Kommission stellt ihren Haushaltsentwurf für die erweiterte Union vor
Brüssel (eu-int) - Die Kommission hat am Mittwoch (28. 04.) den Vorentwurf
des EU-Haushaltsplans für 2005 (HVE) angenommen. Darin werden erstmals die Gesamtausgaben für 25 Mitgliedstaaten
über ein volles Jahr hinweg veranschlagt. Für neue Initiativen wird 2005 wenig Spielraum sein, da der
Großteil der Ausgaben durch frühere Beschlüsse des Rates und des Parlaments bereits vorab festgelegt
ist. Das vorgeschlagene Ausgabenvolumen für die erweiterte Union beziffert sich auf 109,5 Mrd. €. Im Rahmen
der derzeit geltenden Finanziellen Vorausschau könnten Mittel in einem Höchstbetrag von 114,2 Mrd. €
aufgebracht werden. Haushaltskommissarin Michaele Schreyer meinte dazu: "Mit den Haushaltsmitteln 2005 müssen
wir den Verpflichtungen nachkommen, die die Union aufgrund der Agenda 2000, in den Beitrittsverträgen und
im Zuge der GAP-Reform eingegangen ist. In diesem Sinne werden wir den neuen Mitgliedstaaten verstärkt finanzielle
Unterstützung leisten, die gemeinschaftspolitischen Maßnahmen auf dem Gebiet der Sicherheit ausbauen
und gezielt Verantwortung im Außenbereich übernehmen. Gleichwohl ist es uns gelungen, einen Haushaltsvoranschlag
in einem Volumen zu unterbreiten, das erneut deutlich unterhalb der Obergrenzen der Finanziellen Vorausschau angesiedelt
ist und dem Grundsatz der Haushaltsdisziplin Rechnung trägt."
Von der Kommission vorgeschlagenes Haushaltsvolumen
Mit 109,5 Mrd. € entspricht das von der Kommission vorgeschlagene Ausgabenvolumen (Zahlungsermächtigungen(1))
1,03% des Bruttonationaleinkommens der EU-25. Der Finanzrahmen für die erweiterte Union sieht einen Höchstwert
von 1,08% des BNE vor. Der Mittelansatz des Haushaltsvorentwurfs liegt deutlich - um 4,7 Mrd. € - unter der für
2005 vereinbarten Obergrenze.
Der insgesamt zu verzeichnende Anstieg um 9,7 Mrd. € ist bedingt durch die vollständige Integration der neuen
Mitgliedstaaten (+ 3,9 Mrd. €), die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (+ 1,3 Mrd. €) und die verstärkte
Inanspruchnahme der Strukturfonds (+ 2,7 Mrd. €). Auf diese drei Faktoren zusammen entfallen rund 80% der Aufstockung
bei den Zahlungsermächtigungen.
Die Verpflichtungsermächtigungen d.h. der Höchstbetrag an neuen finanziellen Verpflichtungen, die die
EU im Haushaltsjahr 2005 eingehen kann belaufen sich auf 117,2 Mrd. € für die erweiterte Union. Auf Ebene
der EU-25 stellt dies einen Anstieg um 5,2% gegenüber 2004 dar. Dieser Ansatz belässt einen Spielraum
von 2,4 Mrd. € bis zur Obergrenze für 2004.
Landwirtschaft
Die Gesamtanforderungen für Agrarausgaben der EU-25 beziffern sich auf 50,7 Mrd. €; davon sind 6,8
Mrd. € für die Entwicklung des ländlichen Raums bestimmt (+15%, die stärkste Mittelaufstockung insgesamt).
Der Anteil der neuen Mitgliedstaaten wird auf 3,6 Mrd. € veranschlagt, davon 1,9 Mrd. € für ländliche
Entwicklung. Der Mittelansatz für Marktstützungs- und Veterinärmaßnahmen in den neuen Mitgliedstaaten
wurde beträchtlich erhöht, liegt dabei allerdings trotzdem relativ niedrig, da die Direktbeihilfen zugunsten
dieser Staaten sich noch im "Phasing-in"-Stadium befinden, d.h. in diesem Haushaltsjahr erstmals zur
Auszahlung kommen.
Der Gesamtanstieg der Agrarausgaben (+ 4,42 Mrd. € bei den Zahlungsermächtigungen) ist größtenteils
bedingt durch die Erweiterung (+ 2,1 Mrd. €), daneben aber auch durch den Euro-Dollar-Umrechnungskurs (1€ = 1,25
USD), der Mehrkosten in Höhe von 240 Mio. € verursacht. Hinzu kommen die Aufwendungen 2005 für die GAP-Reform
im Betrag von 1,3 Mrd. €. Der Rest ist größtenteils mit der Rückkehr zu Normalverhältnissen
nach der Dürrekatastrophe im Summer 2003 zu erklären (400 Mio. €).
