Ministerrat beschloss Regierungsvorlage zum Tierschutzgesetz  

erstellt am
17. 03. 04

Schüssel: Erstmals bundeseinheitliches Gesetz mit verlässlichen Standards
Wien (bpd) - Der Ministerrat beschloss am Dienstag (16. 03.) auch die Regierungsvorlage für eine bundeseinheitliches Tierschutzgesetz. Dieses wird nun dem Parlament zugeleitet. Der Bundeskanzler betonte, dass Österreich damit erstmals ein bundeseinheitliches, modernes Tierschutzgesetz erhalten werde. Schüssel: "Dieses Gesetz schafft verlässliche Standards in allen Bundesländern, und es ist europaweit ein vorbildliches Gesetz."

Das Gesetz war bereits vor drei Wochen im Ministerrat behandelt worden. Damals waren drei Punkte offen geblieben, für die nun ein Konsens gefunden werden konnte. Die Definition des Tieres als Mitgeschöpf wird nun im Paragraph 1 des neuen Gesetztes verankert. Die notwendigen Verfassungsbestimmungen werden im Österreich-Konvent beraten. Schüssel: "Wir sind dafür, Themen wie Familie oder auch Tierschutz als Staatszielbestimmungen in den Konventstext aufnehmen." Als dritten Punkt nannte der Bundeskanzler die verfassungskonforme Regelung des Betäubens vor dem Schlachten. "Dies ist nun im Gesetz geregelt, wobei wir uns am Vorarlberger Modell orientiert haben", so der Bundeskanzler. Zusätzliche Beratungen zu diesem Punkt sind auch für die parlamentarische Behandlung vorgesehen. Dazu werden Vertreter der Religionsgemeinschaften und Praktiker eingeladen, kündigte der Bundeskanzler an.

   

Baumgarnter-Gabitzer: ÖVP gelang entscheidender Schritt
Wien (övp-pk) - Mit dem heutigen Beschluss im Ministerrat wird der entscheidende Schritt für ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz gesetzt. Ohne die ÖVP wäre diese wichtige Neuerung im österreichischen Tierschutz nicht möglich. Das sagte ÖVP-Verfassungssprecherin Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer am Dienstag (16. 03.).

"Im Rahmen des Begutachtungsverfahrens sind rund 80 Stellungnahmen eingetroffen. Diese wurden eingehend gesichtet und durchgearbeitet und fanden in der Weiterentwicklung des Entwurfes zum bundeseinheitlichen Tierschutzgesetz Eingang. Heute liegt nun mit dem Beschluss des Ministerrates das Ergebnis dieses Diskussions- und Meinungsfindungsprozesses vor, der zu einer Änderung im Tierschutz führt. Ein einheitliches Tierschutzgesetz ist eine absolute Novität in der österreichischen Gesetzeslandschaft", ist Baumgartner-Gabitzer zufrieden.

Eine Novität waren auch die intensiven wissenschaftlichen Beratungen im Vorfeld des Ministerrats-Beschlusses, führte Baumgartner-Gabitzer weiter aus. "Gerade eine sensible und gleichzeitig dynamische wissenschaftliche Materie wie der Tierschutz braucht Expertenwissen, um die Menschen beim richtigen Tierschutz zu unterstützen."

Als wichtigste Ergebnisse nannte Baumgartner-Gabitzer folgende:

  • Wir werden Tiere als Mitgeschöpfe schützen. Das wird im Gesetz verankert und unterstreicht die hohe ethische Verpflichtung und Verantwortung jedes einzelnen gegenüber dem Tier.
  • Die verfassungsmäßige Verankerung des Tierschutzes in Form einer Staatszielbestimmung wird Gegenstand der Beratungen des Österreich-Konvents sein.
  • Wir können wissenschaftliche Tierschutzforschung und tierfreundliche Haltungsformen fördern.
  • Künftig gibt es neun unabhängige Tierschutzombudsmänner - injedem Bundesland einen. Diese Tierschutzombudsmänner müssen besonders qualifiziert sein, vertreten die Tierschutzinteressen, sind weisungsfrei und zudem Mitglied im Tierschutzrat. "Dadurch wird die optimale Zusammenarbeit zwischen Ländern und Bund gewährleistet."
  • Konventionelle Legehennenhaltung wird ab dem 31.12.2008 verboten. Damit steigt Österreich drei Jahre vor der von der EU vorgesehenen Frist aus der Legehennenhaltung aus.
  • Das Schlachten von Tieren ohne Betäubung vor dem Blutentzug ist verboten. "Es wurde ein verfassungskonformer Weg gesucht und auch gefunden, um die Freiheit der Religionsausübung mit dem Tierschutz zu vereinbaren", so die ÖVP-Verfassungssprecherin. Nähere Bestimmungen über das Schlachten werden über eine Verordnung des Gesundheitsministeriums geregelt.

