Haupt: Kostenloser Rücktritt von gefährlichen Urlaubsreisen  

erstellt am
18. 03. 04

Wien (nso) - Konsumentenschutzminister Mag. Herbert Haupt begrüßte am Mittwoch (17. 03.) ein Urteil des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien (BGHS), das als Sieg für die Konsumentinnen und Konsumenten dieses Landes zu werten sei. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) führte nämlich im Auftrag des Bundesministeriums für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz einen erfolgreichen Musterprozess. Ein Reiseveranstalter wurde dadurch zur Rückzahlung der Stornogebühr verurteilt. Diese war einbehalten worden, weil die Reisenden aufgrund von SARS-Gefahr ihre Reise nicht antreten wollten.

"Es ist gut so, dass die Gerichte das Unrecht anerkannt haben. Es kann nicht so sein, dass Konsumenten finanzielle Einbußen durch Stornogebühren erleiden, wenn sie eine Reise aufgrund des Schutzes gegenüber ihrem eigenen Leben und ihrer Gesundheit nicht antreten. Der Schutz der Gesundheit und des Lebens hat in allen Bereichen absoluten Vorrang. Da kann es nicht so sein, dass manche Reisebüros aus dem verständlichen Sicherheitsbedürfnis der Menschen noch ein Geschäft machen", so Konsumentenschutzminister Haupt. Alleine durch die Möglichkeit von Terroranschlägen in gefährdeten Ländern, sei es ein absolutes Muss, dass der Rechtsstaat weit über den Anlassfall hinaus Recht im Sinne des Konsumenten gesprochen habe.

Der Antritt einer Reise nach China war Reisenden bereits vor der Reisewarnung durch das Außenministerium unzumutbar: das erkannte das Bezirksgericht für Handelssachen Wien in einem Musterprozess, den der Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag von BM Haupt führte und verurteilte den Veranstalter zur Rückzahlung der einbehaltenen Stornogebühr. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Ein Ehepaar buchte Anfang Februar 2003 eine 3-wöchige Pauschalreise nach Burma, China und Thailand. Geplanter Reiseantritt war der 18.März 2003. Am 12. März schlug die WHO Alarm wegen des Auftretens der Lungenkrankheit SARS und informierte darüber. Am 15.März bezeichnete die WHO in ihrer ersten Aussendung SARS als weltweite Gefahr, von der auch China und Thailand betroffen sind. Die Konsumenten informierten sich über die Medien (Fernsehen, Internet, Tageszeitungen) über die Gefahrensituation. Im "Kurier" vom 16.März war zu lesen, SARS breite sich aus, es habe in Asien und Kanada bereits mehrere Todesfälle gegeben. Bezugnehmend auf die WHO-Information wurde die Zahl von über 300 Verdachtsfällen und 5 Todesfälle allein in China kolportiert. Die verunsicherten Konsumenten kontaktierten daraufhin den Journaldienst des Außenministeriums und brachten in Erfahrung, dass seitens des Außenministeriums noch keine Reisewarnung angedacht sei, das amerikanische Gesundheitsministerium jedoch bereits eine solche für China herausgegeben habe. Am 17. März - somit einen Tag vor Reiseantritt - fand eine Besprechung im Reisebüro statt. Der Geschäftsführer erklärte, die Gefahr von SARS werde aufgebauscht; einer Kulanzlösung im Sinne einer Verschiebung oder Umbuchung der Reise war er abgeneigt. Daraufhin stornierten die Konsumenten die Reise. Rückerstattet wurden lediglich 15 % des Reisepreises, der Rest in Höhe von rund EUR 4.500 wurde als Stornogebühr einbehalten. Die Stornogebühr wurde seitens des VKI eingeklagt und muss nach dem Urteil des BGHS zurückbezahlt werden.

Das Gericht sah den Rücktritt von der Reise wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage als gerechtfertigt an: Nach der Reisebuchung hätten sich nämlich Ereignisse ergeben, die den Reiseantritt für die Konsumenten als unzumutbar erscheinen lassen mussten. Zwar lag zu diesem Zeitpunkt (noch) keine Reisewarnung des BMAA vor. Die Konsumenten mussten nach ihrem Informationsstand aber davon ausgehen, dass eine epidemische Ausbreitung von SARS im Zielgebiet der gebuchten Reise unmittelbar bevorstand. Den Medienberichten zufolge - Kurier, Reisewarnung der WHO - war damit zu rechnen, dass eine Reisewarnung des BMAA jederzeit erfolgen kann. (Die Reisewarnung des BMAA erfolgte letztlich Anfang Mai 2003). Die den Reisenden zur Verfügung stehenden Informationen kurz vor Reiseantritt erreichten nach Einschätzung des Gerichtes eine Intensität, die einen durchschnittlich Gebildeten jedenfalls in Furcht und Unruhe versetzen konnten. Daher war der Rücktritt von der Reise wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage gerechtfertigt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
     
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