Tierschutzgesetz im Verfassungsausschuß  

erstellt am
26. 05. 04

Stenzel: Schulterschluss bei Tierschutz auch in Europa ein Muss
ÖVP-Spitzenkandidatin Ursula Stenzel für die Umsetzung des Tierschutzgesetzes auch auf europäischer Ebene
Wien (övp-pk) - "Ich freue mich über die politische Einigung der vier Parlamentsfraktionen in der Vorwoche zu einem bundeseinheitlichen Tierschutzgesetz und gehe davon aus, dass es heute zur Beschlussfassung im Verfassungsausschuss kommt", sagte Ursula Stenzel, ÖVP-Spitzenkandidatin zu den Europawahlen, am Dienstag (25. 05.). Gleichzeitig rief sie dazu auf, dass ein solcher Schulterschluss auch auf europäischer Ebene möglich sein müsse. "Wir müssen auch im Europaparlament eine gemeinsame Initiative für den Tierschutz durchsetzen. Tierschutz darf nicht nur ein österreichisches Anliegen sein", so Stenzel. Alle Delegationsleiter seien dazu aufgerufen, an einer gemeinsamen Linie zu arbeiten. Österreich verfüge mit einem bundeseinheitlichen Gesetz über das modernste Tierschutzgesetz Europas und müsse die Verantwortung dieser Vorreiterrolle auch wahrnehmen.

Schließlich müsse verhindert werden, dass durch das generelle Verbot der Käfighaltung ab 2009 in Österreich die Eier-Importe von "nicht glücklichen Hühnern" steigen. "Die Verlagerung der Produktion muss verhindert werden", so Stenzel. Dies funktioniere jedoch nur, wenn die anderen europäischen Länder nachziehen und die österreichischen Standards umsetzen. "Europa muss ein Schulterschluss in Sachen Tierschutz gelingen", so Stenzel abschließend.

 

 Bösch bezweifelt, ob Stenzel es mit Tierschutz ernst meint
Regierung soll Abschaffung von Exporterstattungen nicht weiter blockieren
Wien (sk) - Als "grundsätzlich begrüßenswert" bezeichnete SPÖ-Europaabgeordneter Herbert Bösch am Dienstag (25. 05.) gegenüber dem Pressedienst der SPÖ den Vorschlag von ÖVP-EU-Spitzenkandidatin Stenzel nach einer gemeinsamen Initiative für den Tierschutz im Europaparlament. Für Bösch hat die Forderung Stenzels jedoch "eine schalen Beigeschmack", denn der Verdacht liege nahe, dass es sich hier um ein "durchsichtiges Wahlkampf-Manöver" handle. Es sei nicht das erste Mal, dass die ÖVP kurz vor einer Wahl ihr "Herz für Tiere" entdecke, erinnerte der SPÖ-Europaabgeordnete an das Wahlkampfversprechen von Kanzler Schüssel nach Einführung eines Bundestierschutzgesetzes, das jahrelang von der ÖVP verhindert und erst auf massiven Druck der SPÖ und der Tierschutzorganisationen umgesetzt wurde.

"Wenig glaubwürdig" sei Stenzel auch deshalb, weil sie bis dato mit dem Tierschutz "nicht viel am Hut gehabt hat", erklärte Bösch gegenüber dem SPÖ-Pressedienst. Der SPÖ-Europaabgeordnete verwies darauf, dass die SPÖ-Delegation im EP seit Jahren die Abschaffung von Exporterstattungen fordere, weil die Exporte oft mit großen Qualen für die Tiere verbunden sind und nur Tierleid subventioniert werde. Stenzel habe bei einer Abstimmung am 23. Oktober 2003 im Rahmen des EU-Budgetverfahrens im EP gegen die Abschaffung der Exporterstattungen gestimmt. "Sollte es Stenzel mit Tierschutz tatsächlich ernst meinen, müsste sie sich für eine Streichung der Exportsubventionen stark machen", betonte Bösch.

Bösch erwartet sich nun überdies von der Bundesregierung, dass diese sich für ein Ende der Exporterstattungen einsetzt. Er hielt in dem Zusammenhang fest, dass die EU-Kommission kürzlich ihre Bereitschaft bekundet hat, überhaupt auf Exporterstattungen zu verzichten. Bedauerlicherweise habe sich Landwirtschaftsminister Pröll in einer ersten Reaktion gegen diese Pläne ausgesprochen. Es sei hoch an der Zeit, dass die Bundesregierung endlich ihre Blockadehaltung aufgibt und einer Abschaffung der Ausfuhrerstattungen zustimmt, förderte Bösch abschließend.

