Gusenbauer gegen »Strategie der Hoffnungslosigkeit« - Regierung muss endlich aktiv
werden
Wien (sk) - "Wir setzen der Strategie der Hoffnungslosigkeit der Regierung fünf ganz konkrete
Initiativen gegenüber", sagte SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer am Donnerstag (03. 06.)
in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem SPÖ-Spitzenkandidaten für die Europawahl Hannes Swoboda.
Die Initiativen umfassen folgende Themenkomplexe: Jugendbeschäftigung fördern, Wirtschaftswachstum fördern,
Beruf und Familie besser vereinen, Daseinsvorsorge für alle sichern, Österreichs Interessen professionell
und mit klarer Linie vertreten.
Gusenbauer richtete gleichzeitig die dringende Forderung an die Bundesregierung, endlich aktiv zu werden. Für
den SPÖ-Vorsitzenden steht nämlich außer Zweifel, dass die derzeitige Politik auf die Frage der
Beschäftigung viel zu wenig Rücksicht nimmt: Die Lissabon-Ziele würden nicht ausreichend verfolgt,
es gebe keine gemeinsame wachstumsfördernde Wirtschaftspolitik und die österreichische Regierung setze
keine Initiativen für Wachstum und Beschäftigung.
Wenn Kanzler Schüssel sage, dass sich bis 2008 an der Jugendarbeitslosigkeit nichts ändern werde, richte
er einem heute 15-Jährigem aus, dass er sich bis zum 23. Lebensjahr gedulden müsse und er dann unter
Umständen eine Chance habe, kritisierte der SPÖ-Vorsitzende.
Die SPÖ stelle die Forderung nach einem neuen sozialen Europa in den Mittelpunkt der Wahlauseinandersetzung,
"weil wir die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, insbesondere der Jugendarbeitslosigkeit, als die zentrale
Herausforderung für Europa erachten", sagte Gusenbauer. Dies sehe nicht nur die Sozialdemokratie so,
sondern die große Mehrheit der Bevölkerung in Österreich und in Europa. In sämtlichen Erhebungen
werde die hohe Arbeitslosigkeit als das brennendste Problem bezeichnet.
Swoboda: fordert EU-Sonderprogramm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit
Konkret fordert die SPÖ die Förderung der Jugendbeschäftigung, die Förderung des Wirtschaftswachstums,
eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die Sicherung der Daseinsvorsorge für alle sowie eine professionellere
und klarere Vertretung von Österreichs Interessen. Die Themen würden auch von der europäischen Sozialdemokratie
unterstützt, so SPÖ-EU-Spitzenkandidat Hannes Swoboda. Swoboda zeigt sich daher optimistisch, dass bei
einem Sieg der europäischen Sozialdemokraten bei der EU-Wahl diese Schritte in Richtung eines sozialen Europas
gesetzt werden.
Für die SPÖ gehe im EU-Wahlkampf um sachliche Themen, im Vordergrund stehe dabei der Aufbau eines sozialen
Europas, erklärte Swoboda bei der Präsentation der Initiativen gemeinsam mit SPÖ-Vorsitzenden Alfred
Gusenbauer. Swoboda wies darauf hin, dass die Arbeitslosigkeit in der EU sehr hoch sei und auch in Österreich
Rekordarbeitslosigkeit herrsche. In Österreich sei besonders der Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit dramatisch,
seit 2000 sei in dieser Altersgruppe ein Anstieg der Arbeitslosigkeit von über 40 Prozent zu verzeichnen gewesen.
Die SPÖ fordere daher ein EU-Sonderprogramm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Ein EU-Sondergipfel
solle Maßnahmen und verbindliche Ziele definieren sowie einen Kontroll- und Überprüfungsmechanismus
einrichten. Weiters spricht sich die SPÖ für die Einrichtung einer Europäische Stiftung für
die Aus- und Weiterbildung von Jugendlichen aus, an der sich auch die europäische Industrie beteiligen soll,
so Swoboda.
