Bundespräsidentenwahl 2004 – am Tag danach  

erstellt am
27. 04. 04

Fischer: »Aufgabe im Interesse des ganzen Landes und für alle Österreicherinnen und Österreicher wahrnehmen«
Wien (sk) - Seinen "allerherzlichsten Dank an alle, die mitgeholfen haben" richtete der Gewinner der Bundespräsidentenwahl, SPÖ-Präsidentschaftskandidat Dr. Heinz Fischer, an eine begeisterte Menge vor seinem Wahlkampfbüro in der Zelinkagasse in der Wiener Innenstadt. Er werde, betonte Fischer, all das ernst nehmen, was er vor der Wahl gesagt habe, nämlich dass er seine künftige Aufgabe "im Interesse des ganzen Landes und für alle Österreicherinnen und Österreicher" wahrnehmen werde.

 

Ferrero-Waldner: Weiter mit Volldampf für Österreich
Schüssel: Ferrero-Waldner hat gezeigt, wie es ist, wenn man siegen will
Wien (övp-pd) - Nach der Verkündigung des Wahlergebnisses bei der Präsidentschaftswahl bedankte sich ÖVP- Präsidentschaftskandidatin Außenministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner am Sonntag (25. 04.) bei ihren knapp zwei Millionen Wählerinnen und Wählern für ihr Vertrauen, besonders auch bei den mehr als 1.500 überparteilichen Initiativen, die es in ganz Österreich zur Unterstützung ihres Wahlkampfes gegeben habe, und bei den Jugendkomitees, "die mich durch den Wahlkampf getragen haben". Es sei ein fairer Wahlkampf gewesen, natürlich sei sie als Kämpferin enttäuscht, aber "ich glaube, wir haben sehr viel aufholen können", so Ferrero-Waldner, die ihrem Mitbewerber Heinz Fischer offiziell zu seiner Wahl gratulierte.

"Wir waren auf der Überholspur, und ich habe gedacht, dass wir dieses Etzerl noch schaffen können", so Ferrero-Waldner. "Der Bundeskanzler hat mich gebeten, das Haus weiterzuführen", und nun werde sie "mit Volldampf" weiterhin als Außenministerin für Österreich arbeiten. Bereits morgen finde wieder ein Außenministerrat in Luxemburg statt.

Auch Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel bedankte sich bei den vielen Wählerinnen und Wählern und den Menschen, die für Dr. Benita Ferrero-Waldner im Wahlkampf tätig gewesen seien. "Benita hat uns gezeigt, wie es ist, wenn man siegen will, und davon können wir noch eine gewaltige Menge lernen", so Schüssel bei der Wahlparty für Dr. Benita Ferrero-Waldner im Kursalon Hübner im Wiener Stadtpark. "Ich bin stolz auf diese Kandidatin, sie hat aus einem großen Rückstand fast einen Sieg gemacht", so Schüssel, der darauf verwies, dass Ferrero-Waldner in vier Bundesländern, bei den Frauen und bei den Jungwählerinnen und Jungwählern vorne liege.

"Außenministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner hat uns gezeigt, wie es geht, mit Fröhlichkeit, mit guten Argumenten und mit Siegeswillen auf die Bevölkerung zuzugehen", erklärte Schüssel. Er habe Ferrero- Waldner gebeten, ihr Amt als Außenministerin weiter auszuüben. "Sie wird morgen schon wieder in Luxemburg für Österreich kämpfen, die europäische Verfassung mit ausarbeiten" und für Österreich "rot-weiß- rot" im In- und Ausland werben.

 

 Bures: SPÖ wird den Schwung in die nächsten Wahlauseinandersetzungen mitnehmen
Für Wolfgang Schüssel wäre Nachdenken angebracht
Wien (sk) - "Alfred Gusenbauer hat einmal gesagt: 'Heinz Fischer ist der geborene Bundes- präsident'. Seit gestern ist er auch der gewählte Bundespräsident", freut sich SPÖ- Bundes- geschäftsführerin Doris Bures am Montag (26. 04.) nach der Wahl in einer gemeinsamen Presse- konferenz mit SPÖ-Geschäftsführer Norbert Darabos. "Die SPÖ wird den Schwung für die nächsten Wahlauseinandersetzungen mitnehmen", erklärte Bures in Hinblick auf die Europaparlaments-Wahl am 13. Juni.

Die Fragen, die in Fischers Wahlkampf eine tragende rolle gespielt haben, werden auch im EU-Wahlkampf von Bedeutung sein. Das sind die Fragen der sozialen Sicherheit, der Sicherheitspolitik und der Neutralität. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, das Erarbeiten eines gemeinsamen sozialen Standards und der soziale Fortschritt sind wesentliche Punkte der EU-Politik, die Auswirkungen auf Österreich haben.

Bures betont, dass es im Europaparlament eine konservative Mehrheit gibt und die EU-Politik aus diesem Grund in den letzten Jahren in die falsche Richtung gegangen ist. "Verantwortlich für diesen Kurs ist auch die Regierungspolitik", so Bures, die klare Parallelen aufzeigt: Keine Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit, mangelnde Investitionen, eine Steuerreform, die untere und mittlere Einkommen nicht entlastet, etc.

