etwa 900
°C erforderlich. Für den Bau des ganzen Transistors mit den Drain-, Source- und Gate-Kontakten ist nur
ein einziger Lithographieschritt erforderlich. Bei dem Demonstrator von Infineon wurden die Drain- und Source-Kontakte
aus Palladium hergestellt. Als Substrat wurde Silizium eingesetzt, wobei aber auch ein beliebiges anderes leitendes
Material verwendet werden kann. Auf einem high-k Aluminiumdioxid-Gatedielektrikum haben die Forscher dann die Carbon-Nanotubes
wachsen lassen. Bei dem relativ einfachen Verfahren sind die Carbon-Nanotubes beliebig angeordnet, wobei eine ausreichend
große Anzahl in paralleler Ausrichtung für die Verbindung zwischen Drain und Source genutzt werden kann.
Hintergrund Carbon-Nanotubes
Carbon-Nanotubes (CNTs) sind Makromoleküle, die sich aus Kohlenstoffatomen zusammensetzen, angeordnet
in einem Gerüst von Sechsecken zu winzigen langgestreckten Hohlzylindern. Sie können bis zu 1 mm lang
werden und weisen einen Durchmesser von 0,4 bis zu über 100 nm auf, je nachdem, wie viele der Röhrchen
ineinander stecken. Man unterscheidet prinzipiell zwischen Single-Walled-CNTs (SWCNTs), also einwandigen Nanoröhrchen,
und Multi-Walled-CNTs (MWCNTs), den mehrwandigen Nanoröhrchen. Der Durchmesser von SWCNTs liegt zwischen 0,4
und 5 nm. Im Vergleich dazu befindet sich die klassische Silizium-Prozesstechnik gerade im Übergang zu Strukturen
mit kleinsten Abmessungen von 90 nm. Nanotubes können sowohl metallisch als auch halbleitend sein, was wiederum
von der Geometrie der Nanotubes abhängig ist.
Neben den metallischen Eigenschaften ist der wichtigste Vorteil die extrem hohe Ladungsträgerbeweglichkeit
von halbleitenden SWCNTs, die die von Silizium um einen Faktor 200 übertrifft. Dabei widerstehen CNTs Stromdichten
von bis zu 1010 A/cm². Dies ist ein enorm hoher Wert, wenn man bedenkt, dass Kupfer bei einer Stromdichte
von etwa 107 A/cm² bereits zu schmelzen beginnt.
Mit den beschriebenen Eigenschaften und dem - ähnlich der Polymerelektronik - kostengünstigen Fertigungsverfahren
haben Carbon-Nanotubes das Potenzial für vielfältige Anwendungen. Das Spektrum reicht von der Alternative
zu Silizium und Metallisierung in Halbleiter-Chips über Displays und Sensoren bis hin zu den hier dargestellten
Leistungshalbleitern.
Die Forschungsaktivitäten von Infineon auf dem Gebiet der Carbon-Nanotubes werden durch das Bundesministerium
für Bildung und Forschung gefördert. |