Eurofighter – Sondersitzung im Hohen Haus  

erstellt am
17. 03. 04

Gusenbauer empört über »Eurofighter-Blindflug« auf Kosten der Steuerzahler
Wien (sk) - "Wieso gibt es für die Bildungspolitik, für den Ausbau von Kinderbetreuungs- plätzen und für die Pensionen kein Geld, während es für die Anschaffung von sündteuren Abfangjägern mehr als zwei Milliarden Euro gibt?" ärgerte sich SPÖ-Bundesparteivorsitzender Alfred Gusenbauer am Dienstag (16. 03.) im Nationalrat im Rahmen der Dringlichen Anfrage über den "Eurofighter-Blindflug" auf Kosten der österreichischen Steuerzahler. Mit der "größten Fehlinvestition, die jemals in der Geschichte unseres Landes getätigt worden ist" schaufle die Regierung mit dem Geld der Steuerzahler ein "Milliardengrab", das ungeahnte Ausmaße annehmen könnte, warnte Gusenbauer.

Empört zeigte sich Gusenbauer darüber, dass alle Bedenken internationaler Natur bezüglich der Sinnhaftigkeit der Weiterführung des Eurofighter-Projekts von der Regierung einfach weggewischt werden. Auch, dass der Rechnungshofbericht, der unter anderem ernste Bedenken bezüglich der Nachvollziehbarkeit der Bewertungskriterien und der Beurteilung der Gegengeschäfte erhebe, von Minister Platter als "Persilschein" gesehen werde, rief bei Gusenbauer vehementen Widerspruch hervor.

"Dass sie jetzt um 75 Millionen Euro Uraltabfangjäger als Übergangslösung anschaffen", befand Gusenbauer als grotesk - nicht zuletzt deshlab, da es im Vorfeld geheißen habe, die Betreiberstaaten werden für die Übergangslösung aufkommen. An Versprechen, die sich jetzt in Luft aufgelöst haben - Stichwort Wirtschaftsplattform - mangle es der Regierung anscheinend nicht, merkte Gusenbauer an.

Anlässlich des "grausamen Attentats" in Madrid stellte Gusenbauer fest, dass die kriegerischen Auseinandersetzungen im Irak und Afghanistan im Rahmen des Kampfes gegen den Terrorismus die Welt noch unsicherer gemacht haben - und kam zu dem Schluss: "Wir brauchen ein Umdenken in der internationalen Sicherheitspolitik, um sich den wahren Gefährdungen stellen zu können."

Genauso wie diese kriegerischen Strategien international in eine Sackgasse führen, werden auch die Eurofighter den wirklichen Bedrohungen nicht gerecht, zweifelte Gusenbauer an der sicherheitspolitischen Sinnhaftigkeit der Abfangjäger. Die Eurofighter seien bestenfalls eine Antwort auf vergangene Herausforderungen, nicht aber für die Zukunft. Gusenbauer erinnerte in diesem Zusammenhang auch an die "nicht gerade glorreiche Geschichte" Österreichs bei der Anschaffung von neuen Waffensystemen.

Dass Schwarz-Blau wahrscheinlich gegen eine Untersuchung der "entscheidenden Tage vor der Typenentscheidung" stimmen werde, erklärte sich Gusenbauer mit dem "schlechten Gewissen" der Regierung. Gusenbauer wertete dies als "umso skandalöser" als eine große Mehrheit der Bevölkerung gegen die Anschaffung der Abfangjäger sei und über 600 000 Menschen ein Volksbegehren unterschrieben haben.

 

 Platter: Sicherheit hat ihren Preis
Wien (övp-pd) - "Mir ist die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher wichtig. Für sie trete ich gemeinsam mit dem österreichischen Bundesheer ein, zu Lande, im Wasser und in der Luft", so Verteidigungsminister Günter Platter am Dienstag (16. 03.) anlässlich der Sondersitzung im Nationalrat zum Thema "Eurofighter".

Platter wies darauf hin, dass er mit gutem Gefühl Rede und Antwort stehe. "Der Rechnungshof bestätigt in seinem Bericht, dass der Eurofighter-Konzern Bestbieter war. Es gibt keine Anzeichen für irgendwelche Manipulationen und Geschenkannahme im Verfahren. Der Zuschlag für den Eurofighter ist rechtlich absolut korrekt", zeigte sich Platter zufrieden.

Auch zur Übergangslösung bis zur Lieferung der Eurofighter nahm der Verteidigungsminister Stellung. Bei der Entscheidung für die F-5 Jets der Schweizer Armee seien ihm drei Vorgaben wichtig gewesen. "Die Sicherheit der Piloten, eine lückenlose Luftraumüberwachung und, dass diese Lösung finanziell tragbar ist." Mit dem Wartungsvertrag und den Betriebskosten für die Draken hätte man 110 Millionen Euro aufwenden müssen. "Bei der jetzigen Lösung mit Gesamtkosten von insgesamt 75 Millionen Euro muss der Steuerzahler somit 35 Millionen weniger zahlen."

Gusenbauer und der SPÖ wirft Platter vor, mit ihrer Polemik und Argumentation die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung zu gefährden. "Sie und die SPÖ setzen die Sicherheit unseres Luftraumes aufs Spiel und rechnen in verantwortungsloser Weise die Notwendigkeit einer militärischen Verteidigung gegen die soziale Sicherheit auf", so Platter in Richtung Gusenbauer. Es sei billig, politisches Kleingeld auf dem Rücken der Luftraumüberwachung zu wechseln und "Stimmenfang darf nicht das Abgehen von der Verantwortung einer staatstragenden Partei bedeuten", so der Verteidigungsminister.

