Bienen fliegen wieder – Zahl der Imker nimmt ab  

erstellt am
18. 03. 04

EU beschränkt Bienenimporte - Heimische Imker für hohe Leistungsfähigkeit der Bienen verantwortlich - AGES liefert Bienenköniginnen mit »Stammbaum«
Wien (ages) - Die hohe Qualität der Bienenzucht in Österreich ist zu Frühlingsbeginn Anlass zur Freude, gleichzeitig warnt aber die Österreichische Agentur für Ernährungssicherheit, AGES, vor den Folgen des drohenden „Imkersterbens“. Geschätzte zehn bis zwanzig Milliarden Bienen sichern in Österreich nicht nur die Versorgung mit Honig, sondern auch die Bestäubung der heimischen Pflanzenwelt und landwirtschaftlicher Kulturen. Setzt sich der starke Rückgang der österreichischen Imkerzahl fort, würde sich auch der Bienenbestand drastisch reduzieren und die flächendeckende Bestäubung von Wild- und Kulturpflanzen gefährden.

Halbierung des Bienenbestandes droht
Gab es 1993 noch etwa 30.000 Imker, sind es zehn Jahre später nur noch 24.000[1]. „Wenn das Imkersterben weiterhin in dieser Geschwindigkeit voranschreitet, wird sich die Anzahl der Imker und somit die des gesamten Bienenbestandes in Österreich in zehn Jahren halbieren. Im Falle von zu wenigen heimischen Bienen entstünden den Obstbauern und anderen Landwirten, die beispielsweise Raps, Sonnenblumen oder Kürbisse anbauen, hohe Kosten durch das notwendige Anmieten von mobilen Bienenstöcken ‚auf Zeit’, die die Sicherung des Frucht- und Samenertrages gewährleisten“, so Dr. Friedrich Polesny, Bereichsleiter für Landwirtschaft – Betriebsmittelmanagement in der AGES.

EU: Strenge „Einwanderungsbestimmungen“ für fremde Bienen
Die Europäische Union hat die Bedeutung der Bienenzucht in Europa erkannt und mit Beginn dieses Jahres Schutzmaßnahmen verordnet, die den Bestand der heimischen Honigbienen vor Einschleppung gefährlicher Schädlinge und Parasiten schützen sollen. Im Falle der Einschleppung könnten im Befallsgebiet zehntausende Völker absterben. Jede einzelne importierte Bienenkönigin muss eine Gesundheitsbescheinigung mitführen und strenge Garantieanforderungen hinsichtlich ihrer Herkunft erfüllen. Jede Sendung darf maximal 20 Pflegebienen pro Königin beinhalten, da nur so eine lückenlose Untersuchung aller Bienen auf Befall durch Tropilaelaps-Milben und den „Kleinen Bienenstockkäfer“ vor dem Einsetzen in heimische Bienenvölker garantiert ist.

Heimische Bienen sanftmütig und leistungsfähig
In Österreich sind die „Apis mellifera carnica“, kurz „Carnica-Biene“ und die „Apis mellifera mellifera“, kurz „Dunkle Biene“, heimisch. Die am häufigsten gehaltene Honigbienenrasse ist die Carnica – rund 90 Prozent der 400.000 heimischen Bienenvölker zählen dazu. Die zweithäufigste vorkommende Bienenrasse ist die „Dunkle Biene“ (sieben Prozent), die besonders in Tirol und Vorarlberg von Imkern gezüchtet wird. Die restlichen drei Prozent an heimischen Bienen sind sogenannte Hybridbienen, die aus Rassekreuzungen hervorgehen.

