EU-Erweiterung: Parlamente der Nachbarstaaten Österreichs rüsten sich  

erstellt am
22. 03. 04

»Parlament und EU« Thema in der neuen Ausgabe des »Forum Parlament«
Wien (pk) - Im Mai 2004 werden zehn neue Mitgliedstaaten der Europäischen Union beitreten. Das ist nicht nur eine Herausforderung für die Europäische Union selbst, auch für die Parlamente der neuen EU-Länder ist es höchst an der Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, wie sie in Zukunft Einfluss auf den Willensbildungsprozess innerhalb der EU nehmen und so die teilweise Einschränkung ihrer Gesetzgebungskompetenzen kompensieren können.

Genau mit dieser Frage setzt sich das soeben erschienene neue "Forum Parlament" ausein- ander. Die aktuelle Ausgabe beleuchtet nicht nur den gegenwärtigen Diskussionsstand in den Parlamenten Tschechiens, Ungarns, Sloweniens und der Slowakei, sondern gibt auch einen guten Einblick, wie die Parlamente der vier Nachbarstaaten Österreichs in die Vorbereitung des EU-Beitritts ihres Landes einbezogen sind und waren. Gleichzeitig berichtet Parlamentsdirektor Georg Posch über die praktischen Erfahrungen in Österreich mit den Mitwirkungsrechten des Parlaments in EU-Angelegenheiten.

Schon ein erster Blick auf die Beiträge von Olga Adamcova (Tschechien), Primoz Vehar (Slowenien), Miroslav Zaluszky (Slowakei) und des Büros der Ungarischen Nationalversammlung deutet an, dass die Parlamente der neuen EU-Länder auch nach dem EU-Beitritt ihres Landes nicht gewillt sind, EU-Politik den jeweiligen Regierungen zu überlassen, sondern selbst eine gewichtige Rolle bei der innerstaatlichen Meinungs- und Willensbildung in EU-Angelegenheiten einfordern.

Noch steht, wie die Autorinnen und Autoren erläutern, die exakte Ausformulierung der Befugnisse der jeweiligen Parlamente nicht fest, aber sowohl Tschechien als auch Slowenien haben bereits einen ersten Schritt gesetzt und umfassende Informationspflichten der Regierung über sämtliche EU-Angelegenheiten und Stellungnahmerechte des Parlaments in der Verfassung verankert. Ähnliches ist in Ungarn und der Slowakei geplant. Ein Gesetzentwurf in Slowenien sieht darüber hinaus vor, in der Nationalversammlung zumindest einmal im Jahr eine Generaldebatte zu aktuellen EU-Fragen abzuhalten und die Regierung zu verpflichten, den an das Parlament übermittelten EU-Dokumenten Erläuterungen beizufügen, aus denen der aktuelle Diskussionsstand über eine geplanten EU-Vorschrift und deren Auswirkungen auf Slowenien hervorgehen soll.

Im österreichischen Parlament hat sich die Arbeit der zuständigen EU-Ausschüsse, wie Parlamentsdirektor Georg Posch in seinem Beitrag konstatiert, nach der "ersten Euphorie" eingependelt. Die Abgeordneten nutzten die Sitzungen mittlerweile eher als Informationsplattform und weniger dazu, Regierungsmitgliedern verpflichtende Verhandlungsaufträge in bestimmten Fragen mitzugeben bzw. entsprechende Anträge vorzubringen. Immerhin wurden dem österreichischen Parlament bisher an die 200.000 EU-Dokumente übermittelt.

Außerhalb des Schwerpunkts "Parlament und EU" zieht der Vorsitzende des Österreich-Konvents Franz Fiedler im Forum Parlament eine Zwischenbilanz über die Arbeit des Konvents und mahnt, diesen nicht als Plattform für Lobbyismus zu verstehen, sondern immer daran zu denken, dass er eine Verfassung für das 21. Jahrhundert zu entwerfen habe.

Passend dazu gibt Uwe Thaysen einen Überblick über die Föderalismusdiskussion im Nachbarland Deutschland, wo die Ende 2003 eingerichtete so genannte "Bundesstaatskommission" vor der schwierigen Aufgabe steht, Vorschläge für eine Föderalismusreform auszuarbeiten. Eingerichtet wurde die Kommission als Folge zunehmender Unzufriedenheit über den Föderalismus in Deutschland, wobei die meisten Befürworter der Reform, wie Thaysen schreibt, der Überzeugung anhängen, dass die Bundesebene zu mächtig geworden sei, es aber auch genau gegenteilige Standpunkte gibt. Eine Einigung über eine neue Kompetenzverteilung zwischen dem Bundesstaat und den Ländern dürfte sich, folgt man der pointierten Analyse des Politikwissenschafters, ähnlich schwierig gestalten wie in Österreich.

Das "Parlamentarische Schlagwort" des „Forum Parlament“ ist diesmal dem EU-Hauptaus- schuss des Nationalrats gewidmet.

Das „Forum Parlament“ ist ein Medium für den Diskurs über Themen des Parlaments und erscheint zweimal jährlich als Beilage zum Journal für Rechtspolitik. Die aktuelle Ausgabe findet sich - ebenso wie die bereits erschienenen Schwerpunkthefte zum EU-Konvent, zum Thema Wahlen und zum Österreich-Konvent - auch auf der Homepage des Parlaments (www.parlament.gv.at), und zwar im virtuellen Lesesaal unter dem Menüpunkt "Service und Kontakt". Das nächste Heft wird sich mit Bürgernähe und Transparenz in Zusammenhang mit der elektronischen Gesetzgebung beschäftigen.
     
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