Bundeskriminalamt:
Strukturermittlungen gegen Drogenbosse
Wien (bmi) - Innenminister Dr. Ernst Strasser präsentierte am Montag (01. 03.)
den Suchtmittelbericht für das Jahr 2003. Das Innenministerium verfolgt weiter den Ansatz, mit Strukturermittlungen
und internationaler Zusammenarbeit an die kriminellen Netzwerke und Bosse der Drogenorganisationen heran zu kommen.
Im Februar 2004 verzeichnete die Sicherheitsexekutive laufend Aufgriffe gegen Drogendealer und kriminelle Gruppen.
Für Innenminister Dr. Ernst Strasser ist das ein Ergebnis des "konsequenten Ermittlungs- und Verfolgungsdrucks
der Sicherheitsexekutive". Vor allem mit kriminalpolizeilichen Strukturermittlungen sei es möglich, "nicht
nur den Straßenhandel zu bekämpfen sondern auch in die oberen Hierarchien der Drogenmafia einzudringen",
sagte Strasser.
Das Innenministerium werde auch 2004 seine erfolgreichen Strategien gegen die Drogenkriminalität fortsetzen,
betonte der Innenminister. Strasser will auch nach dem 1. Mai 2004 die Kontrolldichte an der Schengen-Außengrenze
aufrechterhalten und verstärkt mit Europol und Eurojust sowie mit den Nachbarstaaten Österreichs zusammenarbeiten.
Der Minister ist dafür, dass Suchtgiftkranken geholfen wird und gefährdete Personen aufgeklärt
werden. Er spricht sich aber strikt gegen eine Freigabe so genannter weicher Drogen aus. "Es geht nicht, dass
Drogenhändler mit der Gesundheit unserer Jugendlichen Geschäfte machen."
Im Jahr 2003 wurden in Österreich 22.245 Anzeigen wegen Verstößen gegen das Suchtmittelgesetz erstattet.
Das sind um 0,79 Prozent weniger als im Jahr zuvor (22.422). 5.041 Anzeigen (+ 17,42 %) wurden gegen Fremde wegen
strafbarer Handlungen nach dem Suchtmittelgesetz erstattet. Es gab 2.506 Anzeigen wegen Verbrechen (+ 8,02 %);
die Vergehen sanken um 1,81 Prozent auf 19.739. Davon entfielen 21.780 Anzeigen auf strafbare Sachverhalte im Zusammenhang
mit Suchtgiften, 461 Anzeigen auf Straftatbestände für psychotrope Stoffe und 4 Anzeigen auf Straftatbestände
für Vorläuferstoffe. Diese Entwicklung ist ein Indiz dafür, dass die Exekutive durch Strukturermittlungen
vermehrt Großdealer und Hintermänner des Suchmittelhandels ausschaltet.
Die Sicherheitsexekutive stellte 925,8 kg Cannabisprodukte, 42,9 kg Heroin, 58,3 kg Kokain und 422.103 Stück
Ecstasy sowie 298 LSD-Trips sicher. Der Schwarzmarktwert des im Jahr 2003 aufgegriffenen Suchtgiftes betrug 8.212.855
€. Das ist eine Steigerung um 1.481.012 € oder 22 Prozent gegenüber dem Jahr 2002.
Österreichische Staatsbürger treten bei Schmuggel und Handel von Suchtmitteln nach wie vor nicht dominant
auf. Diese werden hauptsächlich von ausländischen kriminellen Gruppierungen betrieben. Aufgrund seiner
geographischen Lage ist Österreich ein Transitland für den Transport der Suchtmittel in andere europäische
Staaten. Da die Republik Österreich nicht als Erzeugerland für Suchtmittel gilt, werden auf diesem Weg
auch die innerösterreichischen illegalen Märkte versorgt.
Neben den bereits überwiegend in Wien agierenden Straftätern aus Nigeria, Sierra Leone und Liberia, die
sich auf den Handel mit Heroin und Kokain spezialisiert haben, wurde eine eklatante Zunahme von Verdächtigen
aus westafrikanischen Ländern wie Gambia, Guinea, Guinea-Bissau und vereinzelt der Elfenbeinküste festgestellt.
Die Personen dieser Nationalitäten fixieren sich nicht nur auf den Heroin/Kokain-Handel, sondern bringen auch
verstärkt Cannabiskraut an Szene-Örtlichkeiten in Verkehr.
Die Sicherheitsexekutive stellte 2003 vermehrt Produktionsanlagen fest, die für den "Indoor"-Anbau
für Cannabis verwendet werden. Sie dienten vorwiegend der Herstellung von Marihuana zum Eigengebrauch. Diese
Entwicklung wird nicht zuletzt durch leicht zugängige Internetinformationen gefördert. Die Aufzucht psychotroper
Pilze ist ebenfalls verstärkt feststellbar – auch hier ist das Informationsangebot des Internets dienlich.
In Niederösterreich war 2003 auch ein Anstieg der im Straßenverkehr unter Drogeneinfluss verunglückten
Personen zu verzeichnen. Ursache ist zumeist die Benützung eines Kraftfahrzeuges nach Konsum von Suchtmitteln
in der Bundeshauptstadt Wien.
