Symposium diskutiert mögliche Zusammenhänge
Köln (alphagalileo) - Wolfgang Amadeus Mozart war ohne Zweifel ein genialer Komponist. Gleichzeitig
litt er auch unter seltsamen Tics: Er zog zu unpassendsten Gelegenheiten Grimassen, spielte beim Essen zwanghaft
mit der Serviette, und seine Korrespondenz strotzt von Obszönitäten. Einige Wissenschaftler vermuten
daher, Mozart habe unter dem Tourette-Syndrom (TS) gelitten – einer psychischen Erkrankung, die auf eine Überproduktion
des Botenstoffs Dopamin im Gehirn zurückzuführen ist. Er befände sich damit in guter Gesellschaft:
Auch Peter der Große, der Schriftsteller Samuel Johnson oder Thomas Edison sollen TS gehabt haben. Am 8.
Mai diskutieren Mediziner auf dem Petersberg bei Königswinter, inwieweit psychische Krankheiten die Kehrseite
kreativer Veranlagungen sind. Das Symposium, das auch interessierten Journalisten offen steht, wird von den Kliniken
für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitäten zu Köln und Bonn organisiert.
„Uns geht es unter anderem darum, der Stigmatisierung psychisch Kranker als ‚gesellschaftliche Belastung‘ entgegenzutreten“,
erklärt die Bonner Oberärztin Dr. Barbara Hawellek. „Psychische Krankheiten können nämlich
auch zu einer Freisetzung künstlerischer Fähigkeiten führen. Viele herausragende Werke in Kunst,
Literatur und Musik sind Verdienst von Menschen mit ausgeprägten psychischen Problemen, zum Beispiel die Erzählungen
Robert Walsers oder die Werke der Prinzhorn-Sammlung. Bei anderen Künstlern führte die Erkrankung zu
einer qualitativen Veränderung von Ausdrucksstilen.“
Die Referenten stellen Persönlichkeiten aus Literatur, Musik und Kunst vor, die unter psychischen Erkrankungen
litten. Ein Beitrag widmet sich der Heidelberger „Sammlung Prinzhorn“, die rund 5.000 Arbeiten von 450 Patienten
psychiatrischer Anstalten umfasst. Den Abschluss bildet eine Podiumsdiskussion zu der Frage, inwieweit psychische
Krankheiten die Voraussetzung und damit der Preis für besondere kreative Leistungen sind. |