WASt präsentiert »Dein Recht im Alltag«  

erstellt am
22. 03. 04

Wiener Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen zieht 5-Jahresbilanz
Wien (rk) - Im Rahmen einer Pressekonferenz zogen am Freitag (19. 03.) Frauen- und Integrationsstadträtin Mag.a Renate Brauner und die beiden Antidiskriminierungsbeauftragten Angela Schwarz und Mag. Wolfgang Wilhelm Bilanz über fünf Jahre Antidiskriminierungsarbeit in Wien und präsentierten mit "Dein Recht im Alltag" eine Rechtbroschüre für homosexuelle BürgerInnen zum Umgang mit Diskriminierung, Mobbing und Ungleichbehandlung.

In Wien leben nach Schätzungen von ExpertInnen rund 170.000 lesbische und schwule Menschen. Maßnahmen zur Gleichstellung und Antidiskriminierung betreffen daher mehr als 10 Prozent der Bevölkerung. Mit der Wiener Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen (WASt) gibt es nun schon seit fünf Jahren eine wichtige Anlaufstelle für homosexuelle BürgerInnen. Brauner: "In diesen fünf Jahren wurden die Beratung ausgebaut, öffentliche Sensibilisierungsmaßnahmen verstärkt und vor allem konkrete Verbesserungen für homosexuelle Menschen erzielt."

Nun liegt mit der 80 Seiten starken Broschüre "Dein Recht im Alltag" auch das unmittelbare Ergebnis von fünf Jahren Beratungsarbeit vor. Die Bandbreite reicht von "Arbeitsrecht" über "Leben mit Kindern" bis zu "Aufenthaltsrecht". Damit bietet die Broschüre umfassende Informationen und wird damit zu einer wichtigen Alltags-Begleiterin für Lesben und Schwule.

Bilanz von fünf Jahren Antidiskriminierungsarbeit
Die beiden Antidiskriminierungsbeauftragten Angela Schwarz und Mag. Wolfgang Wilhelm hätten in den vergangenen fünf Jahren Beachtliches geleistet und mit viel Energie und Zähigkeit mögliche Diskriminierungen aufgespürt und beseitigt, lobte Brauner die Arbeit der WASt. In Wien wurde dabei erstmals eine landesrechtliche Absicherung erreicht mit der gleichgeschlechtliche Paare, die oftmals bereits Jahrzehnte zusammen leben, im Einflussbereich der Gemeinde Wien vor dem Gesetz nicht mehr "Fremde" sind.

Etliche Gleichstellungsmaßnahmen wie etwa das Eintrittsrecht in Mietverträge bei Gemeindewohnungen wurden in Wien bereits umgesetzt. Das Recht auf Pflegefreistellung und Hospizkarenz für MitarbeiterInnen, die in gleichgeschlechtlichen Beziehungen leben, wurde 2003 auch explizit in der Dienstordnung für den Magistrat festgeschrieben. Damit hat Wien zu den bereits bestehenden Rechten wie der Jungfamilienförderung, die seit 1999 auch homosexuellen Paaren zusteht, in vielen relevanten Lebensbereichen eine weitgehende rechtliche Gleichstellung von gleich- und verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaften erreicht.

Forderungen an den Bundesgesetzgeber
Im Wirkungsbereich des Landes und der Stadt Wien sind damit die Möglichkeiten zur Gleichstellung weitgehend ausgeschöpft. Viele Gesetzesmaterien in den Bereichen Sozialversicherungsrecht, Arbeitsrecht, Aufenthaltsrecht, Steuerrecht etc. sind ausschließlich auf Bundesebene zu regeln. Deshalb fordert Brauner die Regierung zu einem raschen Umdenken im Sinne der Betroffenen auf: "BürgerInnen in homosexuellen Partnerschaften müssen endlich auch die Möglichkeit auf ein geregeltes und abgesichertes Leben als Paar bekommen. Österreich steht im EU-weiten Vergleich bereits ziemlich rückständig da." Brauner forderte die Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebensbeziehungen und plädierte für die Einführung von eingetragenen Partnerschaften auf Bundesebene. Während die Stadt Wien bereits an einer entsprechenden Regelung arbeite, sei der Bund bei der Umsetzung der Antidiskriminierungsrichtlinie der EU in nationales Recht immer noch säumig. Besonders dringlich sei auch die Frage der Anerkennung homosexueller NS-Opfer nach dem Opferfürsorgegesetz.

Rechtsbroschüre "Dein Recht im Alltag"
Die Erfahrungen und das Know How ihrer fünfjährigen Beratungstätigkeit haben Schwarz und Wilhelm jetzt in eine umfassende Broschüre über die derzeitige rechtliche Lage für Lesben und Schwule eingebracht. Mit "Dein Recht im Alltag" bietet die WASt allen Interessierten einen ausführlichen Überblick über die rechtlichen Möglichkeiten in allen relevanten Lebensbereichen. Die Broschüre ist damit einerseits eine Serviceleistung für alle Lesben und Schwulen, die rechtliche Fragen haben und soll andererseits ermuntern, die - wenn auch limitierten - rechtlichen Möglichkeiten auch zu nutzen.

Sensibilisierung, Vernetzung und Beratung
Die Mitarbeit der WASt an EU-Projekten ermöglicht wichtige Anknüpfungspunkte an die europaweite Diskussion und Kontakte zur Community und sichert die internationale Vernetzung. Im Projekt "Triangle" arbeitet die WASt mit KooperationspartnerInnen aus Deutschland, Italien, Frankreich, den Niederlanden und Österreich an einem umfassenden methodischen Handbuch für die schulische und außerschulische Jugendarbeit zur Bekämpfung und Verhinderung von Mehrfachdiskriminierungen.

Die Bildungs- und Sensibilisierungsarbeit war von Beginn an ein Schwerpunkt der WASt-Tätigkeiten. Insgesamt haben die Antidiskriminierungsbeauftragten in Bildungs- und Fortbildungseinrichtungen (Universitäten, Krankenpflegeschulen, FH für Sozialarbeit, Pädagogisches Institut, Verwaltungsakademie) 102 Vorträge und Seminare abgehalten. Bei den jeweils 2 bis 8- stündigen Veranstaltungen konnten sie ca. 2.000 TeilnehmerInnen persönlich erreichen. Von den insgesamt 783 Beratungskontakten waren 234 Personen aus den Berufsgruppen der SozialarbeiterInnen, NotarInnen, AnwältInnen, TherapeutInnen bis hin UnternehmensberaterInnen und MitarbeiterInnen von Gewerkschaften. 549 KlientInnen konnten über eine teilweise längeren Zeitraum begleitet werden. 43 Prozent davon waren schwule Männer, 35 Prozent lesbische Frauen, 16 Prozent Transgenderpersonen und 6 Prozent Heterosexuelle. Die Mehrheit aller KlientInnen (über 50 Prozent) kontaktierten die WASt wegen rechtlicher Fragen oder rechtlicher Probleme.
     
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