Kossina: Wien setzt auf erneuerbare Energien  

erstellt am
04. 06. 04

Mehr als 7,5 Millionen Euro Förderungen bis 2006
Wien (rk) - Noch bis 4. Juni läuft die "renewables 2004", die Internationale Konferenz für erneuerbare Energien in Bonn. "Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist ein Kernelement im Kampf gegen den Klimawandel aber auch für die weitere Verbesserung der Wiener Luftqualität", stellte dazu Wiens Umweltstadträtin Dipl. Ing. Isabella Kossina in einem gemeinsamen Mediengespräch mit der Wiener Klimaschutzkoordinatorin OSR Mag. DDr. Christine Fohler- Norek am Donnerstag (03. 06.) fest: "Der Vorrat an fossilen Energieträgern ist begrenzt, ihr Verbrauch steht im Widerspruch zum Leitgedanken der Nachhaltigen Entwicklung: Nicht erneuerbare Ressourcen müssen geschont werden, um die uns nachfolgenden Generationen nicht in ihrer Entwicklungsmöglichkeit einzuschränken", so die Umweltstadträtin. Zudem werden beim Verbrauch fossiler Energieträger Treibhausgase freigesetzt, vor allem Kohlendioxid (CO2). Kossina: "Wien bekennt sich aus Gründen des Klima- aber auch des Ressourcenschutzes zu einer Reduktion des Verbrauchs fossiler Energieträger: durch Energiesparen, Steigerung der Energie-Effizienz etwa durch den Einsatz von Kraft-Wärme- Kopplungen und den Einsatz erneuerbarer Energieträger: Unser Ziel ist ein Anstieg des Ökostromanteils auf mindestens vier Prozent."

"In Bonn wird derzeit bei der 'renewables 2004' viel über erneuerbare Energien geredet", ergänzte Klimaschutzkoordinatorin Fohler-Norek, "das ist ohne Zweifel wichtig. Noch wichtiger ist es allerdings, konkrete Schritte zu setzen - und Wien tut das." Damit sei sicher gestellt, so Fohler-Norek, dass Wien das in seinem Klimaschutzprogramm (KliP) festgelegte Ziel erreicht, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromproduktion wesentlich zu steigern.

Konkrete Schritte im Klima- und Umweltschutz müssten aber auch finanziert werden, so Kossina, die auf die Vorreiterrolle Wiens dabei verwies. Jüngstes Beispiel ist die auf Basis des Ökostromgesetzes erarbeitete Richtlinie des Landes Wien zur Förderung der Ökostrom-Erzeugung. Erstes Beispiel ist die neue Photovoltaikanlage auf dem Dach des Pflegehospizes Kaisermühlen: Die knapp 110.000 Euro teure Anlage wurde von der Stadt Wien mit 39.528 Euro gefördert. Insgesamt stellt die Stadt Wien in den nächsten drei Jahren mehr als 7,5 Millionen Euro zur Förderung erneuerbarer Energien zur Verfügung, für die Errichtung von Großanlagen wie dem geplanten Biomassekraftwerk oder der Biogas- Anlage sind Mittel in Höhe von mehr als 80 Millionen Euro vorgesehen.

Ökostrom: Wien fördert technologischen Fortschritt
Dipl. Ing. Dr. Edgar Hauer von der MA 27 - Stabstelle Energie erläuterte die neue Förderrichtlinie, die auf Basis des Ökostromgesetzes erlassen wurde und besonders auf den urbanen Raum Rücksicht nimmt. Hauer: "Wir fördern die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen mittels neuer Technologien." Gefördert werden sowohl die Investitionen zur Errichtung von Anlagen, die Ökostrom aus erneuerbaren Energiequellen wie z. B. Wind, Sonne, Biomasse oder Biogas erzeugen, als auch Kosten von immateriellen Leistungen, etwa Energiekonzepte und Aus- und Weiterbildungen. Die Fördersätze betragen in beiden Fällen bis zu 40 Prozent der förderbaren Kosten. Rund 3,5 Millionen Euro stehen laut Hauer allein im Jahr 2004 für einschlägige Projektwerber - sowohl natürliche als auch juristische Personen können um Förderung ansuchen - zur Verfügung. Derzeit betreffen die Ansuchen vor allem die Errichtung von Photovoltaikanlagen wie auf dem Dach des Pflegehospizes Kaisermühlen: Die Anlage, die aus insgesamt 128 Modulen auf drei Dächern besteht, liefert einen Jahresertrag von 12.500 kWh.

Umfassender Umweltschutz im Pflegehospiz Kaisermühlen
P. Elmar Kahofer SDS, Spiritus rector des Pflegehospizes Kaisermühlen, erläuterte die Gründe, eine Photovoltaikanlage auf dem Dach "seines" Hauses zu errichten: "Licht, Wärme und Wasser sind Ressourcen unserer Mutter Erde, mit denen wir sehr behutsam umgehen müssen. Darauf haben wir bei der Planung des Pflegehospizes durch die Errichtung eines eigenen Grundwasserbrunnens für alle 32 WC-Anlagen unseres Hauses, durch den Anschluss an das Fernwärmenetz und durch die Nutzung der Sonnenenergie durch unsere 147 m2 große Photovoltaikanlage Rücksicht genommen." Schon vor mehr als 30 Jahren hatte Pater Elmar, damals Pfarrer in Graz, eine erste selbst gebastelte Sonnenkollektorenanlage auf dem Dach seines damaligen Pfarrhofs zur Brauchwassererwärmung installiert. Das Engagement für die Umwelt hat Pater Elmar beibehalten: "Ich verstehe unser Projekt Pflegehospiz Kaisermühlen als ,Umweltschutz im einem sehr weit umfassenden Sinn. Unser ,Inselkraftwerk Kaisermühlen hat - neben dem Schutz der Umwelt - seine Entsprechung auch in der Pflege der pflegebedürftigen Menschen vor Ort, weil es jenen pflegebedürftigen Menschen in Kaisermühlen diese Pflege vor Ort gewährt."