Angesichts der Tatsache, dass der Terror letzte Woche auch in Europa Einzug gehalten habe, betonte Platter, dass er Angst nehmen und Sicherheit geben wolle. Da die größte Bedrohung von der Luft ausgehe, gäbe es keine Alternative zu einer aktiven Luftraumüberwachung. "Wer für Österreich ist, ist auch für bestmögliche Sicherheit in der Luft. Sicherheit hat ihren Preis und für diese tritt die österreichische Bundesregierung unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel ein", so Platter abschließend.

 

 Bösch: Für Transparenz, aber gegen ein Politspektakel
Wien (fpd) - Von einem Musterbeispiel an Widersprüchlichkeiten ebenso wie von billiger Polemik sprach FPÖ-Wehrsprecher Reinhard E. Bösch im Zusammenhang mit Vorwürfen der Opposition rund um die Eurofighter-Beschaffung. "Egal welche Typenauswahl auch getroffen worden wäre, Sie hätten dieses Spektakel immer veranstaltet", so Bösch.

Der Rechnungshof habe klargestellt, dass der Ankauf richtig und nachvollziehbar gewesen sei und es keine illegalen Vorgangsweisen dabei gegeben habe. "Ihre Unterstellungen brechen in Nichts zusammen", so Bösch in Richtung Opposition.

Den Vorwurf der hohen Kosten für unsere Luftraumüberwachung, entkräftete Bösch mit dem Hinweis auf die "teuerste Veranstaltung" der zweiten Republik, nämlich die dreißigjährige Regierungsbeteiligung der SPÖ.

Ich spreche mich für Transparenz, aber gegen ein Politspektakel aus", so Bösch abschließend zur Forderung der Opposition einen Untersuchungsausschuss einzusetzen.

 

 Eurofighter und Heeresreform nicht gleichzeitig möglich
Wien (grüne) - Peter Pilz befürchtet, dass die Eurofighter zum "Sargnagel" für die Bundesheer-Reform werden könnten. In einer Pressekonferenz hat er diese Aussage am Dienstag mit Zahlen zu belegen versucht: Zu den rund zwei Mrd. Euro Kaufpreis würden weitere 2,7 Mrd. Euro für Betriebskosten und Zwischenlösung kommen. Für die Heeresreform sei andererseits mit "Konversionskosten" in der Höhe von rund zwei Mrd. Euro zu rechnen. Das Geld für alles zusammen sei aber nicht vorhanden.

Die Gesamtkosten für die Luftraumüberwachung errechnet Pilz aus verschiedenen Einzelpositionen unter Bezugnahme auf den Rechnungshofbericht, der am Dienstag auch im Mittelpunkt der Sondersitzung des Nationalrats stehen wird. Darin enthalten seien die Kosten für den Ankauf, aber auch die auf 30 Jahre hochgerechneten Betriebskosten sowie von ihm mit 200 Millionen Euro angenommene Kosten für zusätzliche Bewaffnung und sowie 233 Mio. Euro für "Systemaufwand für sonstige Vertragspartner".

In Sachen Heeresreform wiederum sei die "größte Systemumstellung der Zweiten Republik" zu erwarten. Dies werde auch mit Kosten verbunden sein, vor allem im Personalbereich. Laut Pilz, der auch Mitglied der Reformkommission ist, werden derzeit die ersten Berechnungen dafür angestellt. Als Größenordnung sei mit zwei Mrd. Euro zu rechnen.

Von den Gesamtkosten für Eurofighter und Heeresreform seien aber nur zwei Mrd. Euro für die Anschaffung budgetär abgesichert, bleibe eine Finanzierungslücke von mehr als 4,7 Mrd. Euro. Von Finanzminister Karl-Heinz Grasser und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) verlangt er nun Aufklärung, woher dieses Geld kommen solle. Nötig wäre eine Aufstockung des Verteidigungsbudgets um mehr als 25 Prozent. Neuverschuldung sei wegen der Maastricht-Kriterien aber nicht möglich, bleibe also Umschichtung: "Das muss aus bestehenden Budgettiteln kommen. Wie heißen die? Wo ist das Geld, damit geflogen und reformiert werden kann?". Pilz befürchtet, dass Soziales, Bildung und Forschung die Verlierer sein könnten.

Pilz fordert mit dem Verzicht auf den Eurofighter eine andere Lösung. Weil dann auch die für den Ankauf gewidmeten zwei Mrd. Euro wieder frei werden, sei für die kommenden Jahre ein Nullsummenspiel möglich. Er geht zudem davon aus, dass bei entsprechender Suche wohl ein Grund gefunden werden könnte, aus dem Eurofighter-Vertrag ohne Pönale auszusteigen.

In Sachen Bundesheer-Reform warf der Abgeordnete dem Verteidigungsminister Günther Platter (V) vor, dieser wolle ein "Bundesheer halb alt, halb neu". Wenn der Minister etwa von einer Halbierung der Mobilmachungsstärke spreche und eine Abschaffung der Wehrpflicht ablehne, sei dies "völliger Unsinn". "In einer Einsatzarmee gibt es keine Mobilmachungsstärke, weil es schlicht und einfach keine Miliz mehr gibt."
     

 Wir versuchen prinzipiell, an dieser Stelle Aussendungen
aller der vier im Parlament vertretenen Parteien aufzunehmen

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