 

Eckpunkte des neuen Tierschutzgesetzes
Tiere bekommen weisungsfreien Ombudsmann
Wien (pk) - Geeinigt haben sich die Mitglieder des Verfassungsausschussesauf folgende Eckpunkte im neuen Tierschutzgesetz: Tierquälerei wird im Gesetz explizit verboten. Sie liegt dann vor, wenn jemand "einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügt bzw. es in schwere Angst versetzt". Auch das Töten von Tieren "ohne vernünftigen Grund" wird ausdrücklich untersagt. Die Tötung von Tieren zum Zweck der Aus-, Fort- und Weiterbildung ist nur an wissenschaftlichen Einrichtungen und nur insoweit zulässig, als sie für den angestrebten Zweck unerlässlich und nicht durch alternative Methoden ersetzt werden kann.

Als Tierquälerei in Zukunft strikt verboten sind laut vorliegendem Entwurf etwa Qualzüchtungen, die Steigerung von Aggressivität und Kampfbereitschaft von Tieren durch einseitige Zuchtauswahl, Stachelhalsbänder und Korallenhalsbänder, elektrisierende oder chemische Dressurgeräte. Verboten wird auch der Erwerb und der Besitz von den genannten Gegenständen. Weiters untersagt wird das Hetzen eines Tieres auf ein anderes, Tierkämpfe, die grobe Vernachlässigung gehaltener Tieren, das Aussetzen von Haustieren, die Abtrennung lebender Gliedmaßen, Hunderennen auf Asphalt oder anderen harten Bodenbelägen und jede Art von Fanggeräten, die das Tier nicht unversehrt fangen oder sofort töten. Allerdings können bei der Ausbildung von Diensthunden der Sicherheitsexekutive und des Bundesheeres Korallenhalsbänder unter "Wahrung der Verhältnismäßigkeit" verwendet werden. Genauso sind Maßnahmen, die im Einklang mit veterinärrechtlichen Vorschriften vorgenommen werden, sowie Maßnahmen, die zur fachgerechten Schädlingsbekämpfung oder zur Bekämpfung von Seuchen unerlässlich sind, erlaubt.

Der Beginn des Jahres 2009 bedeutet das endgültige Aus für Legebatterien. Damit wird Österreich diesen Schritt drei Jahre vor der gesamten EU setzen. Unter das Verbot fallen auch die so genannten ausgestalteten Käfige, womit ein weit reichendes Käfigverbot für die Hühnerhaltung erlassen wird. Die Betriebe werden sich auf andere Systeme, wie Volieren und Bodenhaltungumstellen müssen. Für jene Betriebe, die vor dem 1. 1. 2005 in Käfige investiert haben, soll es 15-jährige Übergangsfristen geben. Für das Mastgeflügel wird es keine Verschlechterungen geben, die bisherigen durch 15a-Verträge gesicherten Standards bleiben aufrecht.

Die dauernde Anbindehaltung wird verboten. Rindern sichert das Gesetz einen Auslauf von mindestens 90 Tagen im Jahr zu. Ausnahmen sind für jene Fälle vorgesehen, wenn zwingende rechtliche Gründe vorliegen. Näheres dazu wird durch Verordnung festgelegt. Keinesfalls dürfen Wildtiere angebunden gehalten werden, auch nicht vorübergehend. Eine Ausnahme gibt es für die Ausbildung von Greifvögeln. Die Haltung von Pelztieren zur Pelzgewinnung ist verboten.

Für Stallungen wird es in Hinkunft ein behördlich verpflichtendes Zulassungsverfahren geben, sodass Bauern für alle Tierarten geeignete und fertige Ställe "von der Stange" werden kaufen können. Weitere Vorschriften in Bezug auf serienmäßig hergestellte Haltungssysteme und Stalleinrichtungen sowie in Bezug auf Heimtierunterkünften sollen per Verordnung geregelt werden, ebenso genauere Bestimmungen über das Schlachten von Tieren, die fachgerechte Tötung von Futtertieren und die Lebendhälterung von Speisefischen.

Einige Bestimmungen gelten auch speziell für Katzen und Hunde. So ist es dem Zoo-Fachhandel und anderen gewerblichen Einrichtungen, in denen Tiere zum Verkauf angeboten werden, zwar weiterhin erlaubt, Katzen und Hunde zu vermitteln, die Tiere dürfen aber nicht mehr in den Geschäften selber gehalten werden. In der Hundeausbildung und Hundezucht werden Starkzwang-Methoden der Vergangenheit angehören. Hunde dürfen nicht mehr, auch nicht vorübergehend, an einer Kette oder in sonst einem angebundenen Zustand gehalten werden. Es wird auch explizit untersagt, Hunde oder Katzen zur Gewinnung von Nahrung oder anderen Produkten zu töten.

