Entscheidung des OLG Wien sieht 30-jährige Verjährung für Ansprüche geschädigter
Kreditnehmer im Zinsenstreit vor
Wien (bmsg) - Wieder wurde in einem Verfahren, das der Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag
des Bundesministeriums für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz führt, ein Zinsanpassungsklauselfall
von einem Gericht entschieden. Konsumentenschutzminister Mag. Herbert Haupt: "Das Erstgericht hatte das Klagebegehren
abgewiesen, das Oberlandesgericht Wien entschied nunmehr für die Kreditnehmer. Dieses Urteil ist ein Sieg
für alle Konsumentinnen und Konsumenten, die im Zinsenstreit für ihr Recht kämpfen, nicht zuletzt
auch deshalb, da anstelle der dreijährigen Verjährung hier eine Frist von 30 Jahren anzuwenden ist. Im
Zinsenstreit werden wir auch in Zukunft für die Konsumentinnen und Konsumenten kämpfen. Die Gerechtigkeit
wird auch in diesem Bereich letzten Endes siegen."
Der Sachverhalt im Detail
Die betroffenen Konsumentinnen und Konsumenten hatten im Jahr 1991 bei der Raiffeisenbank Neulengbach reg
GmbH einen Kredit über 2,5 Mio ATS und im Jahr 1993 einen weiteren Kredit über 330.000,- ATS aufgenommen.
Bei beiden Krediten war eine Zinsanpassungsklausel vereinbart, die - wie damals bei den Banken üblich - die
Indikatoren für die Anpassung nur generalklauselartig und unter Verwendung unbestimmter Begriffe umschrieb.
Die Bank hatte in der Folge die beim Vertragsabschluss äußerst günstigen Zinssätze zwar nach
unten angepasst, nicht aber in ausreichendem Ausmaß, so dass den Kunden nach Berechnungen der Konsumentenschützer
ein Schaden von ca. 24.000,- Euro bis zur Rückzahlung der Kredite im Jahr 1999 entstanden ist. Das Erstgericht
hatte das Klagebegehren abgewiesen, das OLG Wien entschied nunmehr für die Kreditnehmer.
Zum einen sei die verwendete Zinsanpassungsklausel gesetzwidrig und hat daher zu entfallen. Stattdessen sei auf
den hypothetischen Parteiwillen abzustellen, weshalb die Rechtssache an das Erstgericht zurückverwiesen wurde.
Grundsätzlich sei aber zu beachten, dass die Bank die Zinskonditionen nicht in ihrem "Grundgefüge"
zu ihren Gunsten verändern dürfe, woraus man schließen darf, dass ein günstiger Einstiegszinssatz
auch bei veränderter Zinsenlandschaft günstig bleiben muss.
Wesentlich dann die Aussage des OLG Wien zur Frage der Verjährung. Entgegen der Rechtsansicht des OGH ist
das OLG Wien der Ansicht, dass die durch einen Vergleich mit einer Sonderbestimmung des Mietrechtsgesetzes und
des Kleingartengesetzes vom OGH argumentierte 3-jährige Verjährung nicht zutreffe. Der Gesetzgeber habe
als Grund für die dreijährige Verjährung von Mietzinsrückforderungen die Gefahr des Anwachsens
von Beweisproblemen vor Augen gehabt. Im Bankenbereich sei diese Gefahr jedoch nicht gegeben, weshalb die üblicherweise
für Bereicherungsansprüche geltende 30-jährige Verjährung anzuwenden sei. Diese beginne bei
Annuitätenkrediten erst ab dem Zeitpunkt ab dem der Kreditnehmer monatliche Raten bezahlt, die er ohne unberechtigte
Zinssatzerhöhung nicht hätte zahlen müssen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. |