Erweiterung der Europaischen Union  

erstellt am
06. 05. 04

 Schüssel: Österreich ist auf EU-Erweiterung gut vorbereitet
Erklärung des Bundeskanzlers vor dem Nationalrat zur EU-Erweiterung
Wien (övp-pk) - Österreich ist für das erweitere Europa gut vorbereitet und hat konkrete Antworten auf die Sorgen der Bevölkerung. Das sagte Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel am Mittwoch (05. 05.) in seiner Erklärung vor dem Nationalrat zum Thema "Das größere Europa - Österreichs Chancen". Er nannte als Beispiele die Übergangsfristen im Bereich des Arbeitsmarktes, ein Plus an Arbeitsplätzen in den Grenzregionen, die Schaffung einer Sicherheitsstruktur aus einer Hand, grenzüberschreitende Kooperationen zur Bekämpfung der Kriminalität sowie die Steuerreform und massive Investitionen in Schiene und Straße.

Manche würden behaupten, dass Europa es verlernt habe zu feiern und sich nicht anders verhalte als eine überdimensionierte Firma, die nur an Nettozahler denke. Wer allerdings vor vier Tagen erlebt habe, wie sich die Menschen in den neuen Mitgliedsländern und auch bei uns gefreut haben, würde spüren, dass das nicht stimmt. In diesem Zusammenhang berichtete Schüssel mit "großer Freude" von seiner Teilnahme bei den Erweiterungsfeiern in Ungarn, in der Slowakei sowie am Dreiländereck Österreich-Italien-Slowenien. Es sei dies viel wichtiger als so manches Thema, das besonders hochgespielt werde. Darüber sollte man an einem Tag wie heute auch ein wenig reflektieren und auch innenpolitische Diskussionen zurückstellen.

Schüssel hob in diesem Zusammenhang das Essay "Falls Europa erwacht" von Peter Sloterdijk als lesenswert hervor, das dieser Anfang der 90er Jahre geschrieben hat. Damals habe Sloterdijk visionär vorausgesagt, dass Europa eine Weltgegend sei, auf der nach Wahrheit und Güte des Lebens gefragt werden müsse. Die Europäer müssten sich als Rebellen gegen die Misere empfinden. Friede, Freiheit, soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Leistung seien Themen, die uns gemeinsam berührten, so Schüssel. Nur dann habe Europa als ein Global Player Gewicht und werde eine Friedensmacht, ein einheitlicher funktionierender Wirtschaftsraum und eine soziale und politische Einheit sein, so der Kanzler weiter.

Auch die neuen EU-Staaten hätten Ängste und Sorgen, beispielsweise hinsichtlich des Ausverkaufs ihrer Heimat an die "reichen Westeuropäer" oder des Identitätsverlustes. "Genauso, wie wir deren Sorgen ernst nehmen, sind auch die Sorgen der Österreicherinnen und Österreicher ernst zu nehmen." Man müsse sowohl das Ganze, als auch jene Themen, die jeden Einzelnen berühren, sehen.

Österreich sei für dieses erweitertes Europa gut gerüstet und habe konkrete Antworten auf die berechtigten Sorgen der Menschen, so Schüssel weiter. So habe sich die siebenjährige Übergangsfrist auf dem Arbeitsmarkt als richtige Maßnahme in Zeiten schwacher Konjunktur" herausgestellt. Wichtig sei auch, dass Österreichs Betriebe gut vorbereitet seien. Heute weise Österreich ein Handelsbilanzüberschussvolumen von 1,5 Milliarden Euro. Das sichere die 60.000 Arbeitsplätze, die seit der Öffnung des Eisernen Vorhangs entstanden seien und gebe die Perspektive, nochmals 30.000 Arbeitsplätze in Österreich schaffen zu können. Er hob zudem hervor, dass in den letzten Jahren auch mehr Arbeitsplätze in den Grenzregionen geschaffen wurden. "Das sind richtige und konkrete Antworten, auf die wir gemeinsam stolz sein können."

Der Kanzler zeigte sich auch überzeugt, dass die neue EU für die Wirtschaft etwas bringen wird: "Ich glaube, dass die Erweiterung eine richtige, faszinierende Antwort auf die Globalisierung sein kann." Mit der Steuerreform habe Österreich auch die Voraussetzung geschaffen, dass Betriebe wie Voest, Magna und andere Unternehmen weiter in Österreich investieren.

Seit dem Jahr 2000 werde in Schiene und Straße 50 Prozent mehr investiert als in der Zeit davor, verwies der Kanzler auf Maßnahmen im Bereich Infrastruktur. Er führte dabei auch die ÖBB-Reform und die LKW-Maut als konkrete Antworten auf die berechtigten Sorgen an. Als wichtig für die Sicherheit des Landes nannte der Kanzler die Zusammenlegung der Wachkörper, die es ermögliche, die Herausforderungen auch auf diesem Gebiet zu bewältigen sowie grenzüberschreitende Kooperationen.

