Wien (filmarchiv) - Kino schreiben im Exil - der Themenschwerpunkt des Aprilprogrammes des Filmarchivs Austria
fokussiert auf ein wesentliches Kapitel der Filmemigration. Aus dem Zusammentreffen europäischer Erzähltradition
und amerikanischer Studioproduktion resultierten Drehbücher für Filme, die Geschichte schrieben. Für
Hollywood texteten dabei auch österreichische Emigranten, deren Arbeit wir diesmal in den Vordergrund stellen.
Im Verlag Filmarchiv Austria erscheinen gleich zwei neue Publikationen. Die erste Monografie über Walter Reisch
wird anlässlich der Eröffnung der ihm gewidmeten Retrospektive präsentiert. Im Rahmen der Filmreihe
ÖSTERREICHISCHE FILMAUTORINNEN IN HOLLYWOOD stellen wir das lange erwartete Standardwerk von
Rudolf Ulrich Österreicher in Hollywood vor
WALTER REISCH
Retrospektive 1. bis 18. April 2004, Metro Kino
Über die Sprache kam er zum Film, seine Fähigkeit für prägnante Sätze macht ihn Anfang
der 1920er-Jahre zum "Titelschreiber" beim Stummfilm. In Hollywood lieferte er Drehbücher nach Maß,
seine Fähigkeit, Filme von rückwärts zu schreiben galt als legendär. Zweifellos zählt
der 1903 in Wien geborene Walter Reisch zu den ganz großen internationalen Filmautoren, eine seiner Bedeutung
angemessene Würdigung ist bisher nicht erfolgt.
Zunächst begann Reisch im österreichischen Stummfilm als Statist, Drehbuchautor, Kamera- und Regieassistenz
und Titeltexter. Mit Anbruch der Tonfilmzeit avanciert er zu einem der wichtigsten Wegbereiter des international
erfolgreichen deutschen Musikfilms und wird zum kongenialen Partner von Willi Forst. Er verfasst die Drehbücher
zu LEISE FLEHEN MEINE LIEDER (1933) und MASKERADE (1934), in seiner eigenen Regie entstehen in Wien noch EPISODE
(1935) und SILHOUETTEN (1936). 1936 emigriert Walter Reisch zunächst nach England, wo er für MEN ARE
NOT GODS Regie führt, 1937 geht er in die USA und wird bei MGM erfolgreicher Drehbuchautor. Er schreibt Filme
für die Hollywood-Stars Greta Garbo (NINOTCHKA, 1939), Hedy Lamarr (COMRADE X, 1940), Vivien Leigh (THAT HAMILTON
WOMAN, 1941) oder Ingrid Bergman (GASLIGHT, 1944). Später arbeitet Reisch für Universal (Regie in SONG
OF SCHEHERAZADE, 1947), Paramount und 20th Century Fox, wo der Marilyn-Monroe-Streifen NIAGARA (1952) und das oscargekrönte
Drama TITANIC (1953) entstehen. Mitte der 50er Jahre dreht Reisch wieder in Deutschland und inszeniert DIE MÜCKE
(1954) und DER CORNET
(1955), zwei fast vergessene Werke des deutschen Nachkriegskinos.
Das Filmarchiv Austria ehrt Walter Reisch in dieser weltweit ersten ihm gewidmeten Retrospektive. Im Metro Kino
gelangen 31 Reisch-Filme zur Aufführung. Filme, die das Oeuvre eines besessenen Filmschreibers entfalten,
in dessen erstaunlicher Exilkarriere sich auch Zusammenhänge und Kontinuitäten zwischen dem Weimarer
Kino und späteren Hollywood-Produktionen nachzeichnen lassen. Begleitend dazu erscheint im Verlag Filmarchiv
Austria die von Günter Krenn herausgegebene Publikation Walter Reisch Film schreiben mit Beiträgen namhafter
Filmwissenschaftler, Selbstzeugnissen und einer ausführlichen Filmografie.
Publikation:
WALTER REISCH. FILM SCHREIBEN.
Buchpräsentation am 1. April 2004, 20.00 Uhr, Metro Kino
In der neuen, im Verlag Filmarchiv Austria erscheinenden Publikation Walter Reisch - Film schreiben (Hg. Günter
Krenn) wird das Werk des bedeutenden in Wien geborenen Filmkünstlers Walter Reisch erstmals umfassend dokumentiert.
