Neuerungen im Familien- und Erbrecht  

erstellt am
28. 05. 04

Böhmdorfer: Ungerechtigkeiten werden beseitigt
Missbrauch durch mündliche Testamente und Adoptionen wird abgestellt
Wien (bmj) - Der Justizausschuss des Nationalrats hat über die Regierungsvorlage eines Familien- und Erbrechtsänderungsgesetzes 2004 beraten und diese beschlossen. Die Gesetzesvorlage sieht Änderungen im Erbrecht sowie im Abstammungs- und Adoptionsrecht vor. Justizminister Dr. Dieter Böhmdorfer spricht von einer längst fälligen Beseitigung von Ungerechtigkeiten und Missbräuchen.

Die Schwerpunkte der Gesetzesnovelle:

Familienrecht
„Das Rechtsinstitut der Adoption wird nicht selten dazu missbraucht, eine Aufenthaltsbewilligung und die Staatsbürgerschaft zu erlangen. Das ist absolut inakzeptabel und wird nun beseitigt“, so der Justizminister. Der Entwurf schränkt daher die Erwachsenenadoption auf Fälle engster familiärer Beziehungen mit mindestens fünfjähriger Dauer ein und schließt darüber hinaus aus, dass Erwachsene an Kindes Statt angenommen werden können, wenn sie aus Staaten kommen, in denen es eine Erwachsenenadoption gar nicht gibt.

Erbrecht
Mündliche Zeugentestamente, die nicht vor Gericht oder Notar errichtet werden, können zur Benachteiligung der gesetzlichen Erben vorgetäuscht werden. Der Gesetzentwurf beseitigt daher das außergerichtliche mündliche Zeugentestament als ordentliche Testamentsform. Im Notfall kann man aber vor zwei Zeugen ein Testament errichten. Erforderlich ist, dass entweder Lebensgefahr oder die Gefahr besteht, dass man die Fähigkeit verliert, ein Testament zu errichten. Ein solches Nottestament soll bis drei Monate nach Beendigung der Notlage gelten. Dann wird es ungültig.

Das neue Recht bringt aber noch weitere erbrechtliche Verbesserungen. Böhmdorfer: „Derzeit werden überlebende Ehegatten – meist Witwen – davon überrascht, dass sie den Nachlass nach dem verstorbenen Ehegatten mit Neffen und Nichten teilen müssen. Der Entwurf weitet das gesetzliche Erbrecht des überlebenden Ehegatten gegenüber Neffen und Nichten aus“.

Nach geltendem Recht besteht nur dann ein gesetzliches Erbrecht, wenn die Abstammung zu Lebzeiten des Verstorbenen und der die Verwandtschaft vermittelnden Personen festgestellt worden ist. Der Gesetzentwurf beseitigt diese, vor allem uneheliche Kinder benachteiligende Regelung.

Abstammungsrecht
Bei der derzeitigen Klärung abstammungsrechtlicher Fragen in einem streitigen Zivilprozess sind die Mütter vielfach von der Wahrnehmung der Interessen ihrer Kinder ausgeschlossen. Justizminister Böhmdorfer: „Das neue Abstammungsrecht sieht eine Ausweitung der Befugnisse der gesetzlichen Vertreter minderjähriger Kinder – meist der Mütter – vor. Sie können in Angelegenheiten der Abstammung ihrer Kinder Anträge bei Gericht stellen und bedürfen keiner Genehmigung des Pflegschaftsgerichts mehr“. Sollte das Kind über 14 sein, so bedarf das Vorgehen darüber hinaus der Einwilligung des Kindes. Wie bisher können sich die Mütter aber auch an den Jugendwohlfahrtsträger wenden, damit er die erforderlichen Schritte einleitet.
Eine weitere wesentliche Neuerung ist, dass das Kind auch dann einen Antrag auf Feststellung seiner Abstammung stellen kann, obwohl bereits die Vaterschaft eines anderen Mannes feststeht. Damit soll eine in manchen Fällen erforderlich werdende Abstammungsfeststellung in geordneten Bahnen und ohne Risiko des Kindes vorgenommen werden können, letztlich ohne Vater dazustehen. Bei der Feststellung der Vaterschaft gibt der Entwurf der genetischen Abstammung Vorrang vor der Vermutungswirkung der Beiwohnung und nimmt damit auf die modernen Möglichkeiten der genetischen Abstammungsuntersuchungen Rücksicht.

