Wirtschaft und Theologie diskutieren »Nachhaltigkeit«  

erstellt am
08. 03. 04

Moraltheologe Rosenberger kritisiert Zielabweichung von Kyoto
Klagenfurt (pgk/mak) - Theologische und wirtschaftliche Dimensionen der Nachhaltigkeit standen im Mittelpunkt einer Veranstaltung am 4. März im Bischofshaus in Klagenfurt, zu der Diözesanbischof Dr. Alois Schwarz, eine Anregung der Kärntner Industriellenvereinigung und des Wirtschaftsforums der Führungskräfte aufgreifend, eingeladen hatte, um ein Thema des Sozialwortes der christlichen Kirchen aus verschiedener Sicht zu diskutieren.

Bischof Schwarz wies in seinem Grußwort auf die aktuelle Herausforderung hin, die Welt der politischen und ökonomischen Fakten mit der Botschaft des Evangeliums in Verbindung zu bringen. Problemstellungen müssten benannt und realistische Vorgaben gemacht werden. Das Sozialwort der christlichen Kirchen sei dafür ein „konkretes und hilfreiches Beispiel“. Es gehe, so Bischof Schwarz, auch darum, Fragen der Ökonomie auf dem Hintergrund der Fragen nach Lebenssinn zu diskutieren und so die Hoffnungen, Wünsche und Ängste der Menschen zur Sprache zu bringen.

Der Grazer Volkswirtschafter Univ. Prof. Dr. Stefan P. Schleicher forderte für die Wirtschaft „mehr Koordinationsmechanismen als bloß die Märkte“. Der Wohlstand einer Gesellschaft sei, so Schleicher, nicht nur am Bruttosozialprodukt zu messen. Gleichzeitig wies Schleicher auf Fehlleistungen im Finanzsystem hin und nannte exemplarisch die Bilanzmanipulationen, einseitige Einflussnahme auf politische Entscheidungsträger sowie das Pyramidenspiel auf den Finanzmärkten. Hinzu komme das Scheitern notwendiger politischer Entscheidungsprozesse, was zu Konflikten in den Bereichen Umwelt, Soziales und Technologie führe. Schleicher, der auch Vertreter Österreichs in den Klimakonferenzen ist, kritisierte das Nichterreichen der Vorgaben von Kyoto.

Der Linzer Moraltheologe Univ. Prof. Dr. Michael Rosenberger kritisierte heftig die Zielabweichung bei der Erfüllung des Kyoto Protokolls. So hätten sich in Österreich die Schadstoffemissionen nicht, wie gefordert um 13% verringert, sondern seien sogar um zehn Prozent gestiegen. Die Zunahme von Naturkatastrophen in Folge des Klimawandels sei daher durchhaus realistisches Szenario. Überdies werde das Versiegen der Erdölquellen in der Nordsee für Europa zu einer noch stärkeren Abhängigkeit vom arabischen Raum und zu Konsequenzen führen, „die bisher noch nicht einmal ansatzweise bedacht werden“.

Rosenberger definierte Nachhaltigkeit „als Gerechtigkeit im Blick auf künftige Generationen“. Aufgrund der Erschöpflichkeit der Ressourcen sei die Frage nach deren Nutzung „sehr nachdrücklich“ zu stellen. „Die Verheißung der Bibel lautet: Es ist genug für alle da. Die Verantwortung für die Verteilung liegt aber bei uns“, so Rosenberger. Aus theologischer Sicht müsse der Begriff „Nachhaltigkeit“ eine doppelte Erweiterung erfahren, nämlich im Bezug auf die räumliche und zeitliche Erstreckung. „Wenn das Kyoto Ziel tatsächlich erreicht werden soll, dann ist eine Strukturveränderung unumgänglich“, so Rosenberger, der Belohung und Anreize für umweltgerechtes sowie Sanktionen für umweltschädigendes Verhalten forderte.
     
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