Fischler: Osteuropas Landwirte werden vom EU-Beitritt profitieren  

erstellt am
22. 03. 04

Verhinderung von Nahrungsmittel-Spekulationen gerechtfertig und wichtig
Brüssel (aiz.info) - Die Landwirte Osteuropas werden vom EU-Beitritt eindeutig profitieren. Studien der EU-Kommission würden aufzeigen, dass die Erzeuger in den Kandidaten-Ländern allein durch die zumeist höheren Marktpreise in der EU einen Einkommenszuwachs von 30% zu erwarten hätten. Dies betonte EU-Agrarkommissar Franz Fischler am Donnerstag (18. 03.) in Brüssel. Er verwahrte sich gegen den gemeinhin schlechten Ruf der EU-Agrarpolitik bei den osteuropäischen Erzeugern. Oft würden einfach Informationen und Aufklärung helfen, um die Vorurteile dortiger Landwirten zu entkräften. "Natürlich ist die EU kein Paradies, die Hölle aber bestimmt auch nicht", versuchte Fischler zwischen Ost und West zu vermitteln. Der Umstrukturierungsprozess sei zwar schmerzhaft, er würde aber auch ohne den EU-Beitritt in den ehemaligen Planwirtschaften stattfinden und Anpassungsleistungen von den Beteiligten abverlangen. Durch den Beitritt habe die dortige Landwirtschaft den Vorteil, dass zum Beispiel SAPARD-Mittel aus dem EU-Haushalt manche Härten aus dem Umstrukturierungsprozess abfedern könnten.

Zahlungsagenturen möglichst rasch aufbauen
Fischler mahnte die beitretenden Länder, möglichst rasch die nationalen Zahlungsagenturen aufzubauen. Die Kommission sei nicht bereit, die Abwicklungen von Direktzahlungen durch nur vorläufig eingerichtete Behörden zu akzeptieren. Diese seien noch nicht einmal befugt, die Anträge von Landwirten für die Direktzahlungen entgegennehmen. Auch Exporterstattungen dürften sie nicht bezahlen. Zunächst müssten die nationalen Regierungen der beitretenden Länder die Zahlungsagenturen als funktionstüchtig anerkennen und dies von Brüssel bestätigen lassen. "Ich brauche die Anwesenden hier nicht daran zu erinnern, was auf dem Spiel steht: Jede weitere Verzögerung könnte dazu führen, dass den Landwirten EU-Beihilfen entgehen oder Agrarbeihilfen in erheblichem Umfang von den Haushalten der Mitgliedsstaaten wieder zurückgefordert werden müssen", warnte Fischler. Allgemein trat der Agrarkommissar recht streng auf, nachdem sein Kollege, EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen kürzlich vor dem europäischen Parlament relativ moderate Töne bezüglich des Rückstands beim Aufbau der Agrarverwaltungen angeschlagen hatte.

Spekulations-Verhinderung nicht zur Ruinierung neuer EU-Länder

Auch äußerte sich Fischler zu den diversen Pressemitteilungen über Nahrungsmittel-Spekulationen von osteuropäischen Lebensmittelrohstoff-Produzenten. Wie berichtet, warfen beispielsweise deutsche Firmen zahlreichen Lieferanten vor, absichtlich ihre Materialien in Lagern zu horten, um sie nach dem Beitritt auf dem EU-Markt teurer verkaufen zu können. Wie schon ein Kommissionsvertreter berichtet hatte, gebe es zur Verhinderung eines derartigen Vorgehens entsprechende EU-Maßnahmen. "Einige geäußerte Meinungen hierzu entbehren jeder Grundlage: So wurde beispielsweise die Behauptung verbreitet, dass dies ein versteckter Versuch der EU sei, die Erzeuger der neuen Mitgliedsstaaten in den Ruin zu treiben oder gar zu verhindern, in die EU-15 zu exportieren. Das ist natürlich Unsinn", so Fischler.

Horten von Waren in Lagern durch geeignete Maßnahmen verhindern
Feststellen könne man vor allem, dass die durchschnittlichen Preise und Einfuhrzölle für eine breite Palette von Erzeugnissen in den zehn neuen Mitgliedsstaaten wesentlich niedriger seien als in der EU-15. "Dies birgt natürlich ein hohes Risiko, dass die Marktteilnehmer Waren horten, und wir würden unsere Pflichten gegenüber den EU-Steuerzahlern vernachlässigen, wenn wir nicht geeignete Maßnahmen treffen würden, um dies zu verhindern", sagte der Agrarkommissar. Man werde jedenfalls nicht zulassen, dass das Geld der Steuerzahler in den Taschen von Spekulanten lande.

Lagerbestände lediglich in Höhe der Vorjahre erlaubt
Probleme gebe es vor allem bei Zucker und Schweinefleisch. So interveniere zum Beispiel Polen immer noch Schweinefleisch, obwohl dies nach EU-Gesetzgebung nicht möglich sei, berichtete ein Kommissionsmitarbeiter. Wenn Polen am 01.05. mit Interventionsbeständen von Schweinefleisch in die EU käme, müsste das Land selbst für die Kosten, zum Beispiel in Form subventionierter Exporte, aufkommen. Zucker könnte ebenfalls aus spekulativen Gründen in Osteuropa gehortet werden, weil die Preise dort deutlich unter dem EU-Niveau lägen. Erlaubt seien aber lediglich Lagerbestände, die nicht von den Mengen der Vorjahre abweichen würden.
     
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