"Ich halte diese Gesetzesvorlage für einen großen Wurf. Damit ist es der ÖVP gelungen, ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz in die Wege zu leiten", schloss Baumgartner-Gabitzer.


 

 Sima: ÖVP will Bundestierschutzgesetz offensichtlich scheitern lassen!
Massive Verschlechterungen der aktuellen Tierschutzstandards geplant - Agralobby hat sich auf allen Linien durchgesetzt!
Wien (sk) - Auf ein "endgültiges Scheitern" des Bundestierschutzgesetzes zielt nach Ansicht von SPÖ-Tierschutzsprecherin Ulli Sima die ÖVP mit ihrer heute präsentierten Einigung zum Tierschutzgesetz ab. "Was die Regierung vorlegt, verdient keinesfalls den Namen Bundestierschutzgesetz, der Entwurf bedeutet massive Verschlechterungen der aktuellen Tierschutzstandards in vielen Bereichen, er ist eine glatte Verhöhnung und belegt einmal mehr, dass echter Tierschutz im Wortschatz der ÖVP nicht vorkommt“, so Sima entsetzt. Die am Dienstag (16. 03.) präsentierten Änderungen betreffen laut Sima jedenfalls nicht die Kernbereiche des Gesetzes, wie etwa die Standards in der Nutztierhaltung oder die Tieranwaltschaft.

Es hätte sich schon seit langem abgezeichnet, dass die ÖVP überhaupt nicht am Zustandekommen des von Kanzler Schüssel vor 15 Monaten im Wahlkampffinale versprochenen Gesetzes interessiert ist. "Zuerst passiert monatelang nichts, dann werden irgendwelche Vorentwürfe präsentiert und schließlich einigt sich die ÖVP mit der FPÖ auf einen Entwurf, der aus Tierschutzsicht schlichtweg skandalös ist", so Sima. In nahezu allen Bereichen der Nutztierhaltung komme es zu dramatischen Verschlechterungen, von einem Ende der tierquälerischen Käfighaltung bei Hennen kann laut Sima keine Rede sein. So wird lediglich die EU-Vorgabe für einen ausgestalteten Käfig um drei Jahre vorgezogen. "Was daran ‚europaweit vorbildlich’ sein soll, ist mir unklar", so Sima.

Des weiteren sollen Kastration sowie Schwanz- und Zähnekupieren bei Ferkeln durch Laien ohne Betäubung wieder generell erlaubt werden, obwohl dies heute schon in einigen Bundesländern verboten sei. "Auch der Tierschutzombudsmann bleibt ohne Parteienstellung und klar definierten Aufgaben zahnlos und erfüllt keinesfalls die Forderung des Tierschutzvolksbegehren nach einem unabhängigen, weisungsfreien Tierschutzanwalt nach dem Vorbild der Umweltanwaltschaft", so Sima.

Zudem seien die Kernstücke des Gesetzes nach wie vor über zahllose Verordnungsermächtigungen geregelt, diese Verordnungen können vom Minister alleine und ohne Rücksprache mit dem Parlament erlassen werden. "Wir sind nicht bereit mit dem Tierschutzgesetz die sprichwörtliche 'Katze im Sack' zu kaufen, ohne die Verordnungen ist das Gesetz nicht einmal mehr als Rahmengesetz zu bezeichnen", so Sima. Die für das Zustandekommen eines Bundestierschutzgesetzes notwendige Zweidrittelmehrheit und damit die Zustimmung der SPÖ könne es zu diesen Plänen der ÖVP nicht geben.

