Das Regelwerk ist bereits wesentlich entschärft, aber noch nicht optimal - Steuerreform erleichtert
Eigenkapitalbildung
Wien (bmwa) - "Österreich hat durch gemeinsames und einstimmiges Auftreten im Europäischen
Rat, im Europäischen Parlament und auf der europäischen Ebene der Sozialpartner einen wesentlichen Anteil
daran, dass den neuen, unter 'Basel II' zusammengefassten Eigenkapitalvorschriften für Banken die mittelstandsfeindlichen
Zähne gezogen wurden", erklärte Wirtschafts- und Arbeitsminister Dr. Martin Bartenstein am Mittwoch
(02. 06.) bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit WKÖ-Präsident Dr. Christoph
Leitl und den Abgeordneten zum Europäischen Parlament Mag. Othmar Karas und Dr. Paul Rübig im Anschluss
an ein vom Ministerium organisiertes Expertengespräch zu diesem Thema in Wien. Allerdings, so Bartenstein,
seien vor der endgültigen Verabschiedung der Rahmenrichtlinie noch einige Wünsche offen. Grundsätzlich
seien aber verbesserte Regeln für die Kreditvergabe im Interesse eines stabilen Kapitalmarkts zu begrüßen.
Die gegenüber dem ersten, stark von amerikanischen Vorstellungen geprägten Entwurf bereits durchgesetzten
Veränderungen lassen jedenfalls Befürchtungen, dass den kleinen und mittelständischen Unternehmen
(KMU) der Zugang zu Fremdkapital wesentlich erschwert werde, nicht als gerechtfertigt erscheinen, betonte der Minister.
Vor allem für die Branchen Maschinenbau, Elektrotechnik, Elektronik und Chemie dürften Finanzierungen
sogar leichter werden. Probleme gebe es nach derzeitigem Stand allerdings für Tourismus und Einzelhandel.
Grundsätzlich sei jedoch in jedem Fall eine höhere Eigenkapitalquote wünschenswert. Dieser Empfehlung
habe die Bundesregierung mit der in der Steuerreform 2005 enthaltenen Senkung der Körperschaftssteuer - durch
die die Eigenkapitalbildung aus den erwirtschafteten Gewinnen erleichtert wird - entsprochen.
In den bisherigen Diskussionen konnte bereits erreicht werden, dass Kreditvolumen bis zu einer Million Euro (pro
Bank bzw. Bankengruppe) als Privatkundenkredit (retail loans) eingestuft werden, was sogar eine Besserstellung
gegenüber dem derzeit noch geltenden Bankenrecht ("Basel I") bedeutet. Für größere
Kredite wird es für Unternehmen mit einen Umsatz bis zu 50 Millionen Euro eine Einschleifregelung geben. Außerdem
soll die Anerkennung von Sicherheiten erweitert werden.
Weiterer Handlungsbedarf
Die nach einer österreichischen Initiative von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebene
Studie von PricewaterhouseCoopers habe ebenso wie eine von BMWA selbst an der Hochschule für Bankwirtschaft
in Frankfurt/Main veranlasste Studie haben ergeben, dass es in Österreich bei Krediten über einer Million
Euro an KMU zu einem leichten Anstieg der Eigenmittelerfordernisse kommen könnte, während es bei kleineren
Kreditvolumina zu deutlichen Verbesserungen kommen werden. Bartenstein sprach sich daher für weitere Verbesserungen
bei Krediten über der Million-Euro-Grenze aus.
Für notwendig erachtet der Minister eine weitere Absenkung der Risikogewichte und eine Annäherung an
die für retail loans geltenden Parameter. Außerdem wünscht sich Bartenstein eine Überprüfung
der Millionen-Grenze für retail loans, jedenfalls aber eine automatische Anpassung an die Inflationsrate.
Außerdem sollte ausdrücklich geregelt sein, dass diese Grenze pro Bank/Bankengruppe gilt und daher bei
Kreditaufnahmen bei mehreren Banken die Gesamtkreditsumme mehr als eine Million Euro ausmachen könne, ohne
die Vorteile des Retail-Segments zu verlieren.
Weiters tritt Bartenstein für eine starke Vereinfachung der Rating-Verfahren bei Klein- und Kleinstkrediten
und für eine möglichst breite Anerkennung von KMU-typischen Sicherheiten ein. So seien von der Austria
Wirtschaftsservice Gesellschaft mbH (AWS) unter der Ägide des Ministeriums spezifische Unterstützungs-
und Abfederungsmaßnahmen geplant. Vor allem Garantien und Bürgschaften sollen in diesem Zusammenhang
Bonität verbessernd wirken. Auch bei der Beteiligungsfinanzierung seien noch Verbesserungen dringend erforderlich,
konstatierte Bartenstein. So sollte bei einem Investment einer Bank in einer Beteiligungsgesellschaft (Venture
Capital Fonds) berücksichtigt werden, dass durch die Risikostreuung im Fonds das Risiko reduziert wird.
Erforderlich sei außerdem noch umfangreiche Informationsarbeit und eine Vertiefung der Bank-Unternehmen-Beziehungen.
"Wir haben schon viel erreicht und sind auch zuversichtlich, dass unsere weiteren Anliegen realisiert werden.
'Basel II' sollte dann nicht als Argument gelten können, Kreditansuchen von KMU abzulehnen", betonte
der Minister.
Karas: Europäisches Parlament treibende Kraft für die "Basel II"-Diskussion
Für den Europaparlamentarier Mag. Othmar Karas ist die "Basel II"-Diskussion ein Musterbeispiel
für erfolgreiche Arbeit des Europäischen Parlaments, das sich hier schon lange vor dem Richtlinien-Entwurf
in die Debatte eingeschaltet und die Interessen der KMU in die Diskussion eingebracht habe. "Basel II"
gebe zwar den Namen vor, obwohl sechs von den alten und alle zehn neuen EU-Mitgliedsländer gar nicht im Basel-Ausschuss
vertreten seien. In Wahrheit gehe es aber um eine EU-Richtlinie, deren Erarbeitung jetzt in die entscheidende Phase
komme.
Rübig: Österreichische Interessen auf europäischer Ebene verwirklicht
Auch für den EU-Abgeordneten Dr. Paul Rübig ist die "Basel II"-Diskussion beispielhaft,
wie durch koordiniertes Vorgehen auf unterschiedlichen Ebenen österreichische Interessenspolitik auf europäischer
Ebene in die Praxis umgesetzt werden kann. Hier gehe es um die Kreditwürdigkeit der KMU. Mit umfangreichem
Trainings- und Informationsmaterial und einem eigenen Internetportal werde man den noch bestehenden Wissensmangel
zu beseitigen trachten, versprach Rübig. |