2003 wieder Wachstum für EU-Mittelmeerpartner  

erstellt am
05. 03. 04

Brüssel (eu.int) - Nach einem am Donnerstag (04. 03.) vorgestellten Bericht der Europäischen Kommission konnten die EU-Partnerländer im Mittelmeerraum 2003 wieder ein Wachstum verbuchen, das für die Region insgesamt rund 3,5 % (2002: 1,6%) erreichte, während die regionsweite Inflationsrate auf rund 2 % zurückging. Mehrere Länder hatten 2002 und 2003 Schwierigkeiten, ihre finanzpolitischen Ziele zu erreichen, so dass sich ihre öffentliche Finanzlage weiter verschlechterte. Eine Belebung des Exportwachstums führte zu einer leichten Verbesserung der durchschnittlichen Handels- und Leistungsbilanzsalden auf rund -3,4 % bzw. +2 % des BIP. Seit 2000 sind in einigen Ländern Reformfortschritte festzustellen, namentlich in bestimmten Bereichen wie Handelsliberalisierung, Verwaltung der öffentlichen Finanzen, Privatisierung und Arbeitsmarktpolitik. Allerdings haben sich die labile Sicherheitslage, das niedrige Wirtschaftswachstum und verschiedene inländische Faktoren offenbar negativ auf die Reformdynamik ausgewirkt.

Die zweite Ausgabe des Berichts "Economic Review of EU Mediterranean Partners" wurde von der Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen der Europäischen Kommission erstellt. Er gibt einen Überblick über die jüngste Wirtschafts- und Strukturreformentwicklung in den Partnerländern des Mittelmeerraums. Außerdem enthält der Bericht zwei allgemeine Artikel über die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen und die Entwicklung des Finanzsystems in der Region. Nachstehend das Wichtigste in Kürze:

2003 konnten die meisten Mittelmeerländer wieder ein Wirtschaftswachstum verbuchen. Die Wachstumsrate der Region erhöhte sich von 1,6 % 2002 auf rund 3,5 % 2003. Ein kräftigerer Aufschwung wurde jedoch durch die niedrige Auslandsnachfrage aus der EU, Bedenken hinsichtlich der Sicherheit in der Region und diverse inländische Faktoren verhindert. Die durchschnittliche Inflationsrate der Region ging von 3,3 % 2002 auf rund 2,2% 2003 zurück, da der Preisdruck in der gesamten Region, insbesondere in Israel, nachgelassen hat.

Verschiedene Mittelmeerländer hatten 2002 und 2003 Schwierigkeiten, ihre finanzpolitischen Ziele zu erreichen, was auf das unerwartet niedrige Wachstum, gedämpfte Einnahmen und in einigen Fällen auch höhere Ausgaben zurückzuführen war. Die meisten Länder verzeichneten höhere Defizite, vor allem Jordanien, Israel und Syrien. Das durchschnittliche Staatsdefizit der Region ohne Zuschüsse stieg 2003 weiter auf rund 6 %. Die Konsolidierungsanstrengungen müssen also verstärkt werden.

Auch wenn alle Länder Reformen im Bereich der öffentlichen Finanzen eingeleitet haben, müssen doch noch weitere Anstrengungen unternommen werden, um Wirksamkeit und Effizienz der Ausgaben zu erhöhen und Qualität sowie langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu steigern. Auch zur Verbesserung des Haushaltsverfahrens und der Finanzverwaltung sind weitere Fortschritte erforderlich. Die nennenswertesten bisherigen Maßnahmen sind die Einführung der MwSt im Libanon, die Reform der öffentlichen Verwaltung in Marokko und die Einführung eines zentralen Kontos des Finanzministeriums im Westjordanland und im Gazastreifen.

Auch in anderen Bereichen kamen die Reformen der Mittelmeerländer 2002-03 voran. Bei der Handelsliberalisierung erzielten vor allem Marokko und Tunesien große Fortschritte. Bei der Privatisierung verlief die Entwicklung uneinheitlich, wobei allerdings Jordanien und in letzter Zeit auch Israel mehrere erfolgreiche Privatisierungsaktionen durchgeführt haben. Schließlich wurde die Arbeitsmarktregulierung in Ägypten und Marokko durch die Verabschiedung eines "Einheitlichen Arbeitsrechts" bzw. eines "Arbeitsgesetzbuchs" verbessert.

Der Finanzsektor ist in den Mittelmeerländern zwar unterschiedlich beschaffen und entwickelt, wird im Allgemeinen jedoch noch immer von den Banken dominiert. Die Auslandsbeteiligung ist gering und eine effiziente Finanzintermediation wird durch eine starke Beteiligung des Staates sowie schwache Institutionen verhindert. Auch wenn schon Fortschritte erzielt wurden, sind doch noch weitere Maßnahmen erforderlich, um die Finanzsysteme effizient und wettbewerbsfähig zu machen. Von zentraler Bedeutung sind bessere institutionelle und regulatorische Rahmenbedingungen sowie ein verbesserter Zugang kleiner und mittlerer Unternehmen zu Finanzierungsmitteln.

Generell müssen die Anstrengungen verstärkt werden, um die Mittelmeerländer in gut funktionierende Marktwirtschaften zu verwandeln, die vom privaten Sektor getragen und von effizienten öffentlichen Verwaltungen gestützt werden. Handlungsbedarf besteht bei der Stärkung des Rechtsrahmens, der Verbesserung der institutionellen Rahmenbedingungen, der Förderung einer guten Governance und der Reform der Rolle des Staates.
Die Beziehungen zwischen den Partnerländern des Mittelmeerraums und der EU werden durch die Partnerschaft Europa-Mittelmeer bestimmt, wobei die mit fast allen Mittelmeerländern geschlossenen bilateralen Assoziierungsabkommen (AA) eine zentrale Rolle spielen. Im wirtschaftlichen Bereich zielt die Partnerschaft darauf ab, durch die schrittweise Errichtung einer Freihandelszone Europa-Mittelmeer einen Raum gemeinsamen Wohlstands zu schaffen, wobei die EU im Rahmen des Programms MEDA finanzielle Unterstützung leistet.

Die 2003 ins Leben gerufene Europäische Nachbarschaftspolitik wird die Beziehungen zwischen der EU und den Partnerländern des Mittelmeerraums weiter vertiefen. Die Politik zielt darauf ab, auf der Grundlage der bestehenden Beziehungen einen Raum des Wohlstands und der freundschaftlichen Nachbarschaft zu errichten. Erreicht werden soll dies im wirtschaftlichen Bereich durch eine weitere Öffnung des Handels und der Märkte, die Aussicht auf eine Beteiligung der Nachbarländer am EU-Binnenmarkt und verstärkte finanzielle und technische Hilfe. Diese Anreize sind an konkrete Fortschritte bei der Verwirklichung gemeinsamer Werte sowie an wirksame politische, wirtschaftliche und institutionelle Reformen der Nachbarländer gebunden.

Der Stabilisierungs- und Strukturreformprozess wird auch von den Internationalen Finanzinstitutionen (IFI) umfassend unterstützt, insbesondere durch Programme und technische Hilfe der Weltbank, während der IWF in der Region zurzeit nur ein Programm (Jordanien) durchführt.
     
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