Innsbruck (universität) - Einen eigenen, zukunftsweisenden Weg geht die Medizinische Universität
Innsbruck bei der Schaffung neuer Forschungsinfrastruktur. In der gesamt- universitären “Gene Discovery Core
Facility" werden die Aktivitäten gebündelt und die knappen Forschungsressourcen gemeinsam genutzt.
Die kostspieligen Geräte stehen allen Forschern der Universität gleichermaßen zur Verfügung.
Das Projekt, das vom Bund mit 896.000 Euro aus dem Uni-Infrastrukturprogramm unterstützt wird, stellt einen
nachhaltigen Beitrag zur Profilbildung der Medizinischen Universität dar und wird positive Auswirkungen auf
die Forschung in der Region haben.
Die dramatischen Entwicklungen auf dem Gebiet der Gentechnologie und der Funktionellen Genomik führen zu einem
Umbruch in der medizinischen Forschung. Diesem Trend trägt die Medizinische Universität Innsbruck mit
dem Aufbau einer zentralen Einrichtung für Genanalyse Rechnung. “Wir gehen einen eigenen Weg" betont
Rektor Univ.-Prof. Dr. Hans Grunicke. “Hier wird ein Prototyp für die zukünftige Gestaltung von Einrichtungen
entstehen. Die neue Infrastruktur wird von allen Wissenschaftlern gemeinsam genutzt. Das senkt zum einen die Kosten
und zwingt die Forscher auch zur Zusammenarbeit. Wir wollen damit ein Signal setzen", so Grunicke. Der Leiter
der Proteomplattform und des Spezialforschungsbereichs “Zellproliferation und Zelltod in Tumoren", Univ.-Prof.
Dr. Lukas Huber, bestätigt: “Mit diesem Weg unterscheiden wir uns von den anderen Universitäten in Österreich.
Wir haben unsere besten Forscher gebündelt und in Programmen zusammengefasst. Der Aufbau dieser Serviceeinrichtung
ist der nächste logische Schritt". Mit der “Gene Discovery Core Facility" wird ein Zentrum für
Expressionsprofilerstellung, Genotypisierung und Bioinformatik geschaffen. Die Einrichtung bildet eine wichtige
Grundlage für moderne medizinische Forschung und zukunftorientierte Diagnostik in Innsbruck und wird auch
eine nachhaltige Wirkung auf die Forschung in der Region haben.
Wichtige Entwicklungsarbeit bereits geleistet
Eine besonders zukunftsträchtige Technologie auf dem Gebiet der Genanalyse ist die Microarrayanalytik, in
der die Gene auf einen Chip als Trägermedium aufgebracht werden. Sie dient einerseits der Expressionsprofilerstellung,
also der kompletten Analyse des “Transkriptoms". Dieses zeigt an, wie viele Gene in einer bestimmten Zelle
tatsächlich Verwendung finden. Andererseits gestattet die Microarrayanalytik eine Genotypisierung, in der
genetische Unterschiede beschrieben werden können. Damit lassen sich Aussagen darüber treffen, ob bei
untersuchten Patienten Prädispositionen für bestimmte Erkrankungen vorliegen oder gewisse Therapien ansprechen
werden. Eine moderne medizinische Forschung ist ohne diese Verfahren in Verbindung mit einer effizienten Bioinformatik
nicht mehr vorstellbar. An der Medizinischen Universität Innsbruck befassen sich zahlreiche Forschergruppen,
besonders im Bereich der Universitätsschwerpunkte Onkologie, Neurowissenschaften, Kardiovaskuläre Erkrankungen
und Genetische Erkrankungen seit Jahren mit diesen Technologien.
In Zusammenarbeit mit lokalen, nationalen und internationalen Gruppen haben die Innsbrucker Wissenschaftler bereits
wichtige Forschungs- und Entwicklungsarbeit auf diesen Gebieten geleistet. Diese Forschungsaktivitäten waren
bisher allerdings durch das Fehlen entsprechend moderner Einrichtungen beeinträchtigt. Die neuen Ressourcen
stehen nun als “Core-Facility" auch anderen an den Universitätsschwerpunkten arbeitenden Wissenschaftern
zur Verfügung. Schon jetzt haben 20 Institute, Kliniken und Arbeitsgruppen einen Bedarf angemeldet. Als erstes
sollen die bestehenden Expressionprofiling-, Genotypisierungs- und Bioinformatikeinheiten verstärkt und in
einem weiteren Schritt zu einer virtuellen “Core Facility" zusammengefasst werden. In der Folge ist geplant,
diese virtuelle Einrichtung in ein physisches Zentrum umzuwandeln.
