Innenpolitik – »Pensionsvolksbegehren«  

erstellt am
31. 03. 04

Gusenbauer: »Ein gutes Ergebnis«
Druck in Richtung Harmonisierung und für Korrektur der schlimmsten Ungerechtigkeiten - Gusenbauer und Knoll sehr zufrieden mit Meinungsbildungsprozess
Wien (sk) - "Das Pensionsvolksbegehren hat ein gutes Ergebnis gebracht. Das ist erneut ein klares Signal, dass die bisherige Pensionspolitik der Regierung als sozial ungerecht und nicht zukunftssicher empfunden wird." So resümierte SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer am Dienstag (30. 03.) in einer Pressekonferenz den Ausgang des Pensionsvolksbegehrens, das von 627.530 Personen unterschrieben wurde. Gusenbauer sieht das als Auftrag, dass "die schlimmsten Ungerechtigkeiten" der Pensionsreform 2003 beseitigt werden und dass endlich die Harmonisierung der Pensionssystem umgesetzt wird.

An der Pressekonferenz nahmen neben Gusenbauer die Sprecherin des Volksbegehrens, Gertraud Knoll, der oberösterreichische SPÖ-Vorsitzende und Initiator des Volksbegehrens, Erich Haider, und Pensionistenverbandspräsident Karl Blecha teil, die sich übereinstimmend mit dem Ergebnis zufrieden zeigten.

Als die "schlimmsten Ungerechtigkeiten" der Pensionsreform 2003 sieht Gusenbauer, dass es keine Sonderregelung für Nacht-, Schicht- und Schwerarbeiter gibt; dass sofortige Pensionskürzungen von 12 Prozent eintreten und dass heute unter 35-Jährige mit einer Halbierung ihrer Pensionsansprüche (gegenüber dem alten Pensionsrecht) konfrontiert sind. Außerdem müsse in einem gerechten Pensionssystem gelten, dass jeder eingezahlte Euro gleich viel wert ist, bekräftigte Gusenbauer die Forderung der SPÖ nach einer raschen Harmonisierung. "Politisch geschaffene Ungleichheiten werden von der Bevölkerung nicht akzeptiert", so der SPÖ-Vorsitzende mit dem Hinweis darauf, dass derzeit, bei gleichen Beiträgen, die Pensionen sich im Verhältnis eins zu zwei unterscheiden können.

"Der Druck in Richtung Harmonisierung ist durch das Volksbegehren gestiegen", betonte Gusenbauer. Dies sei auch notwendig angesichts der "Verzögerungstaktik" von Kanzler Schüssel und der ÖVP, die schon im vergangenen Herbst die Harmonisierung beschließen wollten, dieses Vorhaben dann aber immer wieder verschoben haben und auch den als ultimativ genannten Termin, Ostern 2004, nicht werden einhalten können. Ohne Druck der Bevölkerung und der SPÖ werde die Harmonisierung auf den "St. Nimmerleinstag" verschoben, warnte Gusenbauer.

Der SPÖ-Vorsitzende warnte die Regierung davor zu glauben, dass jetzt, da das Volksbegehren vorüber sei, sie die Debatte "überstanden" habe. Wenn es bei der neuerlichen Behandlung im Parlament nicht zu einer Korrektur der Pensionskürzungen und zu einer Harmonisierung komme, werde "spätestens die nächste Nationalratswahl der Tag der Abrechnung" sein.

Gertraud Knoll freute sich über das Ergebnis und dankte sowohl den Unterzeichnern als auch allen befreundeten Organisationen, die das Volksbegehren "mit unzähligen Veranstaltungen" unterstützt haben. Nicht zuletzt die Tatsache, dass es eine breite öffentliche Debatte über das Pensionsthema gegeben habe, wertet Knoll als Erfolg des Volksbegehrens. Dabei freut es sie besonders, "dass die Jungen verstanden haben, dass es hier um sie geht". Und die Zahl der Unterzeichner sieht Knoll angesichts einer ihrer Ansicht nach etwas resignativen Stimmung - die Menschen glauben nicht, dass diese Regierung zum Einlenken bereit sei - als "ganz großen Erfolg".

