Umweltpolitik – Einigung im Emissionshandel  

erstellt am
01. 04. 04

Pröll und Bartenstein: Politische Einigung zum Emissionshandel
Pröll, Bartenstein und Grasser verständigen sich auf Eckpunkte des Allokationsplans
Wien (bmlfuw) - In den frühen Morgenstunden des Mittwoch (31. 03.) konnte zwischen Umweltminister Josef Pröll sowie Wirtschaftsminister Martin Bartenstein und Finanzminister Karl-Heinz Grasser eine politische Einigung zum Nationalen Allokationsplan erzielt werden. Damit wurde die Voraussetzung für die Übermittlung des Nationalen Allokationsplans nach Brüssel geschaffen. Dies teilen das Umweltministerium und das Wirtschaftsministerium mit.

Die Eckpunkte der Vereinbarung: Die Gesamtallokation beträgt 33 Mio. Zertifikate per anno für die Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 (inkl. Reserve von 200.000 Zertifikaten). Im Sinne der Wettbewerbsgleichheit für österreichische Unternehmen im europäischen Emissionshandel wird der Anlagenbegriff mit jenem im deutschen und anderen Allokationsplänen abgestimmt, wodurch rund 15 der 224 Anlagen (800.000 Tonnen CO2) aus dem Anwendungsbereich des Emissionszertifikategesetzes herausgenommen werden. Dies betrifft in erster Linie die Bereiche Eisen- und Stahlerzeugung sowie chemische Industrie und die Nicht-Eisen-Metallindustrie.

Beide Minister bezeichneten das Ergebnis als tragbaren Kompromiß zwischen den Anliegen des Klimaschutzes sowie der Standort- und Arbeitsplatzsicherung.

 

Sima: Pröll hat sich über Tisch ziehen lassen
Fraglich ob EU-Kommission diesen Allokationsplan akzeptieren wird
Wien (sk) - "Minister Pröll hat sich bei den Verhandlungen zum Emissionshandel von Wirtschaftsminister Bartenstein voll über den Tisch ziehen lassen", kommentierte SPÖ-Umweltsprecherin Ulli Sima die Einigung der beiden Minister. Die heutige Entscheidung bedeutet ein zusätzliches Plus an Emissionen im Ausmaß von 1,3 Millionen Tonnen im Vergleich zum Ministerratsbeschluss. "Wie Österreich so das ohnehin sehr ambitionierte Kioto-Ziel bis zum Jahr 2008 erreichen will, ist mir ein Rätsel", so Sima am Mittwoch (31. 03.).

"Österreich sei bereits jetzt meilenweit von einer Trendwende im Bereich der Treibhausgasemissionen entfernt. Die Emissionen steigen seit Jahren an. Anstatt den Ausstoß von klimaschädlichen Gasen zu reduzieren, wird nun per Beschluss ein Anstieg dieser Emissionen gesetzlich festgelegt, eigentlich eine glatte Themenverfehlung", so die Umweltsprecherin. Nachdem Österreich das Kioto-Ziel aber bereits im Sommer vergangenen Jahres im Nationalrat ratifiziert habe, sei es rechtlich bindend.

"Bei Verfehlung dieses Zieles drohen uns saftige Pönalzahlungen, dann werden die Steuerzahler für die verfehlte Klimapolitik zur Kasse gebeten", befürchtet Sima. Ganz abgesehen davon, seien die Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels bereits sehr deutlich spürbar, die Hochwasser und Dürreperioden der letzten Jahre sprächen bereits eine sehr deutliche Sprache. "Wenn Pröll die Industrie mit dem heutigen Beschluss so aus der Verantwortung entlässt, wird die Erfüllung des Kioto-Zieles dadurch auf die Haushalte und Verkehrsteilnehmer und damit die Steuerzahler abgewälzt", so die Umweltsprecherin.

Außerdem sei es im höchsten Maße fraglich, ob die EU-Kommission einen solchen Allokationsplan überhaupt akzeptieren wird. "Bei allem Verständnis für die Anliegen der österreichischen Industrie muss es bei den Emissionsreduktion zu einer fairen Aufteilung zwischen Haushalten und Betrieben kommen, was nach dem heutigen Beschluss sicher nicht der Fall sein wird", so Sima abschließend.

 

 Glawischnig: Klima-Kompromiss ist ein Skandal
Pröll und Bartenstein tragen Österreichischen Klimaschutz zu Grabe
Wien (grüne) - Die Einigung vom Mittwoch (31. 03.) zwischen den Ministern Pröll, Bartenstein und Grasser für den 2005 startenden Emissionshandel ist für Eva Glawischnig, Bundessprecherin der Grünen, schlichtweg ein umweltpolitischer Skandal." Wie tief kann Minister Pröll eigentlich noch vor der Industrie und Minister Bartenstein in die Knie gehen?" fragt Glawischnig. Der letzte Woche veröffentlichte Allokationsplan bedeutete schon einen massiven Rückschritt für den Klimaschutz. Jetzt dürfen Industrie und E-Wirtschaft ihre CO2 Emissionen bis zum Jahr 2007 um 2,9 Mio. Tonnen oder 8,8 % zu steigern. Geht man von den Realemissionen der betroffenen Unternehmen aus, ergibt sich sogar eine Steigerung von 17 %, da auch Anlagen in die Berechnungsbasis (1990 - 2001) miteinbezogen wurden, die nach 2001 genehmigt wurden. Zudem wurden jetzt 15 Anlagen mit ca. 800.000 Tonnen CO2 Ausstoß aus dem Zertifikatesystem herausgenommen. Da die Gesamtallokation gleich bleibt (33 Mio.) erhalten nun die übrigen Betriebe diese 800.000 Tonnen als Geschenk. "Mit diesem Katastrophenplan ist der Klimaschutz in Österreich nun endgültig gestorben", so Glawischnig. "Pröll hat sich als Umweltminister disqualifiziert und jede Glaubwürdigkeit verspielt".

