Brüssel (eu-int) - Die Europäische Kommission hat eine Entscheidung erlassen, wonach EU-Agrarmittel
in Höhe von 119,46 Mio. EUR von den Mitgliedstaaten wieder eingezogen werden sollen. Grund für die Wiedereinziehung
sind unzulängliche Kontrollverfahren oder die Nichteinhaltung der EU-Vorschriften für die Agrarausgaben.
Die Mitgliedstaaten sind zuständig für die Auszahlung und Überprüfung praktisch aller Ausgaben
im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), die Kommission muss aber dafür sorgen, dass sie diese Mittel
ordnungsgemäß verwenden.
Hierzu erklärte Franz Fischler, EU-Kommissar für Landwirtschaft, Entwicklung des ländlichen Raums
und Fischerei: "Die europäischen Steuerzahler müssen sich darauf verlassen können, dass ihr
Geld vorschriftsmäßig ausgegeben wird. Die Kommission hat die Pflicht, nicht ordnungsgemäß
ausgegebene Gelder wieder einzuziehen. Und das haben wir heute getan."
Dieses Auditverfahren ist ein unverzichtbares Instrument zur Kontrolle der GAP-Ausgaben und ermöglicht es,
Beträge von den Mitgliedsstaaten wieder einzuziehen, die die ordnungsmäßige Zahlung oder die Zuverlässigkeit
der Kontrollen nicht ausreichend sichergestellt haben.
Wichtigste finanzielle Berichtigungen
Nach der jetzigen Entscheidung werden Mittel aus Belgien, Spanien, Frankreich, Deutschland Griechenland, Italien,
dem Vereinigten Königreich, den Niederlanden und Portugal wieder eingezogen. Hierbei sind insbesondere folgende
Beträge zu nennen:
- 27,68 Mio. EUR von Frankreich, insbesondere wegen Mängeln bei den Schlüsselkontrollen der für
Direktzahlungen infrage kommenden Flächen und im Kulturpflanzensektor;
- 20,81 Mio. EUR von Frankreich, insbesondere wegen nicht erfolgter Schlüsselkontrollen bzw. Ausgleichszahlungen
für Bananen im Obst- und Gemüsesektor:
- 19,06 Mio. EUR von Italien, insbesondere wegen Nichteinhaltung der Verordnung (EG) Nr. 2075 (Junglandwirte
im Bereich Entwicklung des ländlichen Raums).
- 16,80 Mio. EUR vom Vereinigten Königreich wegen Mängeln bei den Vor-Ort-Kontrollen im Kulturpflanzensektor.
Eine genaue Übersicht über in den Entscheidungen vorgesehenen Wiedereinziehungen findet sich, aufgeschlüsselt
nach Mitgliedstaaten und Sektoren, in den Anhängen I-II. In Anhang III sind alle seit 1995 wieder eingezogenen
Beträge aufgeführt.
Hintergrund: So funktioniert das Verfahren
Mitgliedstaaten sind zuständig für Zahlung und Wiedereinziehung
Die Mitgliedstaaten sind zuständig für praktisch alle Zahlungen, die Erhebung aller Abgaben und
die Wiedereinziehung aller zu Unrecht gezahlten Beträge im Rahmen des EAGFL (Europäischer Ausrichtungs-
und Garantiefonds für die Landwirtschaft), Abteilung Garantie.
Beim Rechnungsabschlussverfahren muss die Kommission insbesondere mittels Vor-Ort-Kontrollen sicherstellen, dass
die Mitgliedstaaten die ihnen vom EAGFL bereitgestellten Finanzmittel vorschriftsmäßig verwendet haben.
Die Kommission führt alljährlich über 200 solcher Kontrollen in den Mitgliedstaaten durch.
