Wien (oenb) - Österreich benötigt eine nationale Wachstumsstrategie. Ein Wachstums-(oder Lissabon-)
Beauftragter sollte den Erstellungs- und Umsetzungsprozess entsprechender Konzepte und Maßnahmen koordinieren.
Diese Wachstumsstrategie könnte auf Basis eines breiten Diskussionsprozesses mit der Öffentlichkeit das
Fundament eines neuen Basiskonsenses quer über Parteien und Sozialpartner bilden und zielführende Maßnahmen
zur Förderung des Wachstums außer Streit stellen.
Diese Empfehlung gibt die OeNB in einer Studie zum Thema „Ursachen des langfristigen Wachstums in Österreich
– Plädoyer für einen nationale Wachstumsstrategie“, die als Beitrag zum Heft 1/2004 der neuen OeNB-Quartalspublikation
„Geldpolitik & Wirtschaft“ heute von Direktor Dr. Josef Christl und Direktor Dr. Peter Mooslechner der Öffentlichkeit
präsentiert wurde.
Über das unbefriedigend niedrige Wachstum der vergangenen Jahre hinaus ist eine explizite Wachstumsstrategie
– so die OeNB-Studie weiter - umso notwendiger, da sich in den letzten Jahrzehnten die politische, wirtschaftliche
und technologische Umgebung Österreichs stark geändert hat (EU-Beitritt, Euro-Einführung, EU-Erweiterung,
Globalisierung, Informationszeitalter, Bevölkerungsalterung), so die Autoren Ernest Gnan, Jürgen Janger
und Johann Scharler. Eine von breitem Konsens getragene, ausformulierte und mittelfristig angelegte Wachstumsstrategie
hätte der Studie zufolge viele Vorteile:
Die Reformen wären nicht so stark vom Wahlzyklus der Politik abhängig; Stillstände bei der Umsetzung
von Reformen könnten weitgehend vermieden werden. Bevölkerung und Unternehmen könnten sich ausreichend
lange im Vorhinein auf Veränderungen einstellen. Die von Veränderungen Betroffenen sowie die Fachöffentlichkeit
hätten Gelegenheit, akzeptable Lösungsmöglichkeiten für alle Beteiligten zu diskutieren. Die
Reformen würden stärker als im Interesse des gesamten Landes und der Steigerung des Allgemeinwohls wahrgenommen
werden.
Weitere Studien des ersten Hefts von „Geldpolitik & Wirtschaft“ befassen sich mit „Zahlungsverhalten und Bargeldhaltung
der Österreicher“, mit „Inflationsunterschieden in Europa“ sowie der „internationalen Finanzarchitektur“.
Die Bargeldzahlungen der Österreicher und Österreicherinnen erreichten im Jahre 2002 einen Anteil von
etwa 75 bis 77%, nachdem im Jahr 2000 noch 83% der Transaktion (wertmäßig) mit Bargeld abgewickelt wurden.
Der Rückgang ist v.a. auf die verstärkte Nutzung von Bankomatzahlungen zurückführen, so der
Autor Helmut Stix.
Weiters wird untersucht, wie sich die Benützung von Bankomaten auf die Bargeldhaltung auswirkt. 37% der Österreicher
(ab dem 15. Lebensjahr) Jahren gaben an, Bargeld ausschließlich bei Bankomaten zu beziehen. Statistisch gesehen
hebt diese Gruppe rund 3.8-mal pro Monat einen Durchschnittsbetrag von jeweils 166 EUR ab. 26% der Österreicher
beziehen hingegen ihr Geld ausschließlich am Bankschalter. Der Weg zur Bank wird aber in diesem Fall mit
1,8-mal pro Monat deutlich seltener angetreten, entsprechend groß ist daher der mit durchschnittlich 412
EUR behobene Betrag. Somit zeigen die Ergebnisse, dass die Benützung von Bankomaten die durchschnittliche
Bargeldhaltung signifikant beeinflusst --- Bankomat-Nutzer heben häufiger Bargeld ab und beziehen, pro Bargeldbezug,
geringere Beträge.
Eine deutliche Verringerung der Inflationsunterschiede innerhalb der EU-25 seit 1990, jedoch substanzielle Unterschiede
im Preisniveau zwischen dem Euroraum und den neuen EU-Mitgliedsländern ortet die Inflationsstudie. Im Vergleich
der Länder des Euroraums mit den Beitrittsstaaten konstatieren die OeNB-Autoren ( Ègert Balàzs,
Doris Ritzberger-Grünwald und Maria Antoinette Silgoner ) drei homogene Gruppen: Länder mit dem relativ
höchsten Preisniveau (Luxemburg, Irland und Finnland), eine Kerngruppe mit einem Preisniveau nahe am Euroraum-Durchschnitt
(Österreich, Belgien, Frankreich, Deutschland und die Niederlande), sowie die Gruppe der Mittelmeerländer
(Italien, Spanien, Griechenland und Portugal). Bei dieser letzten Gruppe liegt das Preisniveau um bis zu 25 % unter
dem EU-Durchschnitt. Mit Ausnahme von Zypern ist das Preisniveau in den meisten der zehn neuen EU-Beitrittsländer
nur etwa halb so hoch wie im Euroraum. Obwohl das Preisniveau für Gebrauchsgüter im Großen und
Ganzen den Preisen im Euroraum entspricht, sind die Preise in den neuen Mitgliedstaaten für Dienstleistungen
nur halb so hoch oder sogar noch niedriger als im Eurogebiet. |