Weiters sagte Bures, dass die Tatsache, dass die Interessen der Österreicherinnen und Österreicher in Europa nicht gehört werden, darauf zurückzuführen sei, dass "man sich nicht entsprechend eingesetzt hat". Die voraussichtlich geringe Wahlbeteiligung führt Bures auf die Skepsis der Wählerinnen und Wähler zurück und die Überzeugung, "dass zu wenig Politik für die Österreicherinnen und Österreicher gemacht wird". Entscheidend werde sein, wie sehr man die Menschen überzeugen könne, dass die EU-Wahl auf die Lebensbedingungen der Menschen Einfluss hat und wie wichtig es ist, dass der Kurs des Neoliberalismus nicht fortgesetzt und die EU auch als Friedensprojekt gesehen wird. Auf ein Wahlziel möchte sich Bures noch nicht festlegen, dazu sei es noch zu früh.

Bures hob die hervorragende Kampagne ihres Ko-Geschäftsführers Norbert Darabos hervor und drückte ihre Hoffnung aus, dass sich die positive Stimmung auf die Kampagne zur Europawahl übertragen werde. Die Wahlzentrale für die Bundespräsidentschaftswahl soll auch im EU-Wahlkampf die Basis der Wahlbewegung sein: "Wir bleiben in der Zelinkagasse", so Bures.

Zur eventuellen Kandidatur des ehemaligen SPÖ-Spitzenkandidaten Hans Peter Martin meinte Bures, sie wisse noch nicht, ob dieser kandidiere, aber die Transparenz der Bezüge sei ein sehr wichtiges Thema, wie auch der Leiter der SPÖ-Delegation im Europaparlament Hannes Swoboda bereits erklärt habe. Es gebe zu einer einheitlichen, transparenten und nachvollziehbaren Bezügeregelung eine Initiative der Sozialdemokraten.

Auf die Frage, wer Heinz Fischer als zweiter Nationalratspräsident nachfolgen soll und ob Barbara Prammer dafür in Frage käme, verwies Bures auf die morgige Präsidiumssitzung, bei der auch diese Frage besprochen werde, Barbara Prammer jedenfalls sei" eine hervorragende Politikerin". Weiters werde morgen die EU-Liste sowie die Themen und Inhalte für die EU-Wahl beschlossen.

Nicht zur Kenntnis nehmen des Wählerwillens und Abgehobenheit bei der ÖVP
Heftige Kritik übte Bures an der "Abgehobenheit" der ÖVP und ÖVP-Chef Schüssel, der "offensichtlich das Wählervotum nicht zur Kenntnis nimmt" und "den Respekt vor dem Gegner verloren hat". Viele hätten sich gestern bei dem Toben und der Jubel-Stimmung in der ÖVP-Wahlzentrale gedacht: Ich bin im falschen Film, meinte Bures, die diese Szenen als "gespenstisch" empfunden hat und folgert: "Nachdenken und überlegen, warum man das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler verloren hat, wäre für Schüssel besser angebracht gewesen." Nach den Wahlen in Salzburg und Kärnten, den AK-Wahlen, dem Volksbegehren und jetzt der Bundespräsidentschaftswahl, ist Bures überzeugt, den nächsten Wahlniederlagen der ÖVP entgegenzusehen.

 

 Lopatka: Es war eine Persönlichkeitswahl
Ferrero-Waldner hat hervorragend gekämpft und eine beachtliche Aufholjagd hingelegt
Wien (övp-pk) - ÖVP-Generalsekretär Abg.z.NR Dr. Reinhold Lopatka erteilte am Montag (26. 04.) dem Versuch der SPÖ- Bundesgeschäftsführer, das Ergebnis der Bundespräsident- schaftswahl in eine Denkzettelwahl für die Bundesregierung umzuwandeln, eine entschiedene Absage. "Es war ein Wahlkampf zweier Persönlichkeiten, in dem der Amtsbonus des langjährigen Nationalratspräsidenten diesem einen Vorteil verschafft hat, den er knapp aber doch verteidigen konnte", so Lopatka.

"Dr. Benita Ferrero-Waldner hat hervorragend gekämpft und als Persönlichkeit weit über die Parteigrenzen hinweg gepunktet", sagte Lopatka. "Die ÖVP hatte sicherlich die offensivere und modernere Botschaft: Erstmals eine Frau. Auch die Betonung der internationalen Kompetenz und der außenpolitischen Erfahrung war in einem erweiterten Europa eindeutig zukunftsorientierter", so der ÖVP-Generalsekretär, "aber die SPÖ, die mit einem Mann auf eine traditionelle Strategie gesetzt hat, hat diese Wahl knapp für sich entschieden."

Jedenfalls, so Lopatka, könne sich Österreich glücklich schätzen, dass zwei qualifizierte Kandidaten zur Verfügung gestanden seien. "Große Sorge bereitet uns aber die niedrige Wahlbeteiligung und die vielen ungültigen Stimmen. Die Bedeutung des Amtes muss durch die Arbeit wieder ins rechte Licht gerückt werden."