Auch Gusenbauer zeigt sich "sehr optimistisch, was die Pensionsdiskussion betrifft"; denn das Thema sei sehr komplex und die steigende Zustimmung zu den direkt demokratischen Instrumenten - beginnend mit einer Initiative des PVÖ mit mehr als 200.000 Unterschriften, gefolgt von der Bürgerinitiative im Mai/Juni 2003 mit knapp 414.000 Unterschriften und dem jetzigen Pensionsvolksbegehren mit 627.000 Unterschriften - zeige, "dass immer mehr Menschen wissen, was es für sie selbst bedeutet". Gusenbauer: "Ich bin mit der Entwicklung des Meinungsbildungsprozesses sehr zufrieden."

Auf die Frage, ob die Diskussion über die Regierungsbildung in Kärnten das Volksbegehren überlagert bzw. Stimmen gekosten habe, meinte Gusenbauer: "Ein Zusammenhang scheint mir nicht gegeben." Gusenbauer sieht auch keinen Einfluss der Diskussion über die Zusammenarbeit der SPÖ mit der FPÖ in der Kärntner Landesregierung auf die Bundespräsidentenwahl. Nach ihm bekannten Umfragen "hat sich an der Zustimmung für Heinz Fischer nichts geändert", so Gusenbauer. Meinungsforschern, "die nur ihre eigene Meinung erforschen", rät Gusenbauer: "Die Meinungsforscher sollen bei ihren Daten bleiben."

 

 Lopatka: Nächste Enttäuschung für Gusenbauer
Parteipolitischer Profilierungsversuch der SPÖ
Wien (övp-pk) - "Nach den innenparteilichen Turbulenzen innerhalb der SPÖ musste Gusenbauer mit dem Ergebnis des Pensionsvolksbegehrens die nächste Enttäuschung hinnehmen. Schönreden hilft nichts, das Volksbegehren war ein Flop", sagte ÖVP- Generalsekretär Abg.z.NR Dr. Reinhold Lopatka am Dientag (30. 03.) zu den jüngsten Wortspenden von SPÖ-Parteichef Gusenbauer. Selbstverständlich werde jede einzelne Unterschrift Ernst genommen, dennoch müsse das Ergebnis als Misserfolg bezeichnet werden. Die SPÖ habe sich die Latte selbst so niedrig gelegt, dass sie auf jeden Fall zu überspringen war. "Die erhoffte rote Trägerrakete ist so wohl eher ein Rohrkrepierer geworden", so der Generalsekretär.

Für Lopatka sei das Ergebnis auch ein Beweis dafür, dass die Menschen in Österreich genau erkannt hätten, dass die SPÖ mit dem Pensionsvolksbegehren den Versuch unternommen hätte, sich parteipolitisch zu profilieren. "Nicht das Volk begehrte, sondern vielmehr die SPÖ. Von einem echten Volksbegehren kann also nicht gesprochen werden", so Lopatka.

Die SPÖ fühle sich offensichtlich in der Rolle als Angstmacher gut, dies sei von der Bevölkerung aber durchschaut und abgelehnt worden. "Die Suche nach Ausreden ist nun der billige Versuch, die Schuld für den Misserfolg auf andere zu schieben. Wenig günstig dagegen war die Aktion der SPÖ, immerhin entstanden Kosten in der Höhe von mehr als zwei Millionen Euro", betonte der Generalsekretär.

Der Generalsekretär gab Gusenbauer nur in einem Punkt recht: Das Volksbegehren hat tatsächlich Signalwirkung, "allerdings nur diejenige, dass die Österreicherinnen und Österreicher von der Unverzichtbarkeit der Pensionssicherungsreform überzeugt sind". Die Bundesregierung habe mit der Reform einen Meilenstein zur langfristigen Sicherung der Pensionen gesetzt. Im Mittelpunkt stehe nun die Harmonisierung der Pensionssysteme. "Das Regierungsteam rund um Bundeskanzler Schüssel hat mit der Pensionssicherungsreform eindrucksvoll bewiesen, dass notwendige Herausforderungen angenommen und erfolgreich durchgeführt werden", so Lopatka.