Eine Verbesserung der Beschäftigungssituation sei nur möglich, wenn das Wirtschaftswachstum dementsprechend
sei, führte Swoboda weiters aus. Eigentlich habe sich die Europäische Union das Ziel gesetzt, den Wachstumsrückstand
gegenüber den USA zu verringern, Europa sei aber noch weiter abgesackt. Die SPÖ fordere daher mehr öffentliche
Investitionen in Bildung, Forschung und Infrastruktur. Diese Ausgaben sollen durch eine wachstumsfördernde
Auslegung des Stabilitätspakts über mehrere Jahre abgeschrieben werden können. "Hier betreibt
der Kontinent noch viel zu wenig eine moderne Wachstumspolitik", so Swoboda. Es sei zudem notwendig, auch
die nationalen Budgets auf diese Zielsetzungen auszurichten.
Als dritte notwendige Initiative nannte Swoboda die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Erst vor wenigen
Tagen sei Österreich von der EU-Kommission wegen seiner Frauenpolitik gerügt worden. So habe die Kommission
moniert, dass es in Österreich gravierende Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen gebe. Swoboda
bezeichnete diesen Umstand als "skandalös" und kritisierte, dass die Bundsregierung nichts dagegen
unternehme. Der SPÖ-Politiker machte darüber hinaus darauf aufmerksam, dass laut einer Studie weibliche
Jugendliche aus mehreren EU-Beitrittsländern besser ausgebildet seien als bei uns. "Wie soll Österreich
da wettbewerbsfähig sein?", so Swoboda.
"Weil Frauen weniger Jobs haben, weil Frauen schlechter ausgebildet werden, weil Frauen auch schlechter entlohnt
sind, darum gibt es auch eine höhere Armutsgefährdung", so Swoboda weiters. Das hänge natürlich
auch mit der "völlig ungleichgewichtigen Frauenpolitik" der Bundesregierung zusammen. Gerade die
SPÖ habe immer wieder darauf hingewiesen, dass wir Einrichtungen brauchen - insbesondere Kindergärten
-, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen. Das sei eben ein europäisches Thema, weil
es sich gerade auch die Europäische Union vorgenommen hat, die Frauenerwerbsquote zu erhöhen und insbesondere
die Chancen der Frauen zu verbessern. Österreich habe an dieser Politik - die Chancen der Frauen zu verbessern
- nicht teilgenommen, kritisierte Swoboda.
Vierte Forderung der SPÖ ist die Sicherung der Daseinsvorsorge. Die österreichische Bundesregierung habe
sich in einem Positionspapier für eine Privatisierung unseres Wasser ausgesprochen, so Swoboda. Auch im Europaparlament
hätten die Abgeordneten von ÖVP und FPÖ für die Privatisierung so wichtiger Grundlagen unseres
Lebens wie der Wasserversorgung oder dem Nahverkehr gestimmt. Die SPÖ fordert daher einen Stopp der hemmungslosen
Liberalisierung in Europa. Die öffentlichen Dienstleistungen müssen für alle zugänglich und
erschwinglich bleiben.
Um diese Initiativen durchsetzen zu können, müsse sich Österreich in Europa Gehör verschaffen,
erörterte Gusenbauer die fünfte Forderung - nach einer "professionellen, seriösen und sachlichen
Europapolitik, mit einer klaren Linie, die auch für die Bürgerinnen und Bürger erkennbar ist".
Gusenbauer: "Die Art und Weise, wie Schüssel, Haider und andere in den letzten Tagen mit Verleumdungen
gearbeitet haben, ist weder seriös noch durchsetzungsfähig." Ebenfalls nicht in die Kategorie "seriös
und durchsetzungsfähig" falle das Schwänzen österreichischer Regierungsmitglieder von Sitzungen
auf europäischer Ebene und die Forderung von Finanzminister Grasser nach Sanktionen für Länder,
die die Kriterien des Stabilitätspakts nicht erfüllen. Was die Mitglieder der Regierung in den letzten
Tagen geboten hätten, sei das genaue Gegenteil eines sachlichen und seriösen Politikstils, so Gusenbauer.
