Eröffnung Zentralfilmarchiv Laxenburg  

erstellt am
28. 05. 04

Am 25. Mai 2004, 16.00 Uhr erfolgte die offizielle Eröffnung des neuen Zentralfilmarchivs in Laxenburg.
Wien / Laxenburg (filmarchiv) - Das Filmarchiv Austria freut sich, mit der Fertigstellung dieser modernsten Filmlageranlage Österreichs das vorläufig größte Infrastrukturprojekt in der bald 50-jährigen Geschichte des Hauses nun der Öffentlichkeit vorstellen zu können.

Der Neubau ergänzt das bisherige Filmdepot und erweitert es zu einem funktionell und architektonisch bemerkenswerten Ensemble. Auf neuesten Erkenntnissen optimaler Filmarchivierung basierend, werden sowohl ökonomisch als auch ökologisch Maßstäbe gesetzt. Erstmals in Österreich steht etwa eine echte Tiefkühlzone für die Langzeitarchivierung wertvoller Originalnegative bzw. besonders sensibler Farbmaterialien zur Verfügung, erstmals werden bei der Konditionierung die höchsten internationalen Standards für Filmarchivierung erreicht. Damit sind optimale Voraussetzungen für die medienadäquate Langzeitarchivierung des filmischen Kulturerbes geschaffen.

Das neue Filmarchivgebäude empfiehlt sich als primäre Heimstätte für alle Formen des bewegten Bildes in Österreich – von den Anfängen bis zur gegenwärtigen Produktion. Mit einem Gesamtfassungsvermögen von etwa 300.000 Filmdosen werden nicht nur alle bisher in mehreren Außendepots gelagerten Bestände zusammengeführt, sondern auch ausreichend Kapazitäten für die vom Filmarchiv Austria initiierte Einführung einer systematischen Sicherung und Archivierung aller geförderten österreichischen Filmproduktionen (Depot legal) bereitgestellt.

Filmdepot Laxenburg

Das Filmarchiv Austria wurde 1955 als Österreichisches Filmarchiv gegründet.
Ab dem Jahr 1965 erfolgte in Laxenburg bei Wien die Einrichtung eigener Filmdepots auf dem Areal des ehemaligen Forsthauses, seit 1972 steht dort ein
spezielles, klimageregeltes Depot für Nitrofilme zur Verfügung.

Das Filmarchiv Austria betreut in Laxenburg die größte Filmsammlung Österreichs – unter den derzeit über 70.000 Filmtiteln finden sich neben unzähligen Juwelen der nationalen und internationalen Filmgeschichte sämtliche erhaltenen österreichischen Spielfilme seit der vorletzten Jahrhundertwende, eine extensive Sammlung historischer Filmdokumente ab 1896 und zahlreiche geschlossene Sammlungen wie das Archiv der Austria Wochenschau. Die Kultur- und Zeitgeschichte Österreichs im 20. Jahrhundert kann mit diesem Gesamtbestand repräsentativ dokumentiert werden. Im Nitrofilmbunker lagern, speziell klimatisiert, die ältesten und besonders wertvollen Bestände des Filmarchivs.

Seit seiner Gründung etablierte sich das Filmarchiv Austria als Kompetenzzentrum für Konservierung, Restaurierung und Präsentation des österreichischen Filmerbes. In den letzten Jahren konnten dabei substanzielle Verbesserungen der institutionellen Infrastruktur erzielt werden: 1997 Eröffnung des neuen Hauptstandortes Audiovisuelles Zentrum Wien-Augarten am Eingang des neuen Kulturparks, 2002 Übernahme des Metro Kinos als innerstädtische Präsentationsplattform. Durch die laufende Eingliederung wichtiger Sammlungen erweitert sich der Archivbestand stetig. Als Folge der vor allem in den letzten Jahren stark ansteigenden Neuzugänge mussten Teile des Bestandes in mehreren unterschiedlichen Behelfsdepots untergebracht werden. Schließlich wurde in Laxenburg ein Lagerneubau unumgänglich.

Im Dialog mit der Geschichte – die Architektur des Neubaus
Mit Entwurf und Planung der neuen Filmlagerhalle wurde EmbacherWien betraut.
Das architektonische Konzept besticht in seiner Umsetzung durch funktionale Ästhetik, das Bauwerk insbesondere durch seine spektakuläre Fassade. Mit Kupferbändern in der Breite eines Filmstreifens wurde die Halle förmlich eingewickelt – wie die gesamte Gebäudearchitektur basiert auch diese Lösung auf funktionellen Überlegungen: Die Fassade schützt das Gebäude vor direkter Sonneneinstrahlung und trägt zur Optimierung der Klimatisierung bei.