Einsatz von Luft- und Satellitenaufnahmen und von Datenbanken
Die Kommission arbeitet mit den Mitgliedstaaten zusammen, um sicherzustellen, dass die Zahlstellen alle
Anträge vor der Auszahlung gründlich prüfen und die Rechnungen und Verfahren der Zahlstellen alljährlich
nach den international anerkannten Standards kontrolliert werden. Außerdem unterstützt die Kommission
alle Mitgliedstaaten aktiv bei der Einsetzung eines integrierten Kontrollsystems unter Einsatz modernster Technik,
um die Anbauflächen durch Luft- oder Satellitenaufnahmen zu kontrollieren und mit den Anträgen in den
elektronischen Datenbanken abzugleichen.
- Wiedereinziehung der Finanzmittel
- Kommt die Kommission trotz dieser Vorkehrungen zu dem Ergebnis, dass die Kontrollverfahren in einem Mitgliedstaat
Mängel aufweisen oder nicht mit den EU-Vorschriften vereinbar sind, zieht sie den vorschriftswidrig gezahlten
Betrag von dem betreffenden Mitgliedstaat wieder ein. Erweisen sich die von einem Mitgliedstaat angewandten Verfahren
als nicht zufrieden stellend, so verweigert die Kommission die Finanzierung eines Teils oder der Gesamtheit des
betreffenden Betrags.
- Die Reform des Verfahrens zur Wiedereinziehung vorschriftswidrig ausgegebener Beträge von 1995
- Dieses System wurde 1995 überarbeitet, um es effizienter zu machen. Jetzt baut es auf zwei verschiedenen
Verfahren auf:
Das erste Verfahren ist rein finanzieller Art und stützt sich hauptsächlich auf Audits durch Kommissionsbedienstete
(mittels Bescheinigung der von den unabhängigen Stellen vorgelegten Rechnungen) in Bezug auf die Richtigkeit
und Vollständigkeit der Rechnungen und die Einhaltung der EU-Vorschriften durch die Zahlstellen. Diese Arbeiten
müssen zum 30. April eines jeden Jahres abgeschlossen sein.
Das zweite Verfahren bezieht sich auf Kontrollen durch die Kommission und betrifft die Wiedereinziehung der Gesamtheit
oder eines Teils der für die vorangegangenen 24 Monate beantragten Ausgaben, wenn sich herausstellt, dass
die Zahlungen nicht mit den EU-Vorschriften vereinbar sind.
Werden Unregelmäßigkeiten oder systematische Mängel festgestellt, so können Beträge wieder
eingezogen werden. Lassen sich die Verluste für die Gemeinschaft nicht genau ermitteln, so kann der wieder
eingezogene Betrag auf 2%, 5%, 10% oder 25% der betreffenden Ausgabe oder mehr festgesetzt werden. Die Mitgliedstaaten
haben also einen starken Anreiz, die Qualität ihrer Überwachungs- und Prüfverfahren zu verbessern.
Das Recht der Mitgliedstaaten auf Stellungnahme und die Schlichtungsstelle
Die Mitgliedstaaten haben ein Recht auf Stellungnahme und Anhörung. Hierbei findet zunächst ein Informationsaustausch
zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission statt, gefolgt von einem Gespräch und einem informellen bilateralen
Treffen. Bevor die Entscheidung über den Rechnungsabschluss ergeht, müssen alle wichtigen Berichtigungen
durch ein Gremium von unabhängigen Sachverständigen geprüft werden, damit auch der Standpunkt der
Mitgliedstaaten berücksichtigt wird. Schließlich haben die Mitgliedstaaten das Recht, beim Europäischen
Gerichtshof gegen die Entscheidung zu klagen.
Werden die erforderlichen Verbesserungen nicht vorgenommen, so wendet die Kommission alle ihr zur Verfügung
stehenden Mittel an, um die betreffenden Mitgliedstaaten zur Einhaltung der EU-Vorschriften zu veranlassen; in
offenkundigen Fällen verweigert sie die vollständige Finanzierung der von den Mitgliedstaaten gemeldeten
monatlichen Vorschüsse.
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