Die in Österreich gehaltenen Bienen gelten als besonders leistungsfähig und sanftmütig. Speziell die guten Eigenschaften der Carnica-Königinnen aus Österreich sind für die große internationale Nachfrage verantwortlich. „Andere Bienenrassen, die bei uns nicht vorkommen, beispielsweise die ‚Afrikanisierte Biene’, auch ‚Killerbiene’ genannt, sind wesentlich aggressiver und stechlustiger. Sie erschweren die Arbeit an den Bienenstöcken und machen die Haltung in dicht besiedelten Gebieten unmöglich. Um die guten Eigenschaften der heimischen Bienen zu erhalten, wird bei der Zucht große Sorgfalt auf die Auslese der Bienen gelegt“, so Dr. Rudolf Moosbeckhofer, Leiter des Instituts für Bienenkunde der AGES.

„Das Verhalten eines Bienenvolkes ist durch die Erbanlagen der Bienenkönigin bestimmt. Nur durch die langjährige Zuchtarbeit der österreichischen Imker und die kontrollierte Auswahl hochwertiger Königinnen als Zuchtmütter sind die hohe Qualität und die hohen Erträge der heimischen Bienenvölker gesichert“, so Moosbeckhofer. Damit das jahrhundertealte, landwirtschaftliche Kulturgut der Zucht heimischer Bienenrassen erhalten bleibt, haben einige Bundesländer zur Erhaltung der natürlich vorkommenden Bienenrassen Schutzbestimmungen erlassen.

AGES-Bienen mit 30 Generationen altem „Stammbaum“
Das Bieneninstitut der AGES untersucht Bienenvölker bereits seit 1947. Jährlich werden etwa 200 Bienenvölker in den hauseigenen Stöcken beobachtet und geprüft, um mehr über ihr Verhalten und ihre Leistungsfähigkeit zu erfahren.

Moosbeckhofer: „Als Beitrag zur Erhaltung der heimischen Carnica-Biene züchtet das Institut Bienenköniginnen, die von Imkern erworben werden können. Jede einzelne Königin, die bei der AGES gezüchtet wird, verfügt über einen bis zu 30 Generationen zurückreichenden Stammbaum, mit dem die Abstammung der Biene dokumentiert wird.“

Die „Produkt-Wunderwelt“ der Honigbiene
Am österreichischen Markt sind zwei Hauptkategorien von Honig zufinden - der Blütenhonig und der Waldhonig. Waldhonig besteht vorwiegend aus dem Honigtau, der von pflanzensaugenden Insekten ausgeschieden und von der Biene gesammelt wird.

Der Blütenhonig wird aus dem Nektar verschiedener Pflanzen erzeugt. In Österreich ist die Sortenvielfalt groß. Besonders beliebt sind beispielsweise Sonnenblumenhonig, Rapshonig, Lindenhonig, Obstblütenhonig, Alpenrosenhonig, Löwenzahnhonig, Edelkastanienhonig, Robinienhonig und andere Lokalspezialitäten.

Ebenfalls von den Bienen produziert und am Markt erhältlich ist der „Waldblütenhonig“, eine natürliche Mischform von Wald- und Blütenhonig.

Propolis, Wachs und „gesunde Bienenstiche“
Die Arbeit der Bienen bringt nicht nur das Nahrungsmittel Honig hervor: In der Volksheilkunde schätzt man das aus den Bienenstöcken gewonnene Propolis, das als altbewährtes Hausmittel gegen Viren und Bakterien wirkt, und daher besonders in Grippezeiten gefragt ist.

Bienenwachs findet seine Verwendung in der Kosmetik, aber auch bei der Herstellung von Naturlacken und als wertvoller Rohstoff bei der Kerzenproduktion.

Obwohl in Österreich Bienenstiche auf Grund der Sanftmut der Bienen selten vorkommen, haben sie neben den unangenehmen Folgen (und gefährlichen Auswirkungen bei Menschen mit Bienenstichallergien) durchaus auch gesunde Auswirkungen. Das Serum wird zur Behandlung von Rheuma, Multipler Sklerose und bei der Akupunktur eingesetzt.

Eine synthetische Herstellung der Bienenprodukte ist unmöglich.

Auch die Wiener Orchester profitieren von den Diensten der Bienen: Einige Wiener Geigenbauer überziehen ihre Streichinstrumente mit einem Lack, der Propolis enthält.
     
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