Der Kanzler sprach auch die Kosten der EU an: Die Initiative der Nettozahler mit Begrenzungen der Leistungen bei einem Prozent des BIP bedeute, dass wir 25 Prozent mehr als bisher ins EU-Budget einzahlen. Man stehe am Beginn der Verhandlungen, am Ende werde man einen Kompromiss brauchen. Allerdings müsse man zunächst ausloten, welche Aufgaben prioritär und wichtig seien.

Eine weitere Antwort sei es auch, die besten Persönlichkeiten in die relevanten Institutionen zu schicken, verwies der Kanzler auf Franz Fischler, der heute für 90 Prozent des EU-Budgets verantwortlich sei und auf Außenministerin Benita Ferrero-Waldner, welche die regionale Partnerschaft mit den Nachbarländern initiiert habe. Beide würden in Europa gehört.

"Europa ist zusammengewachsen. Das zerrissene Herz Europas ist wieder eins. Die neuen EU-Länder seien herzlich willkommen geheißen - gemeinsam sind wir stärker." Österreich sei auf ein größeres Europa gut vorbereitet; müsse aber in vielen Bereichen aufpassen, die Chancen zu nützen. Österreich habe eine Stimme in der EU und werde gehört, schloss Schüssel.

 

 Gusenbauer: »Vorbehalte durch vernünftige, engagierte Politik ausräumen«
Wien (sk) - "Die Erweiterung der Europäischen Union am 1. Mai dieses Jahres bietet die Chance und die Möglichkeit, Europa sicherer und auch reicher zu machen, und die Aufgabe der Politik auf europäischer und nationaler Ebene, wird es sein, diese Chancen auch zu nützen", so SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer am Mittwoch (05. 05.) im Nationalrat. Er, Gusenbauer, sehe eine große Verantwortung, wie man mit diesem neugestalteten Europa umzugehen habe. Diese Verantwortung sei umso größer angesichts der Skepsis, die in Österreich in Bezug auf das europäische Integrationsprojekt herrsche. Diese sei in den letzten Jahren nicht kleiner, sondern größer geworden, unterstrich Gusenbauer und forderte die Bundesregierung auf, konkrete Maßnahmen zu ergreifen. Gusenbauer brachte einen Entschließungsantrag betreffend die flankierenden Maßnahmen, die zur Begleitung der Erweiterung der Europäischen Union notwendig sind, ein.

"Vor allem, wenn wir mit dieser Stimmung in der österreichischen Bevölkerung konfrontiert sind, ist die Herausforderung an die Politik außerordentlich groß", so Gusenbauer. In diesem Zusammenhang sei es kein "Werben" für die europäische Idee, wenn es auf der europäischen Ebene noch immer keinen Konsens für die europäische Verfassung gebe, kritisierte der SPÖ-Vorsitzende. Es werde der europäischen Idee auch kein guter Dienst getan, wenn gestern das Präsidium des europäischen Parlaments nicht im Stande war, für transparente Spesen- und Gehaltregelungen zu sorgen.

In Richtung Bundeskanzler sagte Gusenbauer: "Waren die Maßnahmen nicht viel zu wenig, um der österreichischen Bevölkerung auch die Zuversicht zugeben, dass dieser Erweiterungsprozess gut und für alle Menschen erlebbar gestaltet wird?" und weiter: "War all das, was bisher geschehen ist, nicht viel zu wenig, um das Wachstum anzukurbeln?" - vor allem vor dem Hintergrund des historischen Höchststandes der Arbeitslosenrate. "Waren die angekündigten Investitionen in die Infrastruktur nicht viel zu wenige?". Gusenbauer verwies auch auf den permanenten Stau im Ost-West-Verkehr und die zu geringe Vorbereitung der Betriebe, vor allem bei der Mitarbeiterqualifikation. "Schönreden wird die Menschen nicht überzeugen", unterstrich Gusenbauer.

"Maßnahmen, die ergriffen werden müssen, müssen für die Menschen auch spürbar und erlebbar sein", so Gusenbauers Überzeugung. Wenn es keinen Fortschritt in der Verkehrspolitik gebe, keine Entspannung am Arbeitsmarkt und kein höheres Wachstum, dann müsse der Bundeskanzler seine Politik ändern: "Denn dann waren die bisherigen Maßnahmen offensichtlich nicht genug". Das Gefühl der Bevölkerung, dass in den letzten Jahren viel versäumt wurde bei der Vorbereitung zur Erweiterung sei richtig. Es nütze nichts, die letzten Jahre schön zu reden, sondern man müsse jetzt die Chance ergreifen, all das zu tun, was nicht gemacht wurde.

Gusenbauer brachte einen Entschließungsantrag ein, der folgende Punkte beinhaltet: das Wirtschaftswachstum in Österreich zu stärken, neue Arbeitsplätze zu schaffen, konjunkturbelebende Maßnahmen zu setzen, ein 200 Millionen Euro Paket umzusetzen, damit die Qualifikation der Arbeitnehmer gestärkt wird, aktiv gegen illegale Beschäftigung vorzugehen und Entspannung im Bereich des Transits zu schaffen.