EU-Kommissar Franz Fischler habe deshalb zu Recht die Vorgangsweise der österreichischen Regierung und die
Verleumdungen von Hannes Swoboda kritisiert. Fischler wisse, dass mit einem solchen Politikstil in Europa nichts
verändert werden könne und "Österreich mit solchen Methoden in Europa ganz sicher nicht gehört
wird", sagte Gusenbauer.
Die Initiativen im Wortlaut
Initiative 1: Jugendbeschäftigung fördern
Die Arbeitslosigkeit in der EU ist hoch. Auch in Österreich herrscht Rekordarbeitslosigkeit. Insbesondere
unter den 15- bis 25-Jährigen hat die Arbeitslosigkeit seit 2000 um fast 40 Prozent zugenommen. Mehr als 50.000
Jugendliche sind in Österreich ohne Job.
Die SPÖ fordert ein EU-Sonderprogramm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Ein EU-Sondergipfel
soll Maßnahmen und verbindliche Ziele definieren sowie einen Kontroll- und Überprüfungsmechanismus
einrichten. Eine Europäische Stiftung für die Aus- und Weiterbildung von Jugendlichen soll eingerichtet
werden. Über ein europaweites Netz von Austauschprogrammen soll die Förderung von Jugendlichen einen
besonderen Schwerpunkt erhalten.
Initiative 2: Wirtschaftswachstum fördern
Der europäische Wirtschaftsmotor stottert. Der Wachstumsrückstand gegenüber den USA wird von Jahr
zu Jahr größer. Durch das geringe Wirtschaftswachstum werden die sozialen Unterschiede in Europa größer
und die Arbeitslosigkeit bleibt hoch.
Die SPÖ fordert mehr öffentliche Investitionen in Bildung, Forschung und Infrastruktur. Diese Ausgaben
sollen durch eine wachstumsfördernde Auslegung des Stabilitätspakts über mehrere Jahre abgeschrieben
werden können.
Initiative 3: Beruf und Familie besser vereinen
Die EU-Kommission hat Österreich wegen seiner Frauenpolitik erneut gerügt. Der Lohnunterschied
zwischen Männern und Frauen ist in Österreich einer der höchsten. Das Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen
ist mehr als mangelhaft. Die Kritik ist ernst zu nehmen.
Die SPÖ fordert die Umsetzung der Lissabon Ziele zur Anhebung der Frauenbeschäftigungsquote. Österreich
muss den Empfehlungen der EU-Kommission nachkommen und endlich europäische Standards umsetzen.
Initiative 4: Daseinsvorsorge für alle sichern
Die Konservativen in der EU wollen die Liberalisierung öffentlicher Dienstleistungen ohne Rücksicht auf
Verluste fortzusetzen. Dabei wird nicht einmal vor der Privatisierung so wichtiger Grundlagen unseres Lebens wie
der Wasserversorgung oder dem Nahverkehr Halt gemacht.
Die SPÖ fordert einen Stopp der hemmungslosen Liberalisierung in Europa. Die öffentlichen Dienstleistungen
müssen für alle zugänglich und erschwinglich bleiben. In der EU-Verfassung muss der Schutz von Diensten
im öffentlichen Interesse (Daseinsvorsorge) verankert werden.
Initiative 5: Österreichs Interessen professionell und mit klarer Linie vertreten
Die österreichische Bundesregierung hat auf EU-Ebene keine klare Linie und kann österreichische
Interessen nicht durchsetzen. Österreichische Regierungsmitglieder schwänzen häufig EU-Ministerräte.
Statt dessen gibt es nun einen Wahlkampf im beschämenden Haider-Schüssel-Stil.
Die SPÖ fordert eine professionelle, seriöse und sachliche Europapolitik mit einer klaren Linie im Interesse
der Bürgerinnen und Bürger. Damit Österreich wieder gehört wird. |