In einem Berichtigungsschreiben im Oktober 2004 wird die Kommission weitere aktualisierte Schätzwerte für
die Agrarausgaben vorlegen.
Strukturmaßnahmen
Die Strukturfonds sind der zweitgrößte Ausgabensektor im Rahmen des Haushaltsplans für
die erweiterte Union.
Die Verpflichtungsermächtigungen für die Strukturfonds verzeichnen eine Erhöhung um 3,3% für
die EU-25. Von den insgesamt bereitgestellten 42,4 Mrd. € sind 7,7 Mrd. € für Maßnahmen in den neuen
Mitgliedstaaten bestimmt.
Die Strukturfondsausgaben (Zahlungsermächtigungen) beziffern sich auf 35,4 Mrd. € für die EU-25, was
einem Anstieg um 14,8% gegenüber dem Haushalt 2004 entspricht. Auslösefaktor ist die Verdoppelung der
Aufwendungen zugunsten der neuen Mitgliedstaaten im Verhältnis zum Vorjahr. Die Kohäsionsfondsausgaben
hingegen sind für alte und neue Mitgliedstaaten rückläufig, bedingt durch die in Kopenhagen getroffenen
Vereinbarungen sowie die Tatsache, dass Irland seine Förderfähigkeit im Rahmen dieses Fonds eingebüßt
hat.
Interne Politikbereiche
Verglichen mit den Wachstumstendenzen der beiden vorgenannten Kategorien gestaltet sich die Ausgabenentwicklung
in den internen Politikbereichen 2005 eher konservativ. Der Gesamtansatz an Verpflichtungsermächtigungen beläuft
sich auf 8,95 Mrd. €, mit entsprechenden Zahlungsermächtigungen im Betrag von 7,7 Mrd. €; das sind 2,8% mehr
als im Vorjahr.
Für die Ausgaben im Forschungsbereich werden Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von 5 Mrd. € veranschlagt.
Dies zeigt, dass der Umsetzung der Zielvorgaben von Lissabon auch in der erweiterten Union nach wie vor ein hoher
Stellenwert eingeräumt wird.
Für den Bereich "Bildung und Kultur", dem im Rahmen der Wettbewerbsfähigkeit ebenfalls eine
Schlüsselfunktion zukommt, wird ein Mittelansatz von 885 Mio. € vorgeschlagen.
Das Schutz- und Sicherheitskonzept soll vor allem im Energie- und Verkehrssektor finanziell gefördert werden.
So werden für die Stilllegung von Kernanlagen des Gemeinsamen Forschungszentrums Mittel im Betrag von 67 Mio.
€ bereitgestellt. Zusätzliche 139 Mio. € sind für den Abbau der Atomkraftwerke in Ignalina (Litauen)
und Bohunice (Slowakei) eingeplant. Die Maßnahmen in den Bereichen Verbraucherpolitik, öffentliche Gesundheit
und Lebensmittelsicherheit sowie die Einrichtung des neuen Europäischen Zentrums für die Verhütung
und Bekämpfung von Seuchen werden mit insgesamt 120 Mio. € unterstützt.
Zum Schutz der neuen Außengrenzen und des erweiterten Raums der Freizügigkeit sind Maßnahmen im
Rahmen des Zollprogramms vorgesehen. Über 530 Mio. € werden im Bereich "Justiz und Inneres" aufgewendet,
u.a. für das Visa-Informationssystem und den Flüchtlingsfonds. 336 Mio. € werden für Kontrollen
der neuen Mitgliedstaaten an den Außengrenzen der Union und 13 Mio. € für die Finanzierung einer Übergangsfazilität
für Kaliningrad bereitgestellt.
Außenhilfen
Für 2005 schlägt die Kommission ein Finanzierungsvolumen von etwas über 5,2 Mrd. € für
außenpolitische Maßnahmen vor, was in etwa dem Niveau des Haushalts 2004 entspricht.
Wie bereits 2004 beabsichtigt die Kommission erneut, über die im Finanzrahmen vorgegebene Höchstgrenze
hinaus Mittel für spezielle Ausgaben zur weiteren Unterstützung der Stabilisierung und des Wiederaufbaus
im Irak bereitzustellen, was ursprünglich nicht geplant war.
Der eingangs genannte Betrag dient der Konsolidierung der Hilfen für Osteuropa und Zentralasien (515 Mio.
