WWF-Österreich Geschäftsführer Lutschinger folgte Spuren einer bedeutenden österreichischen
Wissenschafterin
Wien (wwf) - Bei seiner gestrigen Rückkehr aus dem Amazonasgebiet war WWF- Geschäftsführer
Dr. Günther Lutschinger noch immer sichtlich bewegt von der Zufallsentdeckung seines Expeditionsteams. Die
ForscherInnen folgten den Spuren der bedeutenden, in ihrem Heimatland Österreich aber nahezu unbekannten Biologin
Marianne Eberloh, die in den frühen 30er Jahren des 20ten Jahrhunderts eine Forschungsreise durch die Urwälder
Brasiliens unternahm. Damals beschrieb die Wissenschafterin den ungewöhnlichen Stoffwechsel eines Dreizehenfaultieres,
das regungslos ein halbes Jahr lang in der Nähe der Forschungsstation "sein Lager aufgeschlagen"
hatte. "Wir konnten es nicht glauben, dass wir nach sieben Jahrzehnten tatsächlich dem selben Tier Aug
in Aug gegenüberstanden!" berichtet Lutschinger. Aber sowohl die Ortsbeschreibung, als auch eine - noch
von Eberloh selbst angebrachte - Ohrmarkierung, ließen keinen Zweifel zu: Das Tier scheint sich im letzten
Jahrhundert nicht vom Fleck gerührt zu haben!
In einem Brief an ihre ebenfalls wissenschaftlich interessierte Tochter Annegret schrieb Marianne Eberloh im Jahr
1932: " Einer Totenstarre gleich ruht das Tier unbeweglich zu jeder Tages- und Nachtzeit an demselben Ast.
Von der Fensterluke meiner kleinen Schlafhütte aus, betrachte ich es für lange Stunden, neugierig auf
ein kleines Lebenszeichen wartend. Indes wurden meine Erwartungen bislang enttäuscht." Von wissenschaftlicher
Neugier angetrieben, versuchte die Biologin das Faultier zunächst erfolglos mit Töpfeklappern oder Nadelstichen
zu "wecken", bevor sie es mit seriöseren Methoden untersuchte. Die Forscherin beschrieb damals erstmals
eine einzigartige Reduktion des Stoffwechsels, die dem des Winterschlafes nicht unähnlich ist.
Die Studienreise auf den Spuren von Marianne Eberloh, an der der WWF Geschäftsführer im Rahmen eines
Projektes zum Thema "Urwaldzerstörung im Verlauf des 20. Jahrhunderts" teilnahm, stieß nun
völlig unerwartet auf das Tier, das von den ForschungsteilnehmerInnen spontan auf den Namen "Phlegma"
getauft wurde. "Die Zeitdimensionen, die uns die Natur am Beispiel dieses Faultieres vorzeigt, sind in unserer
schnelllebigen Zeit unvorstellbar!" meint der engagierte Artenschützer Lutschinger. Er hofft, dass "Phlegma"
noch ein paar Jahre ungestört seinen Tagträumen im brasilianischen Urwald nachhängen kann, ohne
von den Kettensägen der Holzkonzerne gestört zu werden. |