Steuerreform 2005  

erstellt am
19. 03. 04

 Matznetter: Die Steuergeschenke bringen den KMU nichts
Situation der KMU dramatisch - ÖVP lasse KMU »links liegen« und verfolge neoliberalen Ansatz
Wien (sk) - "Die Steuerreform 2005 wurde von den Regierungsparteien als großer Wurf angekündigt, dieser 'große Wurf' wird letztlich auf den Köpfen der Klein- und Mittelbetrieben (KMU) landen", sagte SPÖ-Budgetsprecher Christoph Matznetter am Donnerstag (18. 03.) in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Präsidenten des Wirtschaftverbandes Österreich, René Alfons Haiden. Die von der Volkspartei jahrelang beschworene Förderung des Gewerbes seien nichts als Lippenbekenntnisse, da sie nun "ungehemmt einem neoliberalen Ansatz" verfolge und die KMU links liegen lasse.

Diese Steuerreform komme dem internationalen Finanzkapital zugute, nicht aber den KMU, sagte Matznetter in Anspielung auf die Körperschaftssteuersenkung (KöSt) auf 25 Prozent und die Gruppenbesteuerung. Die Hälfte der gesamten Steuersenkungen 2005 komme den Kapitalgesellschaften zugute, die nur einen Anteil von 19 Prozent an allen Unternehmen in Österreich haben. Aber auch von diesen 63.000 Gesellschaften hätte 80 Prozent nichts davon, da sie zu geringe Gewinne oder gar Verluste schreiben, daher ohnedies nur die Mindest-KöST oder gar keine Steuer bezahlen.

Klein- und Mittelbetriebe seien der Wirtschaftsmotor in Österreich, versicherte Matznetter. "Sie wurden allerdings von der Regierung vernachlässigt und sind in einer dramatischen Situation. Damit werden Arbeitsplätze der Zukunft vernichtet, denn ohne Steuer- und Investitionsanreize können Kleinbetriebe nicht solide wachsen", so Matznetter. "Die KMU leiden unter extrem hohen Belastungen des Faktor Arbeit. Sie müssen die gesamte 'Last' des Wohlfahrtsstaates aufgrund der lohnsummenabhängigen Besteuerungen erwirtschaften. Trotzdem gebe es keinen Anreiz, Beschäftigung zu generieren", so Matznetter. Haiden stimmte dem bei und forderte eine Senkung der Lohnnebenkosten. In Österreich liege hier die Abgabenquote bei 2,7 Prozent, im EU-Durchschnitt aber nur bei 0,4 Prozent. "Das sind eklatante Wettbewerbsnachteile", so Haiden und forderte Förderungen für alle Betriebe, die investieren und Arbeitsplätze schaffen.

Die KöSt-Senkung und die Gruppenbesteuerung seien für die Klein- und Mittelbetriebe irrelevant, so Matznetter und Haiden. Dafür wären Firmentöchter notwendig, über die KMU üblicherweise nicht verfügen. Es seien daher nur jene Betriebe begünstigt, die hohe Gewinn- und geringe Beschäftigungsanteile haben. "Auf diese Weise werden Unternehmen gefördert, die weniger beschäftigen, weniger forschen und weniger investieren", unterstrich der SPÖ-Budgetsprecher. Für ihn ist es "unverständlich, wie so etwas gemacht werden kann".

Unverständlich sei auch, dass der Präsident der Wirtschaftskammer, Leitl, nicht bereit sei, die Interessen der KMU zu vertreten. Denn Leitl fordert nun eine Ausweitung der Gruppenbesteuerung auf Finanzholdings. Dadurch sollen auch jene Großunternehmen profitieren, die keine Fertigung in Österreich haben und damit auch für keine Arbeitsplätze sorgen. Matznetter, der auch Vizepräsident des Wirtschaftsverband Österreich ist, befürchtet, dass es in drei bis vier Jahren kein KöSt-Volumen mehr gibt. Durch das knapper werdende Geld werden auch Kommunen nicht investieren können, was wiederum die gewerbliche Wirtschaft sehr stark betrifft und das Sterben der KMU setzt sich fort.

Bereits jetzt sei Österreich ein Niedrigsteuerland bei der KöSt. Mit 17,7 Prozent effektiven KöSt-Satz liege Österreich derzeit an drittletzter Stelle der EU; der EU-Schnitt liegt bei 26,9 Prozent. Ab 2005 werden es mit 12 bis 14 Prozent der letzte Platz sein. Die KöSt habe eine Größenordnung von 2,1 Prozent des Bruttoinlandprodukts, im EU-Durchschnitt liege sie bei 3,8 Prozent. Bis 2006 werde der Anteil der KöSt am BIP auf 1,27 Prozent sinken. Industrieansiedelungen wegen der KöSt-Senkung werde es jedenfalls nicht geben, ist Matznetter überzeugt. Er spricht sich dafür aus, wieder Investitionsanreize wie den Investitionsfreibetrags möglicherweise kombiniert mit Prämien oder der Möglichkeit zu vorzeitigen Abschreibungen, einzuführen.