Das Buch enthält Originalbeiträge von namhaften Filmwissenschaftlern wie Thomas Koebner, Jürgen
Kasten, Jan Christopher Horak, Helmut G. Asper, Vinzent Hediger, Thomas Brandlmeier, Ursula von Keitz, Cornelius
Schnauber, Ines Steiner, Willy Riemer und Daniela Sannwald sowie eine Hommage von Georg Kreisler, dem ebenfalls
exilierten Cousin von Walter Reisch. Erstmals konnte für dieses Buch auf einen wichtigen Teilnachlass des
Filmkünstlers zurückgegriffen werden. Ergänzt wird der reich illustrierte Band durch eine ausführliche
Filmografie.
ÖSTERREICHISCHE FILMAUTORINNEN IN HOLLYWOOD
Filmreihe 19. bis 28. April 2004, Metro Kino
Von der Forschung bisher wenig beachtet blieb das Schicksal der österreichischen Filmemigrantinnen. Neben
der großen Verlusterfahrung der Heimat kamen oftmals auch Sprach- und Akzeptanzprobleme im Exil dazu. In
der Filmschau ÖSTERREICHISCHE FILMAUTOR-INNEN IN HOLLYWOOD werden die besonderen Umstände des Kinoschreibens
im Exil am Beispiel von drei Filmkünstlerinnen beleuchtet. Die als Schauspielerin ausgebildete in Galizien
geborene Salka Viertel-Steuermann kam schon 1928 nach Hollywood und schrieb Bücher für mehrere Filme
mit Greta Garbo. Die Wienerin Vicki Baum reüssierte als Romanautorin, ehe sie 1931 erstmals nach Hollywood
ging, wo sie ab 1932 bei MGM aber auch als freie Autorin für das Kino arbeitete. Die in Wien geborene Journalistin
und Autorin Gina Kaus floh vor den Nazis über die Schweiz und Frankreich nach Hollywood. Trotz Etablierungsproblemen
wurden über ein Dutzend ihrer Filmbücher realisiert. In der Filmschau werden 10 beispielhafte Arbeiten
aus dem
Schaffen der drei Autorinnen vorgestellt.
Publikation:
ÖSTERREICHER IN HOLLYWOOD
Buchpräsentation mit Filmvorführung WIR SCHALTEN UM AUF
HOLLYWOOD am 22. April 2004, 20.30 Uhr, Metro Kino
Mit Österreicher in Hollywood legt Rudolf Ulrich die lange erwartete, stark erweiterte Neufassung seiner 1993
erstmals erschienenen Arbeit vor. In jahrelanger und akribischer Recherche hat Ulrich einen umfassenden biografischen
Überblick zu allen je in Hollywood tätigen österreichischen Filmschaffenden zusammengestellt und
damit ein wesentliches Grundlagenwerk für die weitere Forschung, insbesondere auch des Filmexils geliefert.
Das nun im Verlag Filmarchiv Austria erscheinende Buch empfiehlt sich als neues Standardwerk zum Thema und stellt
über 400 Einzelbiografien vor, mit den beigeschlossenen Filmografien werden über 12 000 Film- und Fernsehproduktionen
aus Hollywood mit österreichischer Beteiligung dokumentiert. Sichtbar wird dabei der maßgebliche österreichische
Beitrag an der Entwicklung der amerikanischen Filmmetropole von den Pionierjahren bis heute.
Im Rahmen der Buchvorstellungen gelangt eine besondere Rarität zur Wiederaufführung: In WIR SCHALTEN
UM AUF HOLLYWOOD (USA 1931), einem "100-prozentigen deutschen Sprechfilm" der amerikanischen Metro-Goldwyn-Mayer
Pictures, berichtet der später von den Nazis ermordete Wiener Kabarettist Pauls Morgan für eine deutsche
Filmzeitschrift als Radioreporter aus dem Herzen der Traumfabrik. Dabei begegnet er nicht nur den Hollywood-Österreichern
Nora Gregor und Oscar Strauss sondern auch einem deutsch sprechenden Buster Keaton oder Sergej Eisenstein bei einer
Filmpremiere im Blitzlicht der Fotografen. |