Leobendorfer Madonna kehrt heim  

erstellt am
28. 05. 04

Feierliche »Heimkehr-Prozession« mit Kardinal Schönborn am 12. Juni - Das gotische Kleinod war nach einem Diebstahl 31 Jahre verschollen gewesen
Wien (stephanscom.at) - Die Leobendorfer Madonna kehrt am 12. Juni an ihren ursprüng- lichen Platz in der Pfarrkirche des niederösterreichischen Ortes zurück. Die kostbare gotische Plastik war nach einem Diebstahl 31 Jahre verschollen gewesen.

Bei dem Kleinod aus dem 15. Jahrhundert handelt es sich laut der Wiener Diözesankonservatorin Hiltigund Schreiber um das wertvollste Kunstwerk, das nach einem Diebstahl je wieder in kirchlichen Besitz zurück gelangte. Entdeckt wurde die 112 Zentimeter große Holzskulptur bei einer Routinekontrolle der Kriminalpolizei auf der Münchner Kunstmesse im Oktober 2003. Die für den Rückkauf kurzfristig aufzubringenden 50.000 Euro stellten die Gemeinde Leobendorf, die Erzdiözese Wien und das Land Niederösterreich gemeinsam zur Verfügung.

Am 12. Juni wird die Marienstatue ab 17 Uhr vor dem Grunerhof aufgestellt. In einer feierlichen Prozession mit Kardinal Christoph Schönborn an der Spitze wird die Statue dann in die Pfarrkirche zurückgebracht; Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll wird bei der Zeremonie anwesend sein.

Wie ein Krimi
Welche Irrwege die Leobendorfer Madonna in den drei Jahrzehnten nach dem Diebstahl vom 11. November 1972 zu gehen hatte, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Die Umstände ihrer Heimholung lesen sich aber wie ein Krimi: Zuletzt war die Statue im Besitz eines Amsterdamer Antiquitätenhändlers, der sie fünf Jahre zuvor rechtmäßig beim Auktionshaus Sotheby's in New York erworben hatte - um 50.000 Dollar, wie Hiltigund Schreiber im Gespräch mit "Kathpress" berichtete. Der Händler habe bei der Messe in München bereits einen Interessenten gefunden, der bereit gewesen sei, 80.000 Euro auszugeben. Rasches Handeln aller Beteiligten verhinderte den Verkauf gerade noch. Nach dem Verdacht der Münchner Kripo reiste der frühere Leobendorfer Pfarrer Johann Pointner sofort nach Bayern und identifizierte die Madonna mit Hilfe von mitgebrachten Fotos zweifelsfrei. Es kam zu einer einstweiligen Verfügung, die Wiener Diözesankonservatorin verhandelte mit dem Amsterdamer Händler, der sich schließlich zu einem Vergleich in der Höhe von 50.000 Euro bereit erklärte.

Kostbares Kleinod
Die Statue aus Nussholz stellt die Muttergottes als neue Eva dar. Sie hält das nackte Jesuskind im Arm, dieses wiederum einen Apfel als Symbol für den Sündenfall der Menschen. Die ursprünglichen Farben der Statue wie das Blau des Kleides und das Gold der Kapuze Marias sind nach dem Diebstahl verschwunden. "Leider wurde die Figur abgelaugt", so Hiltigund Schreiber, "sie ist aber trotzdem eine der bedeutendsten Plastiken aus dem zweiten Drittel des 15. Jahrhunderts". Jesus als Kind, das von seiner Mutter mit beiden Händen festgehalten wird, sei charakteristisch für den Maler und Bildhauer Jakob Kaschauer und dessen Werkstatt. Kaschauer gilt nach den Worten Schreibers als wichtigster Wiener Künstler seiner Zeit. Weitere in der Mitte des 15. Jahrhunderts entstandene Werke von ihm sind die Pieta' in der Wiener Michaelerkirche, der thronende Petrus als Papst, der in der Österreichischen Galerie Belvedere zu sehen ist, oder die Anna Selbdritt in der Pfarrkirche Annaberg.
     
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