Bischof Schwarz für verstärkte Initiativen der Kirche im ländlichen Raum
Klagenfurt (pgk/mak) - Für ein verstärktes Engagement der Kirche im ländlichen Bereich
hat sich Diözesanbischof Dr. Alois Schwarz in seiner Funktion als zuständiger Referatsbischof für
„Umwelt und Landwirtschaft“ in der österreichischen Bischofskonferenz ausgesprochen. „Die Zukunft des ländlichen
Raumes braucht kirchliche Gemeinden, die sich an lokalen und regionalen Initiativen zur Entwicklung des ländlichen
Lebens beteiligen“, sagte Bischof Schwarz am vergangenen Wochenende bei einer internationalen Tagung zum Thema
„Kirche und Landwirtschaft“, die im Rahmen des Mitteleuropäischen Katholikentages in Warschau stattfand. Die
Kirche müsse, so Bischof Schwarz, „Anwältin der Lebenskultur“ im ländlichen Raum sein und durch
ihr Engagement das „kulturelle Grundgerüst“ in den ländlichen Regionen stärken. Die Kirche habe
personelle und materielle Ressourcen bereitzustellen und am Land präsent zu sein, „damit die Pfarrhöfe
so etwas wie Nahversorger für die Seele und für die Begegnung mit Gott sind“. Die ländliche Bevölkerung
dürfe auch in der Formulierung von Erwartungen für eine bessere Förderung von Bildung und Weiterbildung
in den Regionen mit der Unterstützung der Kirche rechnen. Als konkretes Beispiel für dieses kirchliche
Engagement nannte Bischof Schwarz das Projekt „Lokale Agenda 21“, „ein Strukturentwicklungsprogramm des Landes,
bei dem wir als Kirche verlässliche Gesprächspartner sind“. Gerade Pfarrgemeinden in den Dörfern
sollten den Menschen Mut machen, das Evangelium zu leben und eine Weggemeinschaft für Suchende sein.
Der ländliche Raum sei, so Bischof Schwarz, vielschichtig und vielgestaltig und von der dynamischen Entwicklung
der Weltwirtschaft und der EU-Erweiterung in besonderer Weise betroffen. Aufgrund der Landflucht würden immer
weniger Bauern alleine auf immer größeren Flächen mit größeren Maschinen arbeiten. „Leere
Dörfer mit sporadischer Kommunikation – das ist ein Bild des ländlichen Raumes“, so Bischof Schwarz wörtlich.
Als weitere Herausforderungen für den ländlichen Raum nannte Bischof Schwarz die Ausdünnung der
Infrastruktur, die Konfrontation von traditioneller Lebensweise mit den Auswüchsen der modernen Unterhaltungsindustrie,
Gentechnik-Versuche mit Pflanzen und Tieren zur Ertragssteigerung, die teilweise unerträgliche Mehrfachbelastung
der Bäuerinnen sowie die Generationskonflikte auf den Höfen. In dieser Situation hätten, so Bischof
Schwarz, die Seelsorger am Land mit „Identität und Authentizität“ Botschafter der Liebe Gottes zu sein.
Es sei wichtig, dass die Kirche die Menschen mit ihren Problemen und Nöten ernst nehme, sie begleite und ihnen
Orte des Gesprächs anbiete.
Vizekanzler a. D. Ing. Josef Riegler nannte die Prinzipien der christlichen Soziallehre, wie Personalität,
Subsidiarität und Solidarität als „idealen Ordnungsrahmen für ein Europa der Einheit und der Vielfalt“.
Er forderte eine „Zivilisation der Nachhaltigkeit und Genügsamkeit“ anstelle einer „Zivilisation des Raubbaues
und der Gier“. Der Marxismus mit seiner Diktatur habe sich ebenso wenig als Zukunftsweg erwiesen wie der reine
Kapitalismus ohne Ordnungsrahmen. Die ökosoziale Marktwirtschaft als Zukunftsmodell habe die richtige Balance
zwischen einer wettbewerbsstarken Wirtschaft, sozialer Fairness und ökologischer Verantwortung im Sinne von
Nachhaltigkeit zum Ziel. „Ökologie, Ökonomie und Soziales bilden das neue magische Dreieck zur Bewältigung
der großen Herausforderungen im 21. Jahrhundert“, so Riegler. Es gehe unter anderem vor allem auch darum,
den jungen Menschen auf dem Land Chancen und Perspektiven zu geben, um eine Welle der Abwanderung und Entsiedelung
zu vermeiden.
Der Ulmer Agrarökonom Univ.-Prof. Dr. Franz Josef Radermacher forderte einen globalen Marshallplan, um das
Prinzip eines „freien Marktes unter vernünftigen Rahmenbedingungen“ zu realisieren. Dabei müsse die Würde
des Menschen, „und zwar die der Ärmsten und Reichsten in gleicher Weise“, als oberstes Prinzip gelten. Die
Logik des EU-Erweiterungsprozesses bestehe, so Radermacher, darin, dass reichere Teile der Gemeinschaft zunehmend
die ärmeren integrieren. Der überwiegende Teil der Konflikte auf der Welt würde nicht aus religiösen,
sondern aus wirtschaftlichen Motiven wegen ungerechter Verteilung der Güter geführt werden. „Wenn aber
der Glaube an den freien Markt für manche den Charakter einer Religion hat und als höchstes Ziel angesehen
wird, dann darf man sich auch über den Terror, der dabei herauskommt, nicht wundern“, so Radermacher. |