In Richtung Pensionistenverband-Präsident Blecha erinnerte Lopatka, dass die Außenministerin sehr wohl zu ihren Entscheidungen innerhalb der Bundesregierung stehe und im Gegensatz zur SPÖ keine "Schönwetterpolitik" betreibe. "Das Volksbegehren als Mobilisierungsversuch für die Fischer-Kandidatur einzusetzen ist auf jeden Fall kläglich gescheitert", sagte Lopatka abschließend.

 

 Haubner: Keine Verunsicherung durch das Pensionsvolksbegehren
Wien (fpd) - "Das Ergebnis des Pensionistenverunsicherungsvolksbegehrens der SPÖ bestätigt eindeutig den Weg der Bundesregierung. 90 Prozent der stimmberechtigten Österreicherinnen und Österreicher haben nicht unterschrieben und damit ein klar gezeigt, dass wir mit unseren notwendigen Reformmaßnahmen auf dem richtigen Weg sind" betonte die geschäftsführende Bundesparteiobfrau der FPÖ Ursula Haubner am Dienstag (30. 03.). Mit dem ersten, notwendigen Schritt der Pensionssicherungsreform 2003 und dem nächste Schritt der Pensionsharmonisierung werde dafür gesorgt, dass auch die nächsten Generationen eine sichere Pension bekommen.

Gerade die FPÖ habe sich in der Vergangenheit nicht durch Verunsicherungsversuche einschüchtern lassen und werde auch in Zukunft gezielt an der nachhaltigen Sicherung der Pensionen weiterarbeiten.

Die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher stünden hinter der Pensionssicherungsreform 2003. 80 Prozent der Bevölkerung wollen eine rasche Harmonisierung der verschiedenen Pensionssysteme, betonte Haubner. Diese eindrucksvollen Zahlen würden einen klaren Auftrag an alle politischen Kräfte darstellen, endlich an einem Strang zu ziehen.

"Mit der raschen Umsetzung der Pensionsharmonisierung, werden wir auch die 627.530 Unterzeichner/innen davon überzeugen können, dass uns Handeln weiterbringt als Bremsen. Es ist unsere Pflicht, im Sinne der Generationensolidarität, dafür zu sorgen, dass auch unsere Kinder und Kindeskinder im Alter jene Leistungen erhalten, für die sie ihr Leben lang in den Pensionstopf einbezahlt haben" so Haubner abschließend.

 

 627.530 unterschriften sind klares zeichen für unmut der menschen
Öllinger: Hätte bei einem überparteilichen Begehren aber noch deutlicher ausfallen können
Wien (grüne) - "Wenn so viele Menschen - über zehn Prozent der Wahlberechtigten - ein Volksbegehren unterstützen, dann ist es ein deutliches und klares Zeichen für den Unmut, den die Menschen mit dieser Pensions- oder Sozialpolitik der Bundesregierung haben", kommentierte der Grüne Sozialsprecher Karl Öllinger Montag (29. 03.) Abend den Ausgang des von der SPÖ Oberösterreich initiierten Pensions-Volksbegehrens. Dieses landete als 31. in Österreich abgehaltenes Volksbegehren mit 627.530 Unterstützern - gemessen an der Stimmbeteiligung - auf Rang zehn.

"Meiner Meinung nach hätte das Zeichen allerdings noch deutlicher ausfallen können - denn es hätte ein überparteiliches Volksbegehren werden können", so Öllinger. Dennoch sei die Regierung, die immer gerne versuche, Volksbegehren - in letzter Zeit etwa das Sozialstaats- und das Frauenvolksbegehren - kleinzureden, den Unmut der Bevölkerung, der hier zum Ausdruck komme, ernst zu nehmen.

Der Grün-Mandatar empfahl der Regierung das Volksbegehren zum Anlass zu nehmen, "ihre Pensionspolitik zu überdenken und nicht nur im parlamentarischen Rahmen eine ernsthafte Befassung zu ermöglichen, sondern gleichzeitig sollten die Anliegen des Begehrens auch in den Gesprächen zur Pensions-Harmonisierung Eingang finden".
     
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