Österreich ist derzeit 22 % vom Kiotoziel entfernt und mit diesem Allokationsplan auch innerhalb der EU das schwarze Schaf. Andere EU Länder nehmen ihre klimapolitische Verantwortung wahr und werden ihren CO2 Ausstoß durch eine entsprechende restriktive Zuteilung von Zertifikaten reduzieren. In Deutschland wurde soeben eine geringe Reduktion des Treibhausaustoßes ausverhandelt, in Irland soll um 2 Prozent, in Großbritannien sogar um 5,6 Prozent reduziert werden.

Glawischnig ist überzeugt, dass der Allokationsplan, der heute nach Brüssel geschickt wird, niemals von der Europäischen Kommission akzeptiert wird. Im Gegenteil: "Mit diesem Antiklimaplan riskiert Pröll ein Verfahren der EU-Kommission gegen Österreich. Klimaschutz auf Österreichisch wird wohl auch innerhalb der EU zu einer Lachnummer verkommen."

 

Wirtschaftskammer sieht »Gerade-Noch-Kompromiss«
Ministerratsbeschluss nicht zur Gänze umgesetzt – Nun konkreter Zuteilungsplan für alle betroffenen Betriebe entscheidend
Wien (pwk) - Das politische Verhandlungsergebnis, den betroffenen rund 230 Betrieben in der Periode zwischen 2005 und 2007 pro Jahr rund 33 Millionen Tonnen an kostenlosen CO2-Emissionen zuzugestehen, ist für die Wirtschaftskammer Österreich "ein Kompromiss, der gerade noch vertretbar ist". Längerfristig, so die Wirtschaftskammer, wird Österreich ein Netto-Importeur von teuren Emissionszertifikaten, auch wenn grundsätzlich positiv ist, dass das zukünftige Wachstum der betroffenen Unternehmungen im Prinzip berücksichtigt wurde. Aus Sicht der Wirtschaft ist nun der konkrete Zuteilungsplan der Gratis-Zertifikate an alle betroffenen Betriebe entscheidend: "Hier geht es darum, alle Firmen nach gleichen Kriterien fair und nachvollziehbar zu behandeln. Denn auf Betriebsebene geht es um künftige Investitionen und Arbeitsplätze. Wer nicht im eigenen Land wachsen kann, muss sich nach anderen Standorten umschauen."

Insgesamt haben die energieintensiven Betriebe Österreichs bereits hohe Pionierleistungen für den Umweltschutz erbracht. Mit CO2-Emissionen von 7,7 Tonnen je Einwohner (Stand 2000, Quelle: Eurostat) liegt Österreich im Spitzenfeld der europäischen Industriestaaten noch vor Tschechien, Deutschland, Dänemark oder Großbritannien. Dieses positive Ergebnis entspricht auch der Tatsache, dass Österreich in Europa eines der Länder mit der geringsten Energieintensität der Wirtschaft ist. Im europäischen Vergleich liegt hier Österreich nach Eurostat-Berechnungen an 2. Stelle und verbraucht nur 138 Kilo Rohöleinheiten je 1000 Euro Bruttoinlandsprodukt.

Auf Basis der Einigung auf Regierungsebene erbringt die energieintensive Wirtschaft Österreichs einen Klimaschutzbeitrag von 1,65 Millionen Tonnen an CO2-Reduktion bis 2007 und von 1,6 Millionen Tonnen zwischen 2008 und 2012, also von insgesamt 3,25 Millionen Tonnen. Mit diesen Emissionsreduktionen wird ein Beitrag zur Erreichung des Kyoto-Ziels in der ersten Periode von 5 Prozent und in der 2. Periode von nochmals 5 Prozent geleistet. Aus Sicht der Wirtschaftskammer ist dies "das Maximum dessen, was im Sinn des Wirtschafts- und Arbeitsstandortes Österreich leistbar ist und an der Grenze dessen, was mit vertretbarem betriebswirtschaftlichen Aufwand insgesamt eingespart werden kann." Die Gesamtkosten für diesen Klimaschutzbeitrag belaufen sich nach ersten Schätzungen zwischen 2005 und 2012 auf insgesamt über 300 Millionen Euro. Künftige Maßnahmen zum Klimaschutz müssten nun beim Hausbrand und beim Verkehr ansetzen.

Als Ausgleich für die neuen Belastungen verlangt die Wirtschaft erneut eine Standort- sicherungsinitiative für energieintensive Unternehmungen: Die seit Jahren steigenden Umwelt- und Energieabgaben müssten nun - gemessen am Nettoproduktionswert - nach oben begrenzt werden. So sei etwa bei der Neuregelung der Energieabgaben-Vergütung die Mineralölsteuer für Heizöle einzubeziehen. Dazu kommen EU-konforme Ausnahmen von der Energiebesteuerung für Betriebe, die dem Emissionszertifikatehandel unterworfen sind. Neben einer unterjährigen Erstattung der Rückvergütung müßten auch Kraft-wärme -Kopplungsanlagen aufgrund ihres hohen Effizienzgrades bei Förderungen entdiskriminiert werden.
 
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