Swoboda:
»Bei EU-Wahl sind Sachthemen entscheidend«
»Rote Karte für Bundesregierung«
Wien (sk) - "Es geht darum, den Kurs, den die EU genommen hat und den Kurs der Bundesregierung
zu korrigieren", stellte SPÖ-EU-Spitzenkandidat Hannes Swoboda am Sonntag (23. 05.)
in der ORF-"Pressestunde" klar. Im Mittelpunkt der EU-Wahlkampf- auseinandersetzung stehen für Swoboda
und sein Team ganz klar Sachthemen: Der Kampf für ein soziales Europa, der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit
und die Kritik an der Politik der Bundesregierung. Die EU-Wahl sieht Swoboda als "Protestwahl" und zeigte
Verständnis für die Skepsis in der Bevölkerung. Auch zur Spesenfrage fand Swoboda klare Worte: "Kein
Euro ohne Beleg, kein Beleg ohne Kontrolle". Ansätze, gegen das Problem der Arbeitslosigkeit anzukämpfen,
liegen für Swoboda vor allem bei einer Änderung des EU-Budgets. Der SPÖ-EU-Spitzenkandidat sprach
sich außerdem für eine gemeinsame Wettbewerbsstrategie auf EU-Ebene aus und plädierte für
eine Steuerharmonisierung mit "vernünftiger Bandbreite". Die Zeit für die Türkei in der
EU sei nicht reif, so Swoboda.
"Gefehlt hat eine starke Stimme der Bundesregierung in Brüssel, sie hat nichts gemacht und uns im Stich
gelassen", kritisierte Swoboda die Untätigkeit der Regierung in der Transitfrage (Swoboda verwies auf
die Mängelliste beim Ausbau der Bahn, und die Tatsache, dass mit vier unterschiedlichen Verkehrsministern
in kürzester Zeit nicht viel durchzusetzen gewesen sei), der Beschäftigungsfrage und in der Frage der
Liberalisierung des Wassers. In all diesen Fragen sei die Sozialdemokratie in Brüssel vorne gelegen, erinnerte
Swoboda.
Heftige Kritik übte Swoboda an der Untätigkeit der Bundesregierung die Arbeitslosigkeit betreffend: "Der
Trend ist die Katastrophe". Seit 2000 gibt es über 40 Prozent mehr Jugendarbeitslosigkeit, das seien
mehr Menschen, als das Praterstadion fassen kann, und die Arbeitslosigkeit steigt. Das EU-Budget sei viel zu wenig
auf beschäftigungsfördernde Maßnahmen angelegt, unterstrich Swoboda und plädierte für
eine Umstrukturierung, die mehr Mittel für Infrastruktur, Forschung und Ausbildung bereitstelle. Außerdem
forderte der SPÖ-EU-Spitzenkandidat einen eigenen EU-Kommissar für den Bereich Beschäftigung. "Wir
brauchen nicht mehr Schulden, sondern mehr Stabilität und Wachstum", zeigte sich Swoboda überzeugt.
Zum Thema Steuerpolitik fand Swoboda klare Worte: "Ich bin dagegen, dass wir uns gegenseitig niederkonkurrieren,
was wir brauchen, ist eine gemeinsame Wettbewerbsstrategie auf europäischer Ebene", schließlich
gehe es darum, gemeinsam in der Welt europäische Produkte zu verkaufen. Es müsse daher eine Bandbreite
von Steuersetzen geben, unter die man nicht gehen dürfe: "Wir wollen eine Steuerharmonisierung, die eine
vernünftige Bandbreite hat, wir brauchen mehr Arbeitsplätze und keine Verlagerung". Auch beim Thema
Steuerpolitik habe sich die Bundesregierung nicht "gerührt": "Darum die rote Karte für
die Regierung, weil sie in der EU nicht agiert", betonte Swoboda.
"Wir haben immer gesagt: die derzeitige Spesenregelung im Europäischen Parlament ist völlig inakzeptabel",
betonte Swoboda. Der von der Sozialdemokratie geschlossene "Pakt für Transparenz und Sauberkeit"
fordert "kein Euro ohne Beleg, kein Beleg ohne Kontrolle", so Swoboda. Das Problem der derzeitigen Regelung
seien die Pauschalvergütungen: "Das System ist falsch und muss geändert werden". Im Zusammenhang
mit der Spesendebatte betonte Swoboda, dass es mit Hans-Peter Martin keine" persönlichen Auseinandersetzungen"
gebe, sondern "unterschiedliche Methoden in der Arbeit" bestünden. Bei dem einzigen, nicht haltbaren
Vorwurf von Seiten Martins seien bereits rechtliche Schritte eingeleitet worden, ansonsten gebe es keinen einzigen
konkreten Vorwurf betreffend Spesenmissbrauch durch sozialdemokratische Abgeordnete.