Bezeichnend sei auch, dass die Regierungsparteien trotz notwendiger 2/3 Mehrheit mit der SPÖ bisher keinerlei konkrete Verhandlungen aufgenommen hätten. Dies lässt vermuten, dass es kein wirkliches Interesse am Zustandekommen eines Tierschutzgesetzes gibt. "Ein allfälliges Scheitern des überfälligen Gesetzes hat alleine die Regierung und mit ihr Kanzler Schüssel zu verantworten, sein Versprechen hat sich endgültig als Wahlkampfgag entpuppt", so Sima. Die SPÖ werde auch weiterhin für ein strenges, modernes Tierschutzgesetz kämpfen, eine Nivellierung nach unten unter dem Deckmantel Bundestierschutzgesetz wird es mit der SPÖ nicht geben.

 

 Haubner: Töten ohne Betäubung gesetzlich verboten
Staatszielbestimmung zum Schutz des Lebens und Schutz vor Leid
Wien (fpd) - Erstmals werden Tiere in der österreichischen Rechtssprechung wie Geschöpfe mit Empfindungen und Gefühlen und nicht wie Gegenstände behandelt", umschreibt die geschäftsführende FPÖ-Obfrau Ursula Haubner die Umsetzung der FPÖ-Forderung zu einem umfassenden österreichischen Tierschutzgesetz.

"Der FPÖ-Einsatz hat sich gelohnt, denn nach 18 Jahren - damals hat Dr. Jörg Haider den ersten Anlauf gemacht - ist wahr geworden, was wir unseren Mitgeschöpfen schuldig sind: Den Schutz ihres Lebens, ihr Wohlbefinden, das Verbot des Quälens und strafrechtliche Sanktionen." Besonders wichtig ist, dass zukünftig keine Tötung ohne vorherige Betäubung, also das "Schächten", gesetzlich verboten ist.

"Tiere sind uns als Mitgeschöpfe anvertraut, daher muss Leiden ausgeschlossen werden. Aus medizinischer Sicht ist es heute leicht möglich, Angst, Stress und Schmerz zu vermeiden. Im Europa-Vergleich haben wir mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf eine Vorgabe geliefert, die weit über europäische Tierschutzmaßnahmen hinausgreift: Verbot der Pelztierhaltung, das Verbot der konventionellen Käfighaltung bereits ab 1.1.2009, das Verbot der dauernden Anbindehaltung, das Verbot der Wildtierhaltung in Zirkussen, ein grundsätzliches Kupierverbot."

"Die FPÖ hat ein bundeseinheitliches Gesetz zum Schutz der Tiere 2003 zur Koalitionsfrage gemacht. Wir haben in der Koalition nunmehr den Schutz der Tiere erreicht und sogar die Bestrafung mit einem Strafrahmen von 15.000 € fest gehalten. Damit zeigen wir, wie Ernst es uns ist mit dem Lebensschutz und Wohl der Tiere, unserer Wegbegleiter", schließt Haubner.

 

 Glatte Bauchlandung der FPÖ beim Tierschutzgesetz
Weinzinger: Regierungsvorlage völlig unbrauchbar für moderne Tierschutzregelung
Wien (grüne) - "Das war eine glatte Bauchlandung der FPÖ", so die Tierschutzsprecherin der Grünen, Brigid Weinzinger, in erster Reaktion auf die Einigung der Koalitionsparteien auf das Tierschutzgesetz im Ministerrat. "Das Tierschutzgesetz ist völlig unverändert durch den Ministerrat gegangen, plötzlich mit Zustimmung der FPÖ aber ohne inhaltlich dringend nötige Verbesserungen", so Weinzinger.

"Inhaltlich sind wir Lichtjahre vom angeblich modernsten Tierschutzgesetz Europas entfernt. Die angepriesenen Käfigverbote sind reine Täuschung, denn verboten werden nur die kleinen, nicht ausgestalteten Käfige. Aber die um ein paar Quadratzentimeter größeren Käfige mit Sitzstangen bleiben erlaubt. Die tierquälerischen Eingriffe, wie das Kupieren von Schwänzen oder Kastrieren von Ferkeln bleiben weiterhin gängige Praxis", kritisiert Weinzinger die unbrauchbare Vorlage für ein modernes Tierschutzgesetz.

Der Entwurf für das Tierschutzgesetz war schon im Vorfeld auf heftige Kritik getroffen. Dass er nun unverändert vorgelegt wird, mache eine parlamentarische Einigung um so schwieriger. "Daraus kann man nur den Schluss ziehen, dass Kanzler Schüssel es von Anfang an aufs Scheitern angelegt hat, weil die ÖVP eine bundeseinheitliche Regelung in Sachen Tierschutz von vorneherein verhindern will", so Weinzinger abschließend.
     
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