Wien (idw / tu wien) - Die volkswirtschaftlichen Kosten von Apfel- und Birnenbäumen, die mit Feuerbrand
infiziert sind, sind enorm. Ein Forscher an der TU Wien ist überzeugt, den Feuerbrand mit Genanalyse in den
Griff zu bekommen.
Die Folgen einer Grippe-Epidemie sind verheerend, die volkswirtschaftlichen Kosten enorm. Ähnliches gilt für
Apfel- und Birnenbäume, die mit Feuerbrand infiziert sind. Hier leiden vor allem die Obstbauern, denn das
Gesetz lässt in Österreich derzeit nur eine Alternative zu: Rodung. Für manche Obstbauern kann das
den finanziellen Ruin bedeuten. Ein Forscher an der Technischen Universität Wien ist überzeugt, mit der
Entschlüsselung der Gene Feuerbrand-resistenter Obstbäume den Schlüssel zum Erfolg zu erhalten.
Wissenschafter zerbrechen sich schon seit längerer Zeit den Kopf darüber, wie man Feuerbrand bekämpfen
kann. Mit den bisher entwickelten Maßnahmen, wobei die TU Wien bereits einmal im Rahmen eines EU-Projekts
federführend tätig war, kann man den Feuerbrand aber noch nicht vollständig bekämpfen. Geht
es nach dem TU-Professor Karl Stich, wird sich das aber ändern. Er feilt an der Entschlüsselung von Apfelbaum-Genen.
Erste Erfolge mit Antibiotika und Regalis
Eine wirksame aber keineswegs optimale Lösung zur Bekämpfung von Feuerbrand ist der Einsatz von
Antibiotika. Zum einen zeitsensibel (der Zeitpunkt des Spritzens muss so gewählt werden, dass keine Bienen
fliegen. Die zulässigen Grenzwerte für Antibiotika im Honig würden dadurch überschritten.),
zum anderen nur für den Plantagenobstbau und nicht für den Streuobstbau sinnvoll.
Der TU-Professor Karl Stich vom Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften
hat sich daraufhin Alternativen zur Bekämpfung des Feuerbrands überlegt - nämlich den Einsatz von
Prohexadion-Ca (Handelsbezeichnung: Regalis). Einem EU-Forscherteam unter der Koordination von Karl Stich ist es
dadurch gelungen, den sekundären Feuerbrand (Befall des Holzes) in den Griff zu bekommen. Er gibt sich damit
jedoch noch nicht zufrieden und erforscht ein weiteres Territorium, um den Feuerbrand langfristig ausrotten zu
können: die Genetik von Apfelbäumen.
Entschlüsselung von Genen wird zum Erfolg führen
Mittels Genanalyse Mörder überführen, warum nicht auch den Feuerbrand bekämpfen? Stichs
Forschungsinteresse für das Thema Feuerbrand hat ihn auf diese Spur geführt, die er seit 2000 konsequent
verfolgt. Er sagt nun auch der primären Feuerbrand-Infektion (Befall der Blüten) den Kampf an.
Stich setzt auf sogenannte "Re-Sorten". Das sind Apfelsorten wie z. B. Retina, Reglindis, Reka, Relinda,
etc, die nicht nur schorfresistent, sondern außerdem robust gegenüber Mehltau und Feuerbrand sind. Diese
Sorten schalten von Haus aus viele Krankheiten aus.
Karl Stich blickt nun sozusagen hinter die Kulissen der resistenten Apfelsorten um herauszufinden, welche Gene
für die Resistenz gegen Feuerbrand verantwortlich sind. Das allein reicht aber noch nicht aus. Schließlich
wollen die Konsumenten große Äpfel, die geschmacklich superb und noch dazu lagerfähig sind. Eine
komplexe Herausforderung, der sich Prof. Stich im Rahmen eines vom Landwirtschaftsministeriums in Kooperation mit
allen neun Bundesländern geförderten Projektes widmet, das noch bis Juli 2006 läuft.
Das Projekt soll physiologische und genetische Mechanismen der quantitativen Resistenz des Apfels gegen Feuerbrand
aufklären. Im Mittelpunkt stehen Flavonoide und der Flavonoidstoffwechsel. Das sind die "Kandidaten",
die zur erhöhten Resistenz der Krankheit beitragen. Darüber hinaus soll in systematischen molekulargenetischen
Experimenten die Genetik, die involvierten Gene und weitere Faktoren der Resistenz untersucht werden. Die Erstellung
einer Genkarte und Platzierung von Quantitative Trait Loci (QTLs) für Feuerbrandresistenz auf dieser Karte
ermöglichen die Entwicklung von molekularen Markern. Diese Marker werden dann für markergestützte
Selektion resistenter Sorten sowie zur Diagnostik des Resistenzpotentials existierender Apfelsorten im österreichischen
Obstbau eingesetzt.
Das Projekt "Molekulare und biochemische Untersuchungen der Toleranzmechanismen von Apfel gegen Feuerbrand"
läuft von August 2003 bis Juli 2006. Die Kooperationspartner von Karl Stich sind das ARC Seibersdorf (Eva
Wilhelm), AGES (Sylvia Blüml) sowie die Deutsche Bundesanstalt für Züchtungsforschung - Dresden-Pillnitz
(Viola Hanke) und der Lehrstuhl für Obstbau der TU München, Freising-Weihenstephan (Dieter Treutter).
Steckbrief: Feuerbrand
Die Bezeichnung "Feuerbrand" kommt daher, weil die mit dieser Krankheit infizierten Bäume aussehen,
als ob man die Zweige über das Feuer gehalten hätte - braun bis schwarz, dürr und eingerollt. Feuerbrand
ist ein Bakterium, das "nur" apfelfrüchtige Rosengewächse befällt (Apfel, Birne, Feuerdorn,
Quitte, Weiß- und Rotdorn, etc). Feuerbrand ist hoch infektiös und wird sehr leicht durch Insekten aber
auch durch Garten-Werkzeug übertragen. Besonders günstige Bedingungen hat das Bakterium bei schwülem
Wetter.
Feuerbrand ist eine Pflanzenkrankheit, die vor ca. 200 Jahren erstmals in den USA auftrat. Danach schwappte die
Infektion nach Kalifornien und Neuseeland über. Von dort wurde die Krankheit höchstwahrscheinlich durch
den Export von Früchten nach Europa importiert. In Europa trat Feuerbrand 1957 in Südengland erstmalig
auf, 1993 wurde das erste Feuerbrandauftreten in Vorarlberg nachgewiesen. Seit 2001 ist erstmals kein österreichisches
Bundesland nachgewiesenermaßen feuerbrandfrei. |