Die Zeit, dass die Türkei Mitglied der EU wird, sieht Swoboda heute als "nicht reif". "Wir
haben große Probleme, ein gemeinsames soziales Europa zu schaffen und sind noch beim Hausbau", so Swoboda.
Für die Türkei, die viele Reformen beschlossen habe, gehe es jetzt darum, diese auch umzusetzen. Für
ihn, Swoboda, sei jedoch klar, dass die Türkei weiterhin Beitrittskandidat bleibt und dass die EU die Partnerschaft
der Türkei brauche. Auch in der Türkei-Frage gebe es keine eindeutige Haltung der Bundesregierung, kritisierte
Swoboda. Vorrangig sei jetzt, die EU zu festigen und ein "Haus" aus der EU für ihre Bewohner zu
machen, unterstrich Swoboda.
Swoboda betonte, dass die ÖVP im EU-Parlament häufig für eine Liberalisierung des Wassers gestimmt
habe, und er verwies auf ein ÖVP-Papier, aus dem klar die Absicht der VP hervorgehe, den Wassermarkt liberalisieren
zu wollen. (Siehe auch heutige OTS-Aussendung 0030.) "Wenn Kanzler Schüssel meint, dass er es beim Wasser
so halten will, wie die Scheichs beim Öl, dann ist das eine gefährliche Drohung, denn Scheichs kümmern
sich nicht um die Versorgung mit Öl im eigenen Land", so Swoboda. Während die Regierung für
eine volle Liberalisierung des Wassermarktes ohne Einschränkung sei, sei die SPÖ strikt dagegen. Swoboda
sieht darin auch ein Symbol dafür, wie man Leistungen der Allgemeinheit an Konzerne übergeben will. "Wasser
hat für uns höchste Priorität, Schüssel und die Regierung sind hier aber leider anderer Meinung."
Zum Thema Genmais hielt Swoboda fest, dass die Regierung die Aufgabe habe, streng die Einhaltung der Kennzeichnungspflicht
zu kontrollieren. Außerdem müsse sich der Landwirtschaftsminister aktiv dafür einsetzen, dass in
Österreich eine gentechnikfreie Zone möglich ist.
Der SPÖ-EU-Spitzenkandidat sprach sich auch klar dafür aus, kein Geld für AKW zur Verfügung
zu stellen. "Ich bin dagegen, Atomstrom zu subventionieren, dies ist zudem auch ein Verstoß gegen den
Wettbewerb", so Swoboda, der die ÖVP dafür kritisierte, dass sie für zusätzliche Kredite
für Euratom gestimmt hat.
Pessimistisch zeigte sich der SPÖ-EU-Delegationsleiter dahingehend, dass es nach dem Irak-Krieg in absehbarer
Zeit zu einer gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Außenpolitik kommen wird. "Mit dem Irak-Krieg
wurde die Idee einer Friedensunion auf die lange Bank geschoben, die einzige Alternative für uns kann nun
nur die Neutralität sein", so Swoboda, der forderte, dass die USA und die EU-Länder aus dem Irak
abziehen und die Vereinten Nationen einziehen sollten.
In Zusammenhang mit einer neuen EU-Verfassung sprach sich Swoboda für eine Befragung des Volkes nach dem Schweizer
Modell aus. Ziel sei eine europäische Verfassung, die Europa in den wesentlichen Fragen stärkt, sich
aber nicht in nationale Anliegen einmischt. Der SPÖ-EU-Spitzenkandidat forderte außerdem einen EU-Kommissar
pro Land – "dies ist auch ein wichtiges Symbol für die Bevölkerung". Eine gleichberechtigte
Rotation von EU-Kommissaren ist für Swoboda höchstens in ferner Zukunft vorstellbar, im Moment sollte
es aber einen Kommissar pro Land geben. Swoboda erneuerte außerdem seine Forderung nach einem eigenen EU-Kommissar
für die Roma und Sinti in der EU. |
Stenzel: Große Unsicherheit und Unwahrheiten dominierten
Europawahl kann keine innenpolitische Schattenwahl sein
Wien (övp-pk) - Als "ein Zeichen großer Unsicherheit in den wirklich relevanten Europafragen"
bezeichnete die ÖVP-Spitzenkandidatin zur Wahl zum Europäischen Parlament, Ursula Stenzel am Sonntag
(23. 05.) den Versuch des SPÖ-Kandidaten Hannes Swoboda in der ORF-Pressestunde,
die bevorstehende Europawahl zu einer innenpolitischen Schattenwahl umfunktionieren zu wollen. "Viele Fragen
blieben offen. Es wurde mit falschen Zahlen operiert, Angstmacherparolen proklamiert und in Fragen wie dem Thema
Türkei große Unschärfe und ein Zick-Zack-Kurs der SPÖ bestätigt. Die ÖVP habe hingegen
immer klar gemacht, dass sie die Türkei nicht als Vollmitglied sehe, sehr wohl aber beste Beziehungen gepflegt
werden sollen", so Stenzel.