Haiden sprach sich dafür aus, die Kreditgebühren in der Höhe von zwei Prozent abzuschaffen, die gebe es nur in Österreich. Auch die Eintragungsgebühr bei Krediten sei zu reduzieren und die "blödsinnige" Gesellschaftssteuer müsse ebenfalls abgeschafft werden. Um die Eigenkapitalquote zu verbessern, sie liegt bei KMU in Durchschnitt bei 16 Prozent, müsse ein Programm entwickelt werden, wodurch Anlagekapital direkt an die KMU fließt, sagte Matznetter. Es müsse eine Investmentkultur geschaffen werden. "Es müssen mehr ÖsterreicherInnen dazu verlockt werden, selbständig zu werden", betonte Matznetter. Haiden fügte hinzu: "Uns fehlen tausende Unternehmer im gewerblichen Bereich."

Die 330.000 KMU sichern 2,45 Millionen Arbeitsplätze, das seien 64 Prozent aller Arbeitnehmer, sagte Haiden. Die Bankverbindlichkeiten der KMU haben bedrohliche Ausmaße angenommen. Durch Basel II verstärke sich diese negative Situation noch mehr. Durch Basel II soll die Bonität der Kreditnehmer als Kriterium herangezogen werden und nicht mehr die Eigenkapitalmittel. Umso schlimmer sei es, dass die KMU mit der geplanten Steuerreform weiter unter die Räder kommen. Daher seien beschäftigungssichernde Maßnahmen für die KMU erforderlich, nicht nur steuerliche Bevorzugungen von Großbetrieben, schloss Matznetter.

 

 Kopf: Matznetter macht Unwahrheit zum Programm »Steuerreform-Entlastungsvolumen zum Großteil für Kleine Betriebe«
Wien (övp-pk) - "SPÖ-Budgetsprecher Christoph Matznetter hat einmal mehr versucht, mit plumpen Unwahrheiten die Fakten dieser Steuerreform und ihre besondere Zielrichtung zu Gunsten der Kleinst- und Kleinbetriebe wegzureden", sagte Abg.z.NR Karlheinz Kopf am Donnerstag (18. 03.). "Dass der Vorsitzende des SPÖ- Wirtschaftsverbandes Reneé Alfons Haiden sich im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz an diesem unseriösen Treiben des SPÖ- Budgetsprechers beteiligt, wirft kein gutes Licht auf ihn als Vertreter der Wirtschaftskammer, der es eigentlich besser wissen müsste", so der Generalsekretär des Österreichischen Wirtschaftsbundes. Dass die zweite Etappe der Steuerreform zu Lasten der kleinen und mittleren Unternehmen gehe und von ihr ausschließlich das "Großkapital" profitiere, sei sehr einfach anhand der konkreten Zahlen zu widerlegen, so Kopf.

"Bei der Senkung des Körperschaftssteuersatzes auf 25 Prozent profitieren vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die 98 Prozent der Kapitalgesellschaften stellen und 55 Prozent jener Menschen beschäftigen, die in GesmbHs arbeiten. Von diesen Unternehmen haben 83 Prozent weniger als 20 Mitarbeiter und 76 Prozent weniger als zehn Mitarbeiter", so Kopf. "Auf sie entfallen über 60 Prozent des KöSt-Entlastungsvolumens von einer Milliarde Euro." Das restliche Entlastungsvolumen bei der KöSt verteile sich auf jene Unternehmen, die für insgesamt 45 Prozent der in GesmbHs Beschäftigten Arbeit bieten.

Für die Gruppe der kleinsten und kleinen Personengesellschaften und Einzelunternehmen bringe die zweite Etappe der Steuerreform eine deutliche Tarifentlastung. "Faktum ist, dass 80 Prozent des Entlastungsvolumens aus der Tarifreform auf Arbeitnehmer mit einem Einkommen zwischen 10.000 und 25.000 Euro im Jahr entfällt und Einkommen bis zu 10.000 Euro pro Jahr (vor der Reform lag die Grenze bei 7000 Euro) gänzlich steuerfrei gestellt werden", so Kopf.

"Entweder glaubt Matznetter den eigenen Behauptungen zur Steuerreform oder er glaubt, die heimischen Wirtschaftstreibenden für dumm verkaufen zu können. Sein heutiger gemeinsamer Auftritt mit dem Vorsitzenden des SPÖ-Wirtschaftsverbandes entbehrt aber nicht einer gewissen Logik: beide Herren haben etwa in der Frage der Körperschaftssteuer-Senkung einen beachtlichen Salto-Rückwärts zu vergangenen Aussagen bewerkstelligt", so Kopf abschließend.
     

 Wir versuchen prinzipiell, an dieser Stelle Aussendungen
aller der vier im Parlament vertretenen Parteien aufzunehmen

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