»Zinsenstreit«: Instanzgerichte teilen VKI-Position  

erstellt am
26. 05. 04

Streit um Verjährung des Anspruches auf Rückzahlung zuviel bezahlter Kreditzinsen. Oberster Gerichtshof (OGH) geht von 3 Jahren aus; Berufungsgerichte folgen nicht und gehen von 30 Jahren aus
Wien (vki) - Im Streit um die von den Banken vor 1997 bei Verbraucherkrediten zuviel verrechneten Kreditzinsen gibt es nun - nach drei einschlägigen Entscheidungen des OGH (Zinsanpassungsklausel gesetzwidrig / Verjährung von Rückforderungsansprüchen binnen 3 Jahren) - drei Entscheidungen von Berufungsgerichten, die geschädigten Kreditnehmern Hoffnung machen: Das Landesgericht Eisenstadt (LG Eisenstadt) sowie zwei Senate des Oberlandesgerichtes Wien (OLG Wien) folgen dem OGH nicht und gehen bei typischen Verbraucherkrediten davon aus, dass Ansprüche auf Rückerstattung zuviel bezahlter Zinsen erst binnen 30 Jahren nach Überzahlung des Kredites verjähren.

Das jüngste Urteil betrifft zwei Konsumentenkredite aus dem Jahre 1993 in Höhe von insgesamt ATS 1.380.000,-,. Mit 31.7.2001 wurden die Kredite vorzeitig zurückbezahlt. Eine Nachrechnung der Kredite auf Grundlage des Mittelwertes von SMR/VIBOR(EURIBOR) ergab eine "Überzahlung" von EUR 3.855,43,-. Obwohl die Kreditverträge eine Zinsanpassungsklausel enthielten, wurde der Kreditzins während der gesamten Laufzeit nie angepasst. Dies ist insbesondere deshalb bedenklich, da ab 1992 bekanntlich alle wesentlichen Indikatorzinssätze für Geld- und Kapitalmarkt beinahe stetig gefallen waren.

Das OLG Wien bestätigt, dass die von der Bank verwendete Klausel gesetzwidrig war und sieht darin sowie in der Nichtweitergabe von Zinssatzsenkungen ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten der Bank.

Da - wie bei den meisten Verbraucherkrediten - eine kontokorrentmäßige Abrechnung vereinbart war, beginnt die Verjährung von Rückforderungsansprüchen frühestens mit Ende des Kontokorrentverhältnisses, also mit Rückzahlung der Kredite. Die Frist beträgt dreißig Jahre, da das Argument des OGH für die kurze Verjährungsfrist (die Anhäufung von wiederkehrenden Ansprüchen) hier nicht zieht: Erst mit Rückzahlung des Kredites endet das Kontokorrent und der Rückforderungsanspruch wird - als Einmalzahlung - fällig.

Das OLG Wien sieht die Rückahlung auch aus dem Titel des Schadenersatzes für gerechtfertigt an. Dieser Anspruch verjähre zwar binnen von 3 Jahren, aber erst ab Kenntnis vom Schaden als Folge der rechnerischen Nachkontrolle des Kredites durch einen Sachverständigen.

"Das Thema Zinsenstreit und Verjährung bewegt Kreditnehmer, Rechtsgelehrte und Gerichte. Die ersten Entscheidungen des OGH werden von Lehre und Untergerichten zum Teil heftig kritisiert. Wenn die genannten Verfahren zum OGH kommen, ist zu hoffen, dass dieser in Form eines 'verstärkten Senates' seine bisherige Judikatur zur Verjährung nochmals überdenkt," zeigt sich Dr. Peter Kolba, Leiter der VKI-Rechtsabteilung hoffnungsvoll.

Soweit die beklagten Banken nicht vorher aufgeben und zahlen. Denn dann ist der OGH damit nicht mehr damit konfrontiert. So geschehen im Fall des Urteils des LG Eisenstadt. Dagegen werden die Verfahren vor dem OLG Wien für den OGH Anlass bieten können, seine Judikatur zu ändern.

Ausführlich zum "Zinsenstreit" siehe http://www.verbraucherrecht.at.

Aktuelles Urteil: OLG Wien 19.4.2004, 1 R 15/04i / Volltextservice / Klagevertreter: Dr. Stefan Langer und Dr. Anne Marie Kosesnik-Wehrle
     
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