 

 Glaser: Familien- und Erbrecht wird gesellschaftlicher Realität angepaßt
Mündliches Testament nur noch in Notfällen - Erwachsenenadoption wird eingeschränkt
Wien (övp-pk) - Das geltende Familien- und Erbrecht wird durch eine Gesetzesnovelle an aktuelle gesellschaftliche Bedingungen angepasst. So werden mündliche Testamente nur noch in Notfällen akzeptiert. Die Adoption von Erwachsenen wird, da sie oft missbräuchlich vorgenommen wurde, deutlich eingeschränkt. "Wenn sich die gesellschaftliche Realität ändert, muss das auch der Gesetzgeber nachvollziehen", betonte ÖVP-Abg. Franz Glaser am Donnerstag (27. 05.) im Plenum des Nationalrats.

Die Praxis habe gezeigt, dass mündliche Testamente oft missbraucht wurden, um eine letztwillige Verfügung vorzutäuschen. Zukünftig bleibt die Geltung eines mündlichen Testaments auf Notsituationen eingeschränkt, also auf Fälle der Gefahr des Todes oder des Verlusts der Testierfähigkeit. Es tritt drei Monate nach Wegfall der Gefahr außer Kraft.

Auch der Adoption von Erwachsenen wird der Boden für mögliche Missbräuche entzogen, so Glaser weiter. Sie wird es nur dann geben, wenn man zumindest fünf Jahre in enger häuslicher Gemeinschaft gelebt hat. In der Vergangenheit wurden Erwachsenenadoptionen oft vorgenommen, um die österreichische Staatsbürgerschaft zu erlangen.

Im Kindschaftsrecht bekommt künftig auch das Kind das Klagerecht bezüglich seiner Abstammung eingeräumt. Bis jetzt war nur dem als Vater geltenden Ehemann sowie dem Staatsanwalt die Möglichkeit eingeräumt, die Feststellung der Vaterschaft zu erwirken.

Mit der Gesetzesnovelle fällt auch das Erbrecht von Nichten und Neffen zu Gunsten des überlebenden Ehegatten weg, erläuterte Glaser abschließend.

 

 Stadlbauer: »Gesetzesänderung im Abstammungsrecht bedeutet Missachtung der Frauen«
Wien (sk) - "Diese Gesetzesänderung dient wieder einmal nur den Interessen der Männer, verbessert deren rechtliche Situation, die Rechtsstellung der Mütter wird auf dem Niveau der Jahrhundertwende gehalten", kritisierte SPÖ-Abgeordnete und SPÖ-Bundesfrauensekretärin Bettina Stadlbauer die im Nationalrat gegen die Stimmen der SPÖ zu beschließende Änderung des Familien- und Erbrechts. "Weder für die Bestreitung der ehelichen Abstammung noch für die Klage auf Feststellung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind ist eine Klagslegitimation der Mutter vorgesehen. Die Feststellung der Vaterschaft ist somit eine Angelegenheit zwischen Vater und Kind, die Mutter bleibt unbeteiligte Dritte", machte Stadlbauer die unerträgliche Missachtung der Frau deutlich und forderte, den Müttern das Recht zugestanden werden muss, selbst eine Klage einzubringen.

Dieses Gesetz räume dem das Kind anerkennenden Mann das Recht ein, seine genetische Vaterschaft zu beweisen, wodurch sein Anerkenntnis auch gegen den Willen von Mutter und Kind wirksam bleiben soll. "Das kann für sogenannte Patchwork-Familien bedeuten, dass ein plötzlich auftretender leiblicher Vater in eine intakte Familie zerstörerisch eindringen kann. Und das soll zum Wohl der Kinder sein? Ist das ihr Ziel?", so Stadlbauer in Richtung Böhmdorfer.

Stadlbauer monierte auch einen Widerspruch in der Böhmdorferschen Gesetzgebung: Die uneheliche Mutter darf zwar mit dem unehelichen Vater ihres Kindes eine gemeinsame Obsorge vereinbaren, Schritte zur Feststellung seiner Vaterschaft darf sie aber nicht setzen. "Das heißt: der biologische Vater darf alles, die Mutter nichts!"

Auch das konservativ geführte Frauenministerium habe in einer Stellungnahme an das Justizministerium diese Kritikpunkte angeführt, jedoch von der Frauenministerin selber hört man wieder mal nichts. "Wäre es der Frauenministerin ein echtes Anliegen, müsste sie ein gleiches Recht für die Frauen einfordern", so Stadlbauer abschließend.

 

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