Kreuzweg – Weg der Hoffnung und der Liebe  

erstellt am
01. 04. 04

St. Pölten (diözese) - Nicht erst Mel Gibsons umstrittener Film „The Passion of Christ“ konfrontiert mit dem Leiden Jesu. Seit Jahrhunderten ist die Kreuzwegandacht in der Volksfrömmigkeit eine der anschaulichsten Formen der Betrachtung des Leidens und Sterbens Christi. Sie verbindet sowohl biblische Überlieferung, Tradition und das symbolische Nachgehen des Erlösungsweges Jesu nach Golgotha in dem auch die Erfahrungen des eigenen Lebens eingebracht werden können. Und das alles ohne „Hollywoodlike-special-effects“.

Mit dem 5. Fastensonntag beginnt die Passionszeit, die den Gläubigen in den Schrifttexten besonders das Leiden (lat. "passio": das Leiden, die Leidensgeschichte Jesu vor Augen stellt. Das Kreuz gilt wie zur Zeit des Paulus auch heute vielen als Ärgernis und Torheit (1 Kor 1,18-31). Doch die Christen verkünden Jesus bewusst als den Gekreuzigten – und Auferstandenen. Sie stellen sich besonders in der Passionszeit unter das Wort des Evangeliums: „Wer nicht sein Kreuz nimmt und mir nachfolgt, kann nicht mein Jünger sein!“. Der „Kreuzweg“ ist wie kaum eine andere Andachtsform geeignet, persönliche Leidenserfahrung, Schmerzerlebnisse, Sinnkrisen, Trostbedürfnisse und auch Bußbereitschaft mit dem Leiden Jesu zu verbinden, das alles aber in dem Wissen, dass über dem Dunkel des Karfreitages schon das Licht des Ostermorgens aufstrahlt.

Das Kreuz – Ort der Erlösungstat Christi
Für den Heiligen Ignatius von Antiochien (Martyrium unter Kaiser Trajan um 110), einem Schüler des Apostel Johannes, ist das Kreuz Christi der Kran, durch welchen die Steine zum Bau des Hauses Gottes in die Höhe gezogen werden (Brief an die Gemeinde von Ephesus).

Auch in den Malereien der frühchristlichen Katakomben findet sich bereits eine Darstellung der Dornenkrönung und des kreuztragenden Christus.
Die Pilgerin Egeria berichtet in ihrem berühmten Bericht von ihrer Hl. Land-Pilgerfahrt um das Jahr 380, dass, wenn in Jerusalem am Karfreitag am Ort der Kreuzigung aus den Evangelien und Propheten vom Leiden Christi gelesen wurde, das ganze Volk in Tränen ausbrach: „...da gibt es ein solches Jammern und Klagen des ganzen Volkes, dass man die Klagerufe wohl bis zur Stadt hören kann....“

Der Dichterbischof Venantius Fortunatus von Portiers (um 530 – 600) bittet in seinem berühmten Kreuzeshymnus „Pange lingua gloriosi proelium certaminis" das Kreuzesholz, doch seiner rauen Starrheit zu vergessen, damit die Glieder des Erlösers nicht gar so entsetzlich zerdehnt würden: „Beuge hoher Baum die Zweige, werde weich an Stamm und Ast, denn dein hartes Holz muss tragen eine königliche Last. Gib den Gliedern deines Schöpfers an dem Stamme linde Rast.“

Die Kreuzesfrömmigkeit des späten Mittelalters fordert durch anschauliche Darstellungen der Passion Jesu die Gläubigen zur „compassio“, zum Miterleben des Leidens, auf und lädt zur persönlichen Kreuzesnachfolge ein.

Der Kreuzweg in Jerusalem in der Geschichte
In Jerusalem selbst wurden schon früh einige Stellen des Kreuzweges Jesu durch Steine oder Kapellen bezeichnet, die auch von den Pilgern besucht wurden. Vom 14. bis ins 16. Jahrhundert gingen die Hl. Land-Pilger, von den seit 1342 in Jerusalem wirkenden Franziskanern geführt, den sogenannten „hl. Circulus“, den Maria nach einer Überlieferung täglich nach der Auferstehung des Herrn machte (Abendmahlsaal, Haus des Kajafas und Hannas, Golgotha, Hl. Grab, Prätorium, Garten Gethsemane, Ölberg, Kidrontal, Zionberg). Zwischen dem Prätorium und dem Hl. Grab waren 14 Gedächtnisstätten, die der Engländer William Wey 1458 zum ersten Mal „Stationen“ nennt, die aber nur zum Teil mit den heutigen Stationen in der Via Dolorosa übereinstimmen.

Von zwei bis 43 und schließlich 14 Stationen
In den Nachbildungen im Abendland war der Kreuzweg ursprünglich nur durch den Anfangs- und Endpunkt (Burg Antonia und Golgotha) bestimmt. Die Siebenzahl der römischen Stationskirchen führte im deutschen Sprach- und Einflussgebiet zu den sogenannten „Sieben Fußfällen“. In anderen Ländern schwankte die Zahl der Stationen, so wurde z. B. der von Bernardin Caimi auf dem Monte Sacro in Varallo errichtete Kreuzweg später auf 43 Stationen erweitert.

Für die endgültige Festlegung auf die heute übliche Zahl 14 wurde das Kreuzwegbüchlein des Priesters Bethlem (1518) und die genaue Beschreibung Jerusalems durch den Priester Adrichomius (eig. Ch. Cruys)von Bedeutung. Den von beiden genannten ersten 12 Stationen des heutigen Kreuzweges fügte der spanische Franziskaner P. Antonius Daza in seinen „Exercicios espirituales“ (1625-26) noch die Kreuzabnahme und Grablegung hinzu.

Weltweite Verbreitung erlangte diese Form der 14 Stationen durch P. Leonhard von Porto Maurizio OFM (+ 1751), die auch 1731 durch Papst Clemens XII. festgelegt wurde. Diese in Europa entstandene Form wirkte wieder zurück auf die Gestaltung der heutigen Jerusalemer Via Dolorosa. Heute wird dem Kreuzweg manchmal eine 15. Station mit der Auferstehung hinzugefügt.

Der Leidensweg Christi in der Kunstgeschichte
Die ersten Darstellungen des Kreuzweges Jesu entstanden im europäischen Raum in den Klöstern, so z. B. die um 1423 von Álvarez von Córdoba und um 1456 vom Franziskaner Philipp von Aquila errichteten und nur mehr aus Schriften bekannten Kreuzwege. Der erste Kreuzweg im deutschen Sprachraum ist der des Jerusalemberges in Lübeck aus dem Jahr 1468.
     
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