Der Flughafen Wien Schwechat wird nach wie vor als Umschlagplatz für den internationalen illegalen Drogenhandel
benützt. Der Schmuggel von Suchtmitteln in Reisegepäckstücken ist drastisch zurückgegangen.
Hingegen stieg der Trend zu Körperschmuggel, Schmuggel durch Postsendungen und Eilfrachtsendungen. Dies dürfte
nach wie vor auf verstärkte Sicherheitsmaßnahmen in Bezug auf Terrorismusbekämpfung zurückzuführen
sein.
Hauptschmuggelrouten und Herkunftsländer
Die Balkanroute mit ihren verschiedenen Verzweigungen ist nach wie vor dominierender Schmuggelpfad für
Heroin. Neben der legendären Route Türkei, Bulgarien, Bundesrepublik Jugoslawien, Kroatien, Slowenien
und Österreich wurde zum Teil ein Ausweichen über Rumänien, Ungarn, Tschechien und die Slowakei
verzeichnet. Die bestehenden Fährverbindungen zwischen der Türkei und Italien, beziehungsweise zwischen
Albanien und Italien werden für den Transport vermehrt genutzt. Albanien und das Kosovo-Gebiet gewinnen als
Depotbereiche und als Ausgangspunkt für Lieferungen in den EU-Raum immer mehr an Bedeutung. Auch Transitflüge
Türkei via Österreich (Wien/Schwechat) nach den Niederlanden wurden im Berichtsjahr 2003 durchgeführt.
Ehemalige Ostblock-Länder werden wie gewohnt als Depot-Länder benützt. Hier sind nach wie vor albanisch-stämmige
Tätergruppen aktiv, von denen das Heroin weiter nach Österreich und von hier vorwiegend nach Westeuropa
verbracht wird. Großlieferungen an diese Depots und die Weiterverteilung erfolgen überwiegend durch
türkische Tätergruppen.
Innerhalb Österreichs erfolgt der Weitervertrieb von Heroin hauptsächlich durch Gruppierungen von Staatsangehörigen
der Türkei und des früheren Jugoslawien. Österreichische Staatsbürger und Staatsangehörige
aus den östlichen Nachbarländern werden hauptsächlich als Kuriere und Verteiler kleinerer Mengen
eingesetzt.
Kokain aus süd- und mittelamerikanischen Ländern (Kolumbien, Brasilien, Costa Rica) wird vor allem illegal
auf dem Luftweg mit Destination Flughafen Wien Schwechat transportiert.
Cannabisprodukte gelangen hauptsächlich aus den Niederlanden, aber auch aus den Balkanländern, den Schengenstaaten
und der Schweiz nach Österreich.
Amphetamine und Derivate: Amphetamine kommt vorwiegend aus Polen, aber auch aus den Niederlanden, Ecstasy überwiegend
aus den Niederlanden. Österreich dient in letzter Zeit auch häufig als Transitland für Ecstasy von
den Niederlanden nach Slowenien, Kroatien und Bosnien-Herzegowina.
Strategien gegen den illegalen Handel mit Suchtmitteln und Vorläuferstoffen.
Die österreichische Exekutive hat in den letzten Jahren einen neuen Strategieansatz bei der Bekämpfung
der Suchmittelkriminalität verfolgt: Zusätzlich zu der Bekämpfung des Straßenhandels erfolgt
eine verstärkte Konzentration auf Strukturermittlungen.
Das heißt man versucht in die Strukturen der kriminellen Organisationen einzudringen und neben den Kleindealern
vor allem die Köpfe der Banden auszuschalten.
Dieser Ermittlungsansatz hat sich, obwohl er eine große kriminalistische Herausforderung darstellt, sehr
bewährt und wird daher beibehalten werden.
Außerdem werden weiterhin Schwerpunkte in folgenden Bereichen gesetzt:
- Verstärkte Konzentration auf kriminalpolizeiliche Strukturermittlungen
- Weitere Intensivierung der internationalen Kooperation
- Zusammenarbeit (Sicherheitspartnerschaften) mit den östlichen Nachbarländern
- Aktive Mitwirkung an internationalen Projekten via Interpol und Europol
- Verstärkte Nutzung der Kriminalanalyse – insbesondere Teilnahme an gemeinsamen Analyseprojekten
- Umfassende nationale und internationale Kooperation mit Justiz und Zoll
- Erhöhung der Kontrolldichte an den Schengen-Außengrenzen
- Weitere Intensivierung der kriminalpolizeilichen Prävention
- Rasche Entwicklung kriminalpolizeilicher Strategien aufgrund der Erkenntnisse aus dem Sicherheitsmonitor des
.BK
- Verstärkung der Gewinnabschöpfung
- Verstärkte Strategien gegen Geldwäsche
- Österreichweite Überwachung des Handels mit Vorläuferstoffen im Wege der "Meldestelle für
Vorläuferstoffe"
Der Suchtmittelbericht 2003 ist unter http://www.bmi.gv.at/Publikationen
abrufbar.
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