Branchenumsatz sinkt 2003 um 6,4 Prozent - Fast 9 Prozent der Arbeitsplätze sind verschwunden
Wien (ba-ca) - Der konjunkturelle Abschwung in der österreichischen Textilerzeugung hat sich
2003 wieder verstärkt. Das positive Ergebnis aus 2002 konnte die Branche im Vorjahr aufgrund der fehlenden
Nachfrage aus dem In- und Ausland nicht halten. So ist der Branchenumsatz im Vorjahr um 6,4 Prozent auf 2,2 Milliarden
Euro gesunken, die Produktionsleistung reduzierte sich um 1,1 Prozent. Gleichzeitig sind beinahe 9 Prozent beziehungsweise
1.600 Arbeitsplätze in der Textilerzeugung verloren gegangen. Das zeigt der jüngste Branchenbericht der
Bank Austria Creditanstalt (BA-CA) Konzernvolkswirtschaft.
Die heimische Textilerzeugung beschäftigt noch 16.000 Arbeitnehmer, 1996 waren es knapp 22.000. Mit der zunehmenden
Liberalisierung des internationalen Textilhandels mussten die Unternehmen ihren Abnehmern ins Ausland folgen, die
90er-Jahre standen im Zeichen der Verlagerung der Produktionen nach Osteuropa. Schließlich wurde ein erheblicher
Teil des heimischen Bekleidungsgewerbes und damit die Inlandsnachfrage der Textilerzeugung vom Markt verdrängt.
Laut BA-CA Volkswirt Günter Wolf kann die Textilerzeugung ihre Wettbewerbsfähigkeit ebenfalls nur erhalten,
wenn sie sich auf qualitative hochwertige Produkte spezialisiert und alle arbeitsintensiven, technisch einfachen
Prozesse in Niedrigkostenländer verlagert. Obwohl sich die Strukturbereinigung in der Textilerzeugung zuletzt
verlangsamt hat, ist keine Trendwende in Sicht. Allein im ersten Quartal 2004 ist die Beschäftigung um 4,3
Prozent geschrumpft.
Umsatzzuwächse kann die Textilerzeugung realistischerweise erst 2005 erwarten, wenn die Konjunktur in Westeuropa
an Tempo zulegt. Mittelfristig bleibt der Textilerzeugung aber nur wenig Wachstumspotenzial, in vielen Bereichen
wird sie weiter schrumpfen. Dabei sind die Perspektiven traditioneller Sparten wie Haushaltstextilien generell
schlechter als für die Hersteller hochwertiger, technischer Textilien. Zudem muss die Branche mit einer Verschärfung
des Konkurrenzdrucks auf den internationalen Textilmärkten rechnen. Wenn Anfang 2005 alle noch bestehenden
mengenmäßigen Beschränkungen im Textilhandel aufgehoben werden, ist das der seit Jahren wichtigste
Termin für die textile Welt. Mit dem Abschied vom Quotenregime muss die Branche auch in industrialisierten
Ländern mit einem massiven Anstieg des Importdrucks rechnen - insbesondere aus China. Österreichs Textilerzeugung
wird sich nicht entziehen können. Schon 2003 sind mehr als 4 Prozent der Textilimporte Österreichs aus
China gekommen, in Summe 122 Millionen Euro ohne Bekleidung.
Der Strukturwandel der 90er-Jahre förderte die Produktivität heimischer Textilerzeuger. Mit rund 46.000
Euro liegt heute die Wertschöpfung pro Beschäftigten in Österreich um 40 Prozent über dem EU-Durchschnitt.
"Die Produktivitätsgewinne waren allerdings unter den Sparten ungleich verteilt, nur wenige Bereiche
sind wettbewerbsfähiger geworden", beschreibt Wolf ein Hauptproblem der Branche. Die Handelsbilanz belegt,
dass insbesondere Garnerzeuger sowie Unternehmen im Bereich Gewirke, Spitzen und Spezialgarne ihre internationale
Position verbessern konnten. Die Bilanz blieb sogar in den letzten zwei Jahren, trotz kräftiger Exporteinbußen,
positiv. In der Warengruppe Gewirke, Spitzen und Spezialgarne konnte weiterhin ein bemerkenswert hoher Überschuss
von 281 Millionen Euro verbucht werden. Hingegen verlieren die Hersteller von Haushaltstextilien und Strickwaren
längerfristig die Preiskonkurrenz und damit Marktanteile.
"Die Ertragssituation der Textilindustrie ist wenig zufriedenstellend, die Cash Flow-Quote der österreichischen
Produzenten liegt unter den internationalen Vergleichswerten", sagt Branchenanalyst Wolf. Im Durchschnitt
der Jahre 1991 bis 2001 lag die Cash Flow-Quote der Branche bei rund 6 Prozent bzw. um mehr als einen Prozentpunkt
unter dem Branchenschnitt in der EU-9. Dank Produktivitätsgewinnen hat sich aber diese Maßzahl sukzessive
verbessert. Eine Delle in der Ertragsentwicklung 2001/02 konnte im Vorjahr trotz Preis- und Umsatzeinbußen
ausgeglichen werden. Die Cash Flow-Quote erreichte 8,4 Prozent. Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Umwälzungen
im internationalen Textilhandel bleibt die wirtschaftliche Situation der Branche prekär. |