"Unsere gemeinsame Aufgabe muss es sein, dafür zu sorgen, dass dieses Erweiterungsprojekt eine Verbesserung der Lebensumstände der Menschen in den alten Mitgliedstaaten und auch in den neuen Mitgliedstaaten der EU bringt", so Gusenbauer. Nur so werde es ein stärkeres Europabewusstsein geben und weniger Skepsis, dann werde es ein "ja" der gesamten Bevölkerung ohne Vorbehalte geben, zeigte sich Gusenbauer überzeugt. "Die Vorbehalte, die jetzt bestehen, kann man nicht wegreden, die muss man durch vernünftige, engagierte Politik ausräumen, damit die Stimme der Österreicherinnen und Österreicher in Europa auch wieder gehört wird", so Gusenbauer abschließend.

 

 Scheibner: EU-Skepsis resultiert aus einer Kluft zwischen »Theorie und Praxis« in der EU
»Unser aller Ziel sollte es sein, daß dieses Europa wirklich vom Bewußtsein der Menschen getragen wird«
Wien (fpd) - "Was hat man denn nicht vor dem EU-Beitritt den Österreichern alles versprochen, wie etwa den "Ederer-Tausender", ohne die Realität aber wirklich auf den Tisch zu legen. Auch jetzt wird im Zuge der EU-Erweiterung der Bevölkerung vermittelt, daß alles gut vorbereitet ist. Und jeder, der Kritik übt, der wird pauschal als Anti-Europäer diskreditiert", sagte FPÖ-Klubobmann am Mittwoch (05. 05.) im Zuge der Debatte zur EU-Erweiterung.

Wir sollten alles dazu tun, damit die Kluft zwischen Theorie und Wirklichkeit, zwischen Institution und Bevölkerung in Europa überwunden werde. Nur dann könne das Europabewußtsein Einzug finden, das wir uns alle wünschen und brauchen. Die europäische Integration sei ein Jahrhundertprojekt des 20. und 21. Jahrhunderts. "Dieses Friedensprojekt stand am Anfang und steht jetzt noch im Zentrum dieser europäischen Integration. Auch darüber wird aber nicht viel geredet, vielleicht deshalb, da Frieden und Sicherheit, dort, wo man das habe als selbstverständlich angesehen werde. Gerade in einem Land wie Österreich, brauche man sich nicht zu wundern, daß dies anerkannt werde, wo Politiker über Jahrzehnte der Bevölkerung vorgemacht hätten, daß der Frieden und die Sicherheit durch Gesetzbücher, Dogmen, Begriffe und völkerrechtliche Verträge gesichert werden könne. "Das Zusammenführen ehemaliger Gegner brachte Stabilität, Frieden und Sicherheit in diesem Europa", erklärte Scheibner.

Gerade vor diesem Aspekt sei die Erweiterung positiv zu sehen. Europa als Kontinent sei mehr als die früheren 15 EU-Länder. "Daher sind wir sehr froh, daß es das Prinzip der Erweiterung gibt. Für Österreich ergibt sich damit Chancen im Bereich der Wirtschaft und der Sicherheit. Auch das neue Asylgesetz zeigt in diesem größer gewordenen Europa erste Wirkungen", betonte Scheibner.

In manchen Bereichen sei auch bei dieser Erweiterungsrunde eine Kluft zwischen der Theorie und Praxis entstanden. Im Bereich der Sicherheit sei man am Beispiel Zypern ersehend, dilettantisch vorgegangen. Auch bei der Durchsetzung der Menschenrechtsstandards warte man noch immer auf die versprochene Aufhebung der Amnestiegesetze und der Benes-Dekrete. "Wo immer Gewalt verübt, gemordet, gefoltert, vertrieben worden ist, muß dies auch als Unrecht anerkannt werden. Nicht mehr und nicht weniger verlangen wir von allen Mitgliedsländer dieser Werteunion in Europa", stellte Scheibner fest.

Zur EU-Verfassung meinte der FPÖ-Klubobmann, daß es ein Signal wäre, wenn man eine beschlossene EU-Verfassung zu einem europaweitem Referendum machte. Damit die Bevölkerung auch dieses Gefühle bekäme, "wir entscheiden mit, wie sich dieses Europa in Zukunft gestaltet". Daher solle man nicht über nächste und übernächste Erweiterungsrunden reden und schon gar nicht über Bereiche, die mit Europa vielleicht nur einen kleinen geographischen Teil gemeinsam hätten. "Versuchen wir aus diesem erweiterten Europa, das zu machen, was es sein solle, ein Europa der Bürger, der Vielfalt der Kulturen, der Vaterländer, aber nicht ein Europa der Bürokraten und der Institutionen, dann werden wir keine Probleme mehr haben, Verständnis auch für die schwierigen Seiten dieser europäischen Einigung zu finden. Unser aller Ziel sollte es sein, daß dieses Europa wirklich vom Bewußtsein der Menschen getragen wird", schloß Scheibner.

 

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