€) und Lateinamerika (315 Mio. €) und dem Ausbau der Nachbarschaftspolitik zugunsten der Länder des Mittelmeerraums
und des Nahen Ostens (zusammen 1 070 Mio. €, die einen Betrag von 200 Mio. € für den Irak ermöglichen).
Nach mehreren Jahren des Wiederaufbaus im Balkan wird das Hilfsniveau nunmehr auf 554 Mio. € reduziert. Dies reicht
aus, um der Europäischen Union die weitere Wahrnehmung ihrer politischen Verpflichtungen in dieser geographischen
Region zu gestatten. Der Mittelansatz für Asien umfasst nach wie vor die Unterstützung des Wiederaufbaus
in Afghanistan (648 Mio. € insgesamt für diese Region).
Bei den thematischen Programmen sollen die Mittel für die Zusammenarbeit mit Drittländern im Bereich
der Migration auf 45 Mio. € aufgestockt und die Finanzierungslinien für Nahrungsmittelhilfe um 4% (auf 436
Mio. €) erhöht und für Gesundheitsmaßnahmen konsolidiert werden. Insgesamt wird über 1 Milliarde
€ vom EU Haushalt für Entwicklungszusammenarbeit mit den ärmsten Ländern vorgeschlagen, wobei mehr
als 3.4 Milliarden € aus dem Europäischen Entwicklungsfonds noch dazukommen. Die Kommission schlägt vor,
die Dotation an Verpflichtungsermächtigungen für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik auf
55 Mio. € festzusetzten. Der gemeinsamen Polizeimission in Bosnien-Herzegowina und in der ehemaligen jugoslawischen
Republik Mazedonien kommt in diesem Rahmen jedoch weiterhin erhebliche Bedeutung zu.
Die Heranführungsstrategie im eigentlichen Sinne beschränkt sich künftig auf Rumänien, Bulgarien
und die Türkei. Die Unterstützungsmaßnahmen zugunsten dieser drei Länder sollen ab 2004 beträchtlich
ausgebaut werden. So erfährt die Heranführungshilfe für Rumänien und Bulgarien eine Aufstockung
auf 1 550 Mio. €, während für die Türkei Verpflichtungsermächtigungen im Betrag von 300 Mio.
€ bereit gestellt werden. Aus dieser Rubrik werden im übrigen auch den neuen Mitgliedstaaten noch Zahlungsermächtigungen
im Umfang von 1 538 Mio. € zufließen, um die 2003 und in den Jahren davor eingeleiteten Beitrittsvorbereitungsprogramme
endgültig abzuwickeln.
Die Kommission wird in Kürze Vorschläge unterbreiten, die die Unterstützung Nordzyperns betreffen.
Entsprechend den Beschlüssen von Kopenhagen stehen den neuen Mitgliedstaaten 2005 außerdem Ausgleichszahlungen
im Gesamtbetrag von 1,3 Mrd. € zu, die gewährleisten sollen, dass diese Staaten auch nach dem Beitritt ihren
Nettoempfänger status behalten. Dieser Ausgleichsbetrag liegt rund 100 Mio. € niedriger als 2004.
Verwaltungsausgaben
Für die Verwaltungsausgaben der Organe der Europäischen Union (Rubrik 5) werden Mittel in Höhe von
6,36 Mrd. € veranschlagt, was einem Anstieg um 3,9% im Verhältnis zum Haushalt 2004 entspricht.
Die Kommission fordert im Rahmen der mittelfristigen erweiterungsbedingten Anpassung 700 neue Planstellen an. Davon
entfällt rund die Hälfte auf die Sprachendienste. Die Zahl der Kommissionsmitglieder verringert sich
von 30 auf 25.
Mit Inkrafttreten des neuen Personalstatuts dürften sich im Bereich der Verwaltungsausgaben der Kommission
Einsparungen im Umfang von rund 40 Mio. € erzielen lassen.
Die Rückkehr in das Berlaymont-Gebäude wird im Haushaltsjahr 2005 mit Mietkosten in Höhe von 32
Mio. € zu Buche schlagen.
Dank der Umstellung auf die ABB-Methode werden die Verwaltungsausgaben nunmehr größtenteils direkt in
die jeweiligen Politikbereiche einbezogen. Nur bei einigen spezifischen Kategorien wie Ausgaben für Veröffentlichungen
oder für die Vertretungen der Kommission wird die getrennte Ausweisung beibehalten.
Weitere Schritte des Haushaltsverfahrens
Die erste Haushaltslesung des Rates wird im Juli, die des Parlaments im Oktober 2004 stattfinden. Die zweite Lesung
ist für November bzw. Dezember angesetzt. |