Wien hat die höchste Solarförderung Österreichs
Neben der Förderung der Ökostromerzeugung stellt die Stadt Wien auch Mittel zum Ausbau solarthermischer Anlagen zur Verfügung, insgesamt 1,32 Millionen Euro für die Jahre von 2004 bis 2006. "Wien hat damit die österreichweit höchsten Fördersätze", freut sich Klimaschutzkoordinatorin Fohler-Norek, "thermische Solaranlagen liefern Warmwasser und Raumwärme kohlendioxid- und schadstofffrei - ohne klimaverändernde Emissionen." Mit den Fördermitteln kann die Errichtung von rund 1.000 neue Anlagen mit einer durchschnittlichen Größe von neun Quadratmeter Kollektorfläche unterstützt werden. Im KliP Wien hat sich die Stadt das Ziel gesetzt, bis 2010 die Fläche an thermischen Sonnenkollektoren auf 300.000 m2 auszudehnen.

Neue Ökostromanlagen für Wien
In Wien sind bereits zahlreiche Ökostrom-Anlagen in die Realität umgesetzt worden, etwa 46 nach dem Ökostromgesetz anerkannte Photovoltaikanlagen, eine Kleinwasserkraftanlage (Kühlwasser-Auslaufturbinenanlage Kraftwerk Simmering), die Deponievergasungsanlage Rautenweg sowie acht Windkraftanlagen. Weiters sind entlang der Wiener Hochquellwasserleitungen zahlreiche Photovoltaikanlagen und Trinkwasserkraftwerke im Einsatz.

Im Jahr 2006 soll das Biomasse-Kraftwerk auf dem Gelände des Kraftwerks Simmering mit einer Leistung von 60 MW seinen Betrieb aufnehmen. Damit steigert das Kraftwerk, das Altholz aus den österreichischen Bundesforsten klimaneutral thermisch verwerten wird, den Ökostromanteil Wiens um 2,3 Prozentpunkte. Die CO2- Emissionen in Wien können dadurch um 144.000 Tonnen pro Jahr verringert werden. Die Stadt Wien investiert in die Errichtung des Biomassekraftwerks maximal 56 Millionen Euro.

Ab 2005 wird eine weitere Anlage zur Erzeugung von Ökostrom in Betrieb gehen: Die Biogasanlage wird in Zukunft getrennt erfasste Küchenabfälle vergären. Das dabei gebildete Biogas wird thermisch zu Strom und Wärme verwertet. Die Investitionskosten für diese Anlage belaufen sich auf maximal 15 Millionen Euro.

Ebenfalls ab 2005 soll ein neues Kleinwasserkraftwerk in Nußdorf am Beginn des Donaukanals etwa 24,6 Mio. kWh Strom pro Jahr liefern und damit rund 10.000 Wiener Haushalte mit Energie versorgen. Die Kraftwerk Nußdorf Errichtungs- und Betriebsgesellschaft investiert dafür rund 15 Millionen Euro.

Auch auf dem Gebiet der thermischen Anlagen geht die Entwicklung weiter. Seit einigen Monaten sammelt die Stadt Wien mit einem Pilotprojekt in Hadersdorf Erfahrungen mit der Nutzung von Erdwärme: Die Sportmittelschule in Hadersdorf wird mit Wärme aus dem Lainzer Tunnel beheizt. Theoretisch besteht ein hohes Potenzial an "Tunnelwärme" und damit eine große Chance für den Klimaschutz. Der Einsatz von Erdwärmeanlagen ist auch beim Ausbau der U2 geplant, wobei in energieautarken Stationen bis zu 60 Prozent der Energiekosten eingespart werden können.

Lokales Handeln macht Sinn!
"Die genannten Beispiele zeigen, dass Wien im Bereich erneuerbarer Energien nicht nur handeln will, sondern auch gestalten kann", zeigte sich Umweltstadträtin Kossina für die Zukunft optimistisch. "Durch bereits gesetzte Maßnahmen im Energiebereich, etwa den Fernwärme-Verbund, den Ausbau der Kraft- Wärme-Kopplung, den ÖkoBusinessPlan und das KliP, hat Wien schon sehr viel erreicht. Der Erfolg ist messbar", so Kossina. Betrug die Pro-Kopf-Freisetzung von Kohlendioxid im Jahr 2001 österreichweit ganze 8,6 Tonnen CO2, so lagen die Wienerinnen und Wiener mit nur 5,4 Tonnen deutlich darunter und auch deutlich unter den Werten von vergleichbaren Großstädten in Deutschland wie Frankfurt oder Düsseldorf. Kossina: "Das ist aber kein Anlass, sich auf dem Erreichten auszuruhen: Wir stehen voll zu den Zielen des KliP, das bis 2010 die Reduktion der jährlichen CO2-Emissionen um 14 Prozent gegenüber dem Wert von 1990 vorsieht. Mit dem verstärkten Einsatz von erneuerbaren Energien bin ich zuversichtlich, dass wir dieses ehrgeizige Ziel auch erreichen werden."
     
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