Grundsätzlich verboten sind Eingriffe an Tieren, die nicht therapeutischen oder diagnostischen Zielen oder der fachgerechten Kennzeichnung von Tieren dienen, insbesondere grausame Methoden wie das Kupieren von Schwänzen, der Ohren oder des Schnabels eines Tieres, das Durchtrennen von Stimmbändern, das Entfernen von Krallen und Zähnen. Zur Verhütung der Fortpflanzung sind Ausnahmen gestattet. Untersagt wird auch die Anwendung von Gummiringen, Ätzstiften und Ätzsalben.

Geeinigt hat man sich auch in der sensiblen Frage des Schächtens. Dieses soll grundsätzlich ohne Betäuben verboten sein. Den Religionsgemeinschaften der Juden und Moslems soll jedoch durch eine Ausnahmebestimmung das ihren religiösen Vorschriften entsprechende Schächten erlaubt werden. Sie sind jedoch verpflichtet, die Tiere unmittelbar nach dem Öffnen der Blutgefäße wirksam zu betäuben, um ein möglichst schmerzfreies Ausbluten der Tiere zu ermöglichen. Das Schächten darf auch nur in Schlachträumen durch Experten und in Anwesenheit eines Tierarztes vorgenommen werden. Nähere Vorschriften über das Töten und Schlachten sind vom Bundesministerium für Gesundheit und Frauen zu erlassen, wobei laut Entschließung diese Verordnungsbestimmungen neuen Erkenntnissen, die ein höheres Maß an Tiergerechtheit bewirken, angepasst werden müssen.

Weitere Vorschriften beziehen sich auf die Führung von Tierhandlungen, auf das Betreiben eines Tierheims, auf die Haltung von Tieren in Zoos, die Mitwirkung von Tieren bei Film- und Fernsehaufnahmen und die Haltung von Tieren in Zirkussen, Varietes und ähnlichen Einrichtungen. In letzteren dürfen keine Arten von Wildtieren gehalten oder zur Mitwirkung verwendet werden.

Zur Haltung von Tieren ist laut Gesetzentwurf jeder berechtigt, der zur Einhaltung der Bestimmungen des Tierschutzgesetzes in der Lage ist und auch über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt. Voraussetzung für die Haltung eines Tieres ist allerdings, dass die Tiere ihren Bedürfnissen entsprechend gehalten werden, etwa was das Platzangebot, die Bewegungsfreiheit, die Bodenbeschaffenheit, die bauliche Ausstattung der Unterkünfte, das Klima, da Licht und die Temperatur, die Betreuung und die Möglichkeit zu Sozialkontakten betrifft. An Minderjährige unter 14 Jahren dürfen Tiere ohne Einwilligung des Erziehungsberechtigten nicht abgegeben werden. Mindestanforderungen für die Tierhaltung sind mittels Verordnung festzulegen.

Zur Kontrolle der Einhaltung der Tierschutzbestimmungen ist die Einrichtung eines weisungsfreien Tierschutzombudsmannes in jedem Bundesland vorgesehen. Er oder sie hat in allen einschlägigen Verfahren Parteienstellung, erstellt Berichte und muss von den Behörden in seiner bzw. ihrer Arbeit unterstützt werden.

Ein beim Gesundheitsministerium eingerichteter Tierschutzrat soll u.a. das zuständige Regierungsmitglied in Fragen des Tierschutzes beraten.

Laut Gesetz hat der Bundesminister oder die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen dem Nationalrat alle zwei Jahre einen Tierschutzbericht vorzulegen, um die Realisierung der neuen Bestimmungen nachvollziehen und kontrollieren zu können.

Zusätzlich ist geplant, die behördlichen Kontrollen zu verstärken. Neben den von den Bezirksverwaltungsbehörden unangemeldet durchgeführten Kontrollen im Ausmaß von mindestens 2 % pro Jahr wird es jederzeit auch Verdachts- und Schwerpunktkontrollen geben können. Die Unterlagen müssen daher vom Tierhalter bis zu fünf Jahre aufbewahrt werden.

Für Tierquälerei, unerlaubtes Töten von Tieren und unerlaubte Eingriffe an Tieren ist, wenn es sich nicht ohnehin um einen strafrechtlichen Tatbestand handelt, eine Geldstrafe von bis zu 7.500 €, im Wiederholungsfall von bis zu 15.000 € vorgesehen. Die Mindeststrafe bei schwerer Tierquälerei wird mit 2.000 € festgelegt.

Andere Verstöße gegen das Tierschutzgesetz werden mit bis zu 3.750 €, im Wiederholungsfall mit bis zu 7.500 € geahndet, allerdings kann hier die Behörde von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung für das Wohlbefinden der gehaltenen Tiere unbedeutend sind. Bei einer gerichtlichen Verurteilung wegen Tierquälerei bzw. wiederholten Verstößen gegen das Tierschutzgesetz kann die Behörde die Tierhaltung auf Dauer oder auf bestimmte Zeit verbieten.
 
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