Service auch für außeruniversitäre Partner
Die Nutzung der “Gene Discovery Core Facility" steht in erster Linie den Mitgliedern der Medizinischen
Universität Innsbruck zur Verfügung. Nach Maßgabe der Möglichkeiten können aber auch
Wissenschafter anderer Universitäten oder aus dem industriellen Bereich das angebotene Service nutzen. Die
anfallenden Kosten müssen von den jeweiligen Benützern refundiert werden.
Ein Zentrum mit drei Untereinheiten:
Einheit für Expressionsprofilerstellung (Univ.-Prof. Dr. Reinhard Kofler) In den letzten Jahren hat
die Arbeitsgruppe von Univ.-Prof. Dr. Reinhard Kofler am Tiroler Krebsforschungsinstitut eine “Microarray Facility"
etabliert, in der bereits Expressionsprofile erstellt wurden. In einer Zusammenarbeit mit Univ.-Prof. Dr. Zlatko
Trajanoski von der TU Graz wurden bisher bereits viele hundert Microarrays hergestellt, die insgesamt rund 30.000
Gene repräsentieren. Obwohl diese Arrays für Vergleiche von zwei Proben gut geeignet sind, ist die Varianz
zwischen den Chips relativ hoch, was Vergleiche zwischen mehreren Proben extrem erschwert. Solche Vergleiche sind
aber bei größeren klinischen Studien unerlässlich. Durch Anschaffung eines Affymetrix GeneChip®
Instrumentensystems wird dieses Problem umgangen und die Qualität der Analysen sowie die Kapazität der
Einheit dramatisch erhöht werden. Da die Arbeitsgruppe über die Jahre viel Erfahrung mit dem Expression-Profiling
mit gespotteten Arrays gewonnen hat, wird die Einheit in relativ kurzer Zeit funktionsfähig sein und damit
den Forschern der Medizinischen Universität sehr bald zur Verfügung stehen.
Genotypisierungseinheit (Univ.-Prof. Dr. Florian Kronenberg)
Am Institut für Medizinische Biologie und Humangenetik wird bereits seit Jahren an der Identifizierung
von genetischen Varianten gearbeitet, die sowohl für Krankheiten verantwortlich gemacht werden, die durch
einen bestimmten Gendefekt ausgelöst werden, als auch mit komplexen Erkrankungen wie etwa Atherosklerose in
Zusammenhang stehen. Durch die Einrichtung einer Professur für Genetische Epidemiologie wurde die Basis für
die Identifizierung von Genorten und die Untersuchung von genetischen Varianten gelegt, die für Erkrankungen
verantwortlich sind. Die Anschaffung einer Hochdurchsatz-Sequenziereinheit komplettiert die apparative Ausstattung
für eine konkurrenzfähige und kostengünstig arbeitende Genotypisierungseinheit. Das Affymetrix GeneChip®
Instrumentensystem eignet sich hervorragend für die Suche nach chromosomalen Regionen im Genom, die krankheitsverursachende
Gene beherbergen.
Funktionale Genexpressions-Bioinformatikeinheit (Ao.Univ.-Prof. Dr. Florian Überall)
In den letzten Jahren hat die Arbeitsgruppe Überall am Institut für Medizinische Chemie und Biochemie
eine “Functional Gene Expression Bioinformatics Unit" etabliert, in der neue bioinformatische Algorithmen
zur Abarbeitung komplexer Transkriptomanalysen entwickelt werden. Diese Einheit stellt die Infrastruktur für
die elektronische Weiterverarbeitung der in den beiden anderen Einheiten gewonnen Daten bereit. In Zusammenarbeit
mit Univ.-Prof. Dr. Karl-Peter Pfeiffer vom Institut für Biostatistik und Dokumentation will die Arbeitsgruppe
insbesondere die Etablierung der Algorithmen vorantreiben, um komplexe biologische Netzwerkinformationen funktionell
und graphisch besser erfassen zu können.
Finanzierung
Die Finanzierung der “Gene Discovery Core Facility" wird durch mehrere Säulen gesichert. Die
Infrastrukturkosten für die benötigten Laborflächen werden von der Medizinischen Universität
und dem Tiroler Krebsforschungsinstitut getragen. An Personal sollen der Einrichtung neben den vorhandenen Arbeitsgruppen
zunächst ein Wissenschaftler und zwei technische Assistenten zur Verfügung stehen. Die Kosten dafür
werden von der Medizinischen Universität abgedeckt. Die laufenden Kosten werden von den Nutzern der Einrichtungen
getragen. Die Geräte und die Software stellt das Wissenschaftsministerium aus Mittel des jüngsten Uni-Infrastruktur-
programms bereit (896.000 Euro). Nach drei Jahren soll die Einheit selbständig arbeiten. |