Zu Aussagen der SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures, wonach es "gespenstisch" gewesen sei, dass bei der ÖVP-Wahlfeier in "Hübners Kursalon" gejubelt worden sei, sagte Lopatka: "Es mag für Frau Bures nicht verständlich sein, aber in Ferrero-Waldners Wahlbewegung haben sich eben viele junge Menschen engagiert, die sich gestern über die fulminante Aufholjagd gefreut haben, auch wenn die Außenministerin ihren Gegenkandidaten letztlich nicht ganz eingeholt hat", so Lopatka. "Ich bin froh, dass es Jugendliche gibt, die ihre Begeisterung und ihr Engagement nicht allein davon abhängig machen, ob sie letztendlich auf der Gewinnerseite stehen", so der ÖVP- Generalsekretär abschließend.

 

 Haubner: Die Zeit wäre reif für eine Frau als Bundespräsident gewesen
Gratulation für Benita Ferrero-Waldner
Wien (fpd) - Die geschäftsführende Bundesparteiobfrau der FPÖ Ursula Haubner gratulierte am Montag (26. 04.) Benita Ferrero-Waldner zu ihrer beeindruckenden Aufholjagd. "Die Zeit wäre reif gewesen für eine Frau als Staatsoberhaupt. Wenn einige ÖVP-Landesorganisationen mit gleichem Einsatz wie ihre eigene Kandidatin gekämpft hätten, dann hätte Österreich jetzt eine Bundespräsidentin", betonte Haubner.

Wahlentscheidend sei die geringe Mobilisierung der eigenen Wählerklientel durch die ÖVP gewesen. Ebenso habe vielen Nichtwählern anscheinend ein dritter Kandidat gefehlt, der sich als vollkommen parteiunabhängige Alternative präsentiert hätte. "Es gibt mir zu denken, wenn Heinz Fischer die absolut meisten Stimmen aus Niederösterreich erhalten hat. Die ÖVP wird sich Gedanken über den geringen Mobilisierungsgrad ihrer Anhängerschaft machen müssen. In Kärnten, wo die FPÖ dominiert, hat Ferrero Waldner eindrucksvoll gewonnen", bekräftigte Haubner.

Vor allem in FP-Bürgermeister-Gemeinden habe es große Zustimmungen für Ferrero gegeben, aber auch in vielen SP-Bürgermeister-Gemeinden hätte Ferrero Mehrheiten bis zu 72 % errungen. Hätten alle ÖVP-Landeshauptleute sich so engagiert wie Jörg Haider in Kärnten, wäre Ferrero heute Bundespräsidentin

Die große Zahl an Nichtwählern und ungültigen Stimmen müsse ein Anlass sein, das Amt des Bundespräsidenten zu überdenken und neu zu definieren. Die FPÖ sei hier seit Jahren die einzige kritische Kraft in Österreich gewesen und sei der Meinung, dass dieses Thema im Österreich Konvent tabulos diskutiert werden müsse. Typisch sei hier auch die Haltung der Grünen; zuerst abwarten und sich dann auf die Seite des Siegers zu schlagen, aber keinerlei eigene Ideen und Visionen zu entwickeln. Dies zeige sich auch darin, dass die beiden Linksparteien immer die Frauensolidarität und Gleichberechtigung predigen, aber wenn es darauf ankommt, die Frauen im Stich lassen. "Die FPÖ hat keine Wahlempfehlung abgegeben, ich persönlich hätte aber gerne eine Frau an der Spitze Österreich gesehen", so Haubner abschließend.

 

 Grüne gratulieren Fischer und zollen Ferrero-Waldner Respekt
Geringe Beteiligung für Glawischnig bedenklich
Wien (grüne) - Die stellvertretende Bundessprecherin der Grünen Eva Glawischnig hat am Sonntag (25. 04.) Abend dem SPÖ-Kandidaten Heinz Fischer zum Sieg bei der Bundes- präsidenten-Wahl gratuliert. Gleichzeitig zollte sie der unterlegenen ÖVP-Kandidatin Benita Ferrero-Waldner "Respekt" für deren Ergebnis. Ferrero-Waldner habe sich "wacker geschlagen". Die Grünen WählerInnen seien "das Zünglein an der Waage" gewesen. Sie seien vermutlich erst durch die Deklarierung zahlreicher FPÖ-Spitzenpolitiker mobilisiert worden, die versuchten, Ferrero-Waldner als ihre Kandidatin darzustellen, vermutete Glawischnig.

"Bedenklich" ist für Glawischnig die geringe Wahlbeteiligung und die relativ hohe Zahl an ungültigen Stimmen. Darauf sollten die Parteien im bevorstehenden Wahlkampf für die Europa-Wahlen Bedacht nehmen.

Keinen Grund sieht Glawischnig, warum Ferrero-Waldner nun nicht weiter Außenministerin bleiben sollte. Dass mit Ferrero-Waldner eine Frau für das höchste Amt im Staat kandidiert hat, bewertete Glawischnig grundsätzlich als positives Signal, das Geschlecht allein sei aber kein Kriterium.
       
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