EU-Erweiterungsländer: Hamsterkäufe gegen Unsicherheit  

erstellt am
27. 04. 04

Esten und Tschechen horten vor dem Beitritt Zucker, Reis und Salz
Tallinn/Prag (aiz.info) - Viele Esten und Tschechen legen vor der EU-Erweiterung Lebensmittelvorräte an, weil sie fürchten, dass ab dem 01. 05. die Preise steigen werden. "Manche Leute haben dutzende Kilo Salz gekauft", berichtete beispielsweise Nadezda Samoilova, die in der kleinen Ortschaft Kohtla-Järve im Nordosten von Estland als Verkäuferin arbeitet, laut dem Nachrichtendienst AFP. Innerhalb von zwei Wochen habe das Geschäft soviel Zucker und Salz verkauft wie sonst in fünf Monaten. Im russischsprachigen Osten des Landes war der Ansturm besonders groß, nachdem ein russischer Fernsehsender fälschlicherweise berichtet hatte, in der EU gebe es kein grobes Salz zu kaufen. Auf jeden Fall werden die Lebensmittel aber teurer werden, wenn sie ab Mai nicht mehr zu Weltmarktpreisen verkauft werden. Ein Kilo Zucker, das in Estland derzeit umgerechnet rund 40 Cent kostet, wird dann etwa doppelt so teuer.

Den estnischen Wirtschaftsexperten Pille Liivaauk überraschen die Hamsterkäufe seiner Landsleute aber auch aus anderen Gründen nicht. "Vorräte anzulegen hilft psychologisch, mit den Unsicherheiten umzugehen, die bei einer Veränderung entstehen", erklärte Liivaauk. Zudem hätten die Esten nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion schlechte Erfahrungen gemacht, als der Rubel durch die Krone ersetzt wurde und die Lebensmittel im ganzen Land knapp waren. Genau wie damals stünden die Leute jetzt vor den Geschäften Schlange, um auch Lebensmittel wie Mehl und Essig en gros zu kaufen. Mancher meinte sogar, es sei "wie vor einem Krieg".

Hamsterkäufe wurden im Vorfeld der EU-Erweiterung auch in anderen Beitrittsländern registriert. So trieb die Angst vor einem Preisanstieg bei Lebensmitteln laut Presseberichten die Tschechen zu Hamsterkäufen von Reis und Zucker. Landesweit würden sich Kunden kartonweise mit diesen Erzeugnissen eindecken, schrieben Prager Zeitungen. Wie berichtet, wird in Polen wiederum Butter gehortet, jedoch aus einem ganz anderen Grund, nämlich um nach dem Beitritt höhere Verkaufspreise erzielen zu können.
     
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