Der offenkundig gewordene sorglose Umgang mit der Wahrheit in der Frage des Wassers und der Jugendarbeitslosigkeit
beweise, "dass die SPÖ bei den Europathemen wenig Substanz aufweisen kann". Stenzel forderte auf,
zurück zur Wahrheit zu gelangen und sich mit den relevanten Europathemen auseinander zu setzen. "Etwa
wären Antworten auf die Frage interessant, warum die SPÖ immer gegen die Interessen Österreichs
gestimmt habe, wenn sie gegen schärfere Asylbestimmungen, gegen eine schärfere Bekämpfung der illegalen
Migration und für eine Lockerung der Drogenfreigabe gestimmt habe.
Atomstrom hat keine Zukunft
In weiteren wesentlichen Sicherheits- und umweltpolitischen Fragen - etwa Atompolitik und Gentechnik - gebe es
eine einzige Prämisse, der sie, Stenzel, sich unmissverständlich und uneingeschränkt verschrieben
habe. "Alle Sicherheitsstandards sind bis auf Punkt und Beistrich einzuhalten und der Schutz der österreichischen
Bevölkerung hat absoluten Vorrang. Dort, wo gesagt wurde, dass AKWs abgewrackt werden, muss auch abgewrackt
werden", so Stenzel. Am grundsätzlichen Ziel, dass langfristig auf Atomstrom verzichtet werden müsse,
habe sich nichts geändert. Hinsichtlich der Entscheidungen im Bereich genmanipulierten Saatgutes gelte es
ebenso, "auf Punkt und Beistrich die Interessen der Konsumenten 100prozentig wahrzunehmen", schloss Stenzel. |
Swoboda hat Vergemeinschaftung der Sozialpolitik nicht unterstützt
Voggenhuber: Sein jetziger Ruf nach sozialem Europa ist Täuschung der WählerInnen
Wien (grüne) - Es sei löblich, dass Hannes Swoboda, der Spitzenkandidat der SPÖ zur
EU-Wahl, jetzt das Thema soziales Europa in der ORF-Pressestunde anspricht und dass die SPÖ die Forderung
nach einer gemeinsamen Sozialpolitik plakatiert. "Swoboda muss allerdings die Frage beantworten, warum er
die Forderung der Grünen nach einer vergemeinschafteten Sozialpolitik in Europa nicht unterstützt hat.
Das ist der Sündenfall der Sozialdemokratie im Verfassungsprozess, mit dem sie ein wirklich soziales Europa
mitblockiert haben. Jetzt, nachträglich, nach einem gemeinsamen sozialen Europa zu rufen, ist einen Täuschung
der Wählerinnen und Wähler", so Johannes Voggenhuber, Spitzenkandidat der Grünen.
Es sei die größte Herausforderung der nächsten fünf Jahre, ein soziales Europa als Antwort
auf die Gefahren der Globalisierung zu schaffen. Die alles entscheidende Frage sei, wie die gravierende Ungleichheit
zwischen wirtschaftlicher und politischer Integration überwunden werde. "Swoboda hat das wohl erkannt,
seine Kritik an der Regierung und an der Neoliberalisierung sind richtig, doch seine Antworten sind erstaunlich
konzeptlos", so Voggenhuber.
Während der Binnenmarkt, der Stabilitätspakt, die Geldpolitik und die Wettbewerbspolitik mit Gesetzen,
quantifizierbaren Zielen und Sanktionen in der EU durchgesetzt werden, haben sich die Sozialdemokraten bei der
Sozial- und Beschäftigungspolitik mit bloßen Absprachen, vagen Zielen und einer unverbindlichen Kooperation
der Regierungen begnügt. "Ein solche lose Regierungszusammenarbeit ist zu wenig. Notwendig ist eine vergemeinschaftete
europäische Sozialpolitik. Nur so kann es Waffengleichheit zwischen Sozialpolitik und Binnenmarktpolitik geben",
so Voggenhuber.
Die Grünen verstehen unter einer Vergemeinschaftung der Sozialpolitik gemeinsame soziale Mindeststandards,
eine Änderung des Stabilitätspaktes und der Ziele der Geldpolitik mit dem Ziel der Aufnahme verbindlicher
Beschäftigungsziele, die Harmonierung der Unternehmenssteuern, eine Wertschöpfungsabgabe und Tobin tax
sowie einen Europäischen Mindestlohn (ein bestimmter Prozentsatz des nationalen Durchschnittseinkommens).
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