In der Vorderansicht nimmt das neue Filmlager die Proportionen des vorhandenen denkmalgeschützten Gebäudekomplexes auf und tritt auch in Form des transluzenten Vordaches mit diesem in einen Dialog zwischen Alt und Neu. Ebenso spannt die innovative Außenseite der neuen Filmlagerhalle einen expressiven Bogen zwischen Geschichte und Gegenwart. Die Kupfer-Fassade wird sich durch Ansetzen von Patina in absehbarer Zeit farblich verändern. Ihr anfänglicher Glanz wird in ein mattes Grün-Braun übergehen und das Gebäude à la longue wie ein organisches Flechtwerk erscheinen lassen, das sich in die umliegende Landschaft einfügt.

Die Fassade stellt eine Symbolisierung von Zeit dar, die unaufhaltsam vergeht und in der sich zugleich das kollektive, in bewegten Bildern aufgespeicherte Wissen der Gesellschaft vermehrt, das es sorgfältig zu konservieren gilt. Die Filme und deren Wahrnehmung, das Material und dessen Wirkung unterliegen Prozessen der Veränderung, die am Gebäude ablesbar werden. Die mit den Filmen alternde Architektur artikuliert Haltung: Filme als kulturhistorische Primärquellen in ihrer Ursprünglichkeit, im Originalzustand unter besten Bedingungen in die Zukunft zu tradieren, das ist eine zentrale Zielsetzung des Filmarchiv Austria, die nun kompromisslos verwirklicht werden kann.

Funktion und Technik
Die technische Ausgestaltung des neuen Zentralfilmarchivs ist auf ein Optimum an Funktionalität und Kosteneffizienz ausgerichtet. Das gekühlte Lagergebäude wurde als 2-geschossiger, nicht unterkellerter Betonmassivbau mit Lecabeton-Außenwänden errichtet. Diese spezielle Massivbauweise gewährleistet in Verbindung mit der hohen Wärmedämmung der Fassade und des Flachdaches die angestrebte thermische Trägheit des Gebäudes. Die Lagertemperatur beträgt auf beiden Ebenen konstant +6 Grad Celsius bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 35 bis 40 %. Im Erdgeschoss wurde darüber hinaus in einem Raum-im-Raum-Konzept das Tiefkühldepot für Negativ- und Farbfilmlagerung eingerichtet (Regeltemperatur hier -8 Grad Celsius). Die gesamte Klimatechnik wurde aus Sicherheitsgründen als redundante Anlage ausgeführt, sodass bei minimalen Energiekosten ein unterbrechungsfreier Betrieb gewährleistet ist.

Die Kupferbandfassade ist nicht nur Gestaltungselement, sondern beschattet die Außenwände und stellt eine weitere effiziente Sparmaßnahme im Hinblick auf den Energieverbrauch dar. Um den wertvollen Lagerbestand nicht zu gefährden und eine möglichst kostengünstige Wartung sicherzustellen, wurde die gesamte Haustechnik nach außen verlegt. Das Gebäude ist mit Mobilregalanlagen ausgestattet. Die Raummodule wurden auf den Platzbedarf der Filmrollen abgestimmt, wodurch eine größtmögliche Lagerkapazität gegeben ist.

Im neuen, als Langzeitspeicher angelegten Zentralarchiv in Laxenburg kann nun das gesamte audiovisuelle Kulturerbe an einem Ort zusammengeführt und unter optimalen konservierungstechnischen Bedingungen gemeinsam gelagert und archiviert werden. Mit Hilfe eines modernen, EDV-gestützten Lagermanagements wird auch in der Verwaltung der Sammlungen eine neue Qualität erreicht. Alle erfassten Filmtitel sind auf Knopfdruck abrufbar und mit funkgesteuerten, mobilen Pocket-PCs in kürzester Zeit auszuheben.

Das neue Zentralarchiv wurde unter genauer Einhaltung der budgetierten Errichtungskosten von 1,1 Mio. Euro in nur 10 Monaten Bauzeit errichtet. Die Finanzierung des Neubaus erfolgte durch die Kunstsektion des Bundeskanzleramtes, die Kulturabteilung der Niederösterreichischen Landesregierung und aus Mitteln des niederösterreichischen Regionalförderfonds Eco Plus.

Bei der Sanierung des Albestandes, der Errichtung einer neuen Straßenzufahrt und der gärtnerischen Gestaltung des Gesamtareals wurde das Filmarchiv maßgeblich von der Schloss Laxenburg Betriebsgesellschaft, der Gemeinde Laxenburg und der Niederösterreichischen Landesregierung unterstützt.

Wir danken allen Förderstellen und Projektpartnern für die große Unterstützung und das entgegengebrachte Vertrauen bei der Umsetzung dieses wesentlichen und innovativen Projektes zur Verbesserung der filmkulturellen Infrastruktur in Österreich.

Mehr Informationen zum neuen Zentralarchiv finden sich in einer eigenen Broschüre, die anlässlich der Eröffnung herausgegeben wird.

Informationen: http://www.filmarchiv.